Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)
Vater. Zwei wundervolle Personen. Sehr großzügig. Sie haben alle aufgenommen, die bei ihnen Zuflucht suchten. Es ist ihr Verdienst, dass wir hier in Sicherheit und Wohlstand leben.«
Die Worte klingen seltsam, wie einstudiert und oft wiederholt.
»Unsere unterirdische Landwirtschaft produziert, was wir brauchen. Wir haben gut und ausreichend zu essen. Unser Krankenhaus steht allen zur Verfügung und kann es durchaus mit den Krankenhäusern vor dem Krieg aufnehmen.«
Adèle Lombard widersteht der Versuchung nicht. »Wie viele Herztransplantationen haben Sie in diesem Jahr durchgeführt?«, fragt sie ironisch.
»Wie bitte?«
»Wenn das Krankenhaus so gut ausgestattet ist wie vor dem FUBARD , ich meine, wie vor dem Tag des Weltuntergangs … Dann sollte man dort auch in der Lage sein, komplexe Operationen wie Organtransplantationen vorzunehmen, oder?«
Tucci sieht sie verdutzt ein. Für einige Sekunden scheint er nicht zu wissen, was er mit den Worten anfangen soll.
»Machen Sie sich nicht darüber lustig. Nein, Herztransplantationen werden bei uns nicht durchgeführt, aber in zehn Jahren könnten wir zu solchen Operationen imstande sein.«
»Soll das heißen, dass Sie ein Überleben des Menschen für möglich halten? Und dass es ihm gelingt, den Planeten wieder in Ordnung zu bringen?«
»Warum sollten wir sonst weiterleben? Ich habe drei Kinder und möchte nicht, dass sie sich auf Dauer tief im Boden verkriechen müssen, um zu überleben. Wir wollen die Erde zurück, die uns gehört, den Tag und das Licht der Sonne.«
»Und was ist mit all den monströsen Wesen, die sich dort draußen herumtreiben?«, fragt Jegor Bitka. »Wie wollt ihr euch mit ihnen einigen? Sie glauben, dass die Erde ihnen gehört.«
Tucci dreht sich abrupt zu ihm um.
»Seid ihr welchen begegnet? Hier in der Nähe?«
»Natürlich sind wir welchen begegnet«, antwortet Durand. »Aber nicht in der Nähe dieses Ortes.«
Tucci lächelt. »Natürlich nicht. Weil wir hier sicher sind. Hier kann uns niemand etwas anhaben. Kommt.«
Niemand von uns sagt etwas.
Dem Ausgang des Torrione schließt sich ein Bogengang an, von dem aus man früher einmal die beiden Türme des herzoglichen Palastes sehen konnte, wenn mich mein Orientierungssinn nicht trügt. Jetzt erheben sich Backsteinmauern in den Bögen, mit kleinen Öffnungen, die wie Schießscharten aussehen und hinter Metallklappen verborgen bleiben. Das scheint nicht so recht zu der angeblichen Sicherheit zu passen, die Tucci so gepriesen hat.
Urbino ist eine eingemauerte Stadt. Offene Bereiche gibt es nicht. Die Plätze liegen unter mehr oder weniger gut gebauten Dächern, die vor dem Licht des Tages schützen – der Ortskern scheint zu einem einzigen großen Gebäude geworden zu sein. Hier und dort gibt es Türen, aus Metall und gesichert mit Stangen und Ketten. Gelangweilt wirkende Wächter stehen dort; sie sehen nicht aus, als rechneten sie mit irgendwelchen Gefahren.
Wir gehen über Straßen, die zu Fluren und Korridoren geworden sind.
»In Perugia sieht es ähnlich aus«, murmelt Durand.
»Wie bitte?«
»Im umbrischen Perugia gibt es eine Gemeinschaft von Überlebenden. Sie haben sich in unterirdische Grotten zurückgezogen und leben dort, wo sich die Stadt im Mittelalter erstreckte. Sie wohnen in den Häusern und Kellern, die später zu Fundamenten für die neueren Gebäude wurden. Hier scheint es ähnlich zu sein.«
Nicht zum ersten Mal nennt Durand Orte, die nicht auf der offiziellen Siedlungskarte erscheinen, die ich einmal auf Maxims Tisch gesehen habe. Es sind Orte, von denen die Kirche nichts weiß, die Durand aber gut zu kennen scheint. Ein weiteres Rätsel, wie das des Siegels des Fischers.
Doch dies ist nicht der geeignete Zeitpunkt, solchen Rätseln auf den Grund zu gehen.
Ich denke daran, dass mir mindestens einer der Männer, mit denen ich hierhergekommen bin, nach dem Leben getrachtet hat. Und ich finde es seltsam, dass er es bei dem einen Versuch bewenden ließ.
Ich lächele Adèle zu, die so locker und mühelos geht, als sei dies ein gemütlicher Spaziergang. Mir hingegen tut von der langen Fahrt im Wagen der Rücken weh. Wie undankbar du bist, flüstert eine Stimme in mir. Wie undankbar …
Wer kann heutzutage noch mit einem Auto reisen? Für die nach dem Tag des Leids geborenen Kinder und Jugendlichen sind Autos wie magische Geschöpfe, vergleichbar mit Drachen und Trollen.
Wir folgen dem Verlauf einer nach oben führenden Straße, rechts und links von
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