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Die Zaehmung

Titel: Die Zaehmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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mache ich jeden Tag«, rief er ihr nach. »Und ich bin kein . . .«
    Sie hörte ihn nicht mehr, weil sie schon im Wald untergetaucht war, ihr Kleid und ihren Haarputz aus dem Versteck holte und dann weitereilte zu der Stelle, wo ihr Pferd angebunden war. Das Tier wartete geduldig, bis sie sich das wollene Kleid vom Leib gerissen hatte, es auf den Boden warf und darauf herumstampfte.
    »Widerlich!« sagte sie dabei. »So ein schmutziges, gemeines Volk«, murmelte sie. Und sie hatte geglaubt, die Bauern führten ein romantisches Leben. Sie waren so frei! »Sie haben niemanden, der sie beschützt«, sagte sie zu ihrem Pferd. »Wäre mein Leibwächter hier gewesen, hätte er dieses Schwein mit seinem Schwert durchbohrt. Hätte Lord Stephen mich zum See begleitet, hätte er diesen Kerl auf der Erde kriechen lassen. Ich hätte lachend zugesehen, wie dieser rothaarige Teufel Lord Stephens Schuh küßte. Was soll ich nun mit ihm anstellen, Belle?« fragte sie ihr Pferd. »Ihn auf das Rad flechten und vierteilen lassen? Ihm die Eingeweide herausreißen lassen? Ihn auf dem Scheiterhaufen verbrennen lassen? Ja, das gefiele mir am besten. Ich werde ihn brennen lassen. Das wäre ein vergnüglicher Zeitvertreib beim Dinner.«
    Nachdem Liana sich wieder mit ihren Sachen bekleidet hatte, bestieg sie ihr Pferd und warf einen haßerfüllten Blick in die Richtung, wo der See lag. Sie versuchte sich den gewaltsamen Tod des Mannes auszumalen; aber dann fiel ihr wieder sein Kuß ein. Sie schüttelte den Kopf, als könnte sie so den Gedanken daran verscheuchen. Wieder suchte sie das Bild eines brennenden Scheiterhaufens vor ihrem inneren Auge heraufzubeschwören; aber sie kam nicht weiter als bis zu dem Moment, wo die Schergen ihres Vaters seinen prächtigen Körper an den Pfahl banden.
    »Zum Henker mit ihm!« fluchte sie und trieb ihr Pferd mit einem Hieb ihrer Fersen an.
    Sie war noch nicht weit geritten, als ihr fünfzig Ritter ihres Vaters entgegenkamen — in voller Rüstung, als wäre ein Krieg ausgebrochen. Jetzt sind sie erst auf den Gedanken gekommen, in der Nähe des Sees nach mir zu suchen, dachte sie bei sich. Warum waren sie nicht schon dort erschienen, als der Kerl mich ins Wasser schubste oder mich zwang, seine Kleider zu waschen? Oder ... als er mich küßte?
    »Mylady«, rief der Anführer der bewaffneten Schar. »Wir haben überall nach Euch gesucht! Hat man Euch etwas zuleide getan?«
    »In der Tat«, erwiderte sie wütend. »Im Wald auf der Ostseite des kleinen Sees befindet sich . . .« Sie stockte. Sie wußte nicht, warum, aber plötzlich erschien es ihr unfair, fünfzig gepanzerte Ritter auf einen unbewaffneten Bauern zu hetzen.
    »Befindet sich was, Mylady? Wir werden es töten!«
    ». . . befindet sich ein Schwarm der schönsten Schmetterlinge, die ich jemals gesehen habe«, sagte sie, dem Anführer der Ritter ihr strahlendstes Lächeln schenkend. »Ich habe darüber jedes Zeitgefühl verloren. Ich bedauere sehr, wenn sich jemand meinetwegen Sorgen gemacht hat. Wollen wir jetzt wieder zur Burg zurückreiten?« Sie setzte sich an die Spitze des Zuges und wunderte sich sehr über ihr Verhalten. Es würde natürlich besser sein, zu warten und ihrem Vater zu erzählen, was geschehen war und wie dieser gräßliche Mann sie behandelt hatte. Ja, das war es. Sie hatte nur vernünftig gehandelt. Ihr Vater würde wissen, wie mit diesem Burschen verfahren werden mußte. Vielleicht ließ er ihn in ein Faß mit spitzen Nägeln einsperren und dieses dann den Burghügel hinunterrollen. Ja, das schien eine gute Idee zu sein.

Kapitel drei
    Rogan blickte dem Mädchen nach und bedauerte, daß er nicht mehr Zeit für sie gehabt hatte. Zu gern hätte er ihre blasse Haut berührt — und diese Haare! Sie waren von der gleichen Farbe wie die Mähne eines Pferdes, das er einmal als Junge besessen hatte.
    Ein Pferd, das in einem Gefecht mit den Howards getötet worden war, erinnerte er sich voller Bitterkeit und zog heftig an seinem Strumpf mit dem angestrickten Fuß.
    Sein großer Zeh verhedderte sich in einem Loch knapp unter seinem Knie. Ohne sich etwas dabei zu denken, schob er den Zeh zurück und zog das Beinkleid bis zu den Hüften hinauf. Diesmal blieb der kleine Zeh hängen und lugte aus den Maschen. Er sah sich nun seine Kleider etwas genauer an, zog die Hose aus und hielt sie in die Höhe. Durch Hunderte von kleinen Löchern konnte er die Sonne sehen. Die Strümpfe hielt wohl die Macht der Gewohnheit zusammen; aber in ein paar

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