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Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tullio Avoledo
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ist die Rialtobrücke.
    Vor Staunen klappt mir der Mund auf. Ich sehe mich um, ich drehe mich um die eigene Achse, und dabei erfasst mich ein Gefühl des Schwindels.
    Die von der Menschenmenge stammenden Geräusche werden leiser und verschwinden dann ganz.
    Die Brücke ist tatsächlich über uns.
    Wir stehen in einer Art Schlucht, und ihre Wände sind ein Wald aus toten Bäumen. Auf den Stämmen dieser toten Bäume stehen Gebäude wie aus einem Märchen, mit Fassaden aus Marmor und Granit.
    Venedig.
    Der Canal Grande ist vollkommen trocken.
    Ich drehe mich langsam und beobachte die vielen Menschen am Geländer der Brücke und am Rand des Kanals. Hunderte von Personen in langen schwarzen Mänteln, Dreispitze auf den Köpfen und die Gesichter hinter weißen Masken verborgen. Still ist die Menge, still und unbewegt. Nur der Wind flüstert und zupft an den Mänteln.
    Die Beine geben unter mir nach.
    Ich falle wie aus großer Höhe.
    Ich strecke die Arme aus, um den Sturz abzufangen, doch es nützt nichts.
    Mit dem Rücken pralle ich auf getrockneten Schlamm.
    Wie in Zeitlupe steigt der Schnee über mir auf und sinkt dann wieder.
    Ich sehe noch, wie Alessia den Kopf hebt, den Mund zu einem lautlosen Hilferuf geöffnet. Dann schließen sich meine Augen.

33
    VENEDIG
    Ich erwache mit dem Gefühl von etwas Weichem und Feuchtem an der Stirn. Als ich die Augen öffne, erblicke ich Alessia neben mir, mit einem Schwamm in der Hand.
    Sie trägt nicht mehr den Kapuzenmantel und hat das kastanienbraune Haar zusammengebunden.
    Die Sorge verschwindet aus ihren Augen, als sie sieht, dass ich wach bin.
    »Willkommen zurück.«
    »Willkommen zurück? Bin ich fort gewesen?«
    »Das weißt nur du.«
    »Seltsam …«
    »Was ist seltsam?«
    »Ich habe immer wieder von dir geträumt, aber jetzt, da du bei mir bist, träume ich nicht mehr von dir.«
    »Man erinnert sich nicht immer an seine Träume.«
    »Stimmt. Doch einen Traum mit dir würde ich bestimmt nicht vergessen.«
    »Sind alle Priester so galant?«
    Ich erröte – meine Wangen werden plötzlich ganz warm. Und dann fühle ich noch etwas anderes: Es geht mir wesentlich besser. Ich hebe die Hand zum Gesicht und berühre glatte Haut.
    »Möchtest du einen Spiegel?«
    »Ja.«
    Alessia hält einen runden Spiegel für mich. Am Rand hat er Rost angesetzt.
    Was er mir zeigt, erstaunt mich sehr.
    »Was ist mit mir passiert?«
    Alessia lässt den Spiegel sinken und verstaut ihn irgendwo.
    »Nichts. Es geht dir gut. Alles ist normal.«
    »Von wegen normal. Es ging mir sehr schlecht, als du mich gefunden hast. Die Strahlung, die Erschöpfung. Und jetzt … Man könnte meinen, es wäre überhaupt nichts geschehen. Mir geht es besser als vor dem Verlassen des Neuen Vatikans. Und du nennst das alles ›normal‹?«
    »Möchtest du dich lieber wie vorher fühlen?«
    »Natürlich nicht. Ich meine nur … Es ist nicht normal.«
    »Nicht meine Worte sind wichtig, sondern das, was ist .«
    Ich sehe sie an, ohne richtig zu verstehen, was sie sagt. Dann stelle ich die Frage, um die es mir vor allem geht.
    »Bist du es gewesen?«
    »Ob ich was gewesen bin?«, fragt sie, und ihre Verwirrung erscheint mir echt.
    »Hast du mich geheilt?«
    »Nein. Das bin ich nicht gewesen.«
    »Wer oder was steckt dann dahinter?«
    Alessia zuckt die Schultern, und in diesem Moment erscheint sie mir wie ein Kind. Ihre Gleichgültigkeit Wundern gegenüber ist offenbar nicht gespielt – sie hält alles für »normal«.
    »Ich habe lange auf dich gewartet«, flüstert sie.
    »Du hast auf mich gewartet? Wie ist das möglich?«
    »Manchmal träumen wir, und manchmal werden wir geträumt.«
    »Wie lange habe ich geschlafen?«
    »Zwei Tage«, antwortet Alessia, und es klingt keineswegs überrascht. Auch das scheint für sie normal zu sein. »Steh jetzt auf. Ich muss dir etwas zeigen.«
    Das Zimmer, in dem ich ausgeruht habe – wenn Ausruhen das richtige Wort ist –, hat eine seltsam runde Form. Es ist klein und hoch, wie ein Schornstein. In der aus Backsteinen bestehenden Wand gibt es Ablagen, und auf einer davon brennen drei breite, niedrige Kerzen.
    Ich stehe auf und rechne mit Schwindel oder Übelkeit. Doch nichts dergleichen, ich fühle mich weiterhin gut.
    Dann merke ich, dass ich nackt bin.
    Ich erröte erneut, noch stärker als vorher.
    Alessia hebt die Hand zum Mund und versucht, ein Lächeln zu verbergen.
    Sie dreht den Kopf, wendet den Blick von mir ab, wirkt dabei fröhlich wie ein Kind.
    »Die Kleidung liegt

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