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Die Zaehmung

Titel: Die Zaehmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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war es.
    Der Mann, den sie gestern am kleinen See kennengelernt und der sie geküßt hatte, saß zur Rechten ihres Vaters, und zwischen ihnen thronte ein mächtiger Falke auf einer Stange. Das Sonnenlicht, das durch eines der Fen-ster strömte, schien das Rot in seinen Haaren in ein Feuer zu verwandeln.
    Liana lehnte sich mit pochendem Herzen an die Wand. Er war kein Bauer. Er hatte gesagt, daß er einem Mädchen den Hof machen müsse, und damit hatte er sie selbst gemeint. Er war hierhergekommen, um sie zu heiraten.
    »Mylady, ist Euch nicht wohl?«
    Liana winkte den Harfenspieler zur Seite und blickte wieder hinunter auf die Männer, ob sie sich nicht vielleicht getäuscht hatte. Da saßen zwei Männer mit ihrem Vater zusammen; aber ihren Augen kam es so vor, als wäre da nur einer. Er schien die Halle zu beherrschen mit seiner breitspurigen Art, wie er dort unten am Tisch saß, und der Eindringlichkeit, mit der er redete und zuhörte. Ihr Vater lachte, und der blonde Mann zu seiner Linken lachte; aber ihr Mann tat das nicht.
    Ihr Mann? Ihre Augen weiteten sich bei diesem Gedanken.
    »Wie lautet sein Name?« flüsterte sie dem Harfinisten zu.
    »Wen meint ihr, Mylady?«
    »Den dunkelhaarigen Mann«, gab sie ungeduldig zur Antwort. »Der dort — dort unten.«
    »Lord Rogan«, erwiderte der Musikant. »Und sein Bruder ist . . .«
    »Rogan«, murmelte sie, sich nicht um den blonden Mann scherend. »Rogan. Das paßt zu ihm.« Ihr Kopf ruckte hoch. »Helen«, sagte sie, warf die Tür auf und begann wieder zu laufen. Hinunter in die Küche, an dem Platz mit den kämpfenden Hunden vorbei, wo Männer gerade ihre Wetten abgaben, über den gepflasterten Hof zum Südturm, dann die Stufen hinauf, wobei sie beinahe zwei mit Wäsche beladene Mägde umgerissen hätte, und in den Söller hinein. Helen saß vor einem Stickrahmen
    und sah nur kurz flüchtig auf, als Liana in den Raum
    stürmte.
    »Erzähle mir von ihm«, verlangte Liana, vor Anstrengung keuchend.
    Helen war ihrer Stieftochter noch gram, der Vorwürfe wegen, die diese gegen sie erhoben hatte. »Ich weiß nichts von irgendwelchen Männern. Ich bin lediglich eine Dienerin in meinem eigenen Haus.«
    Liana nahm sich einen Hocker, der an einer Wand stand, und setzte sich vor Helen nieder. »Erzähle mir alles, was du über diesen Rogan weißt. Ist das der Mann, der nach mir fragte? Rötliches Haar? Groß und dunkel? Grüne Augen?«
    Jede Tätigkeit im Söller kam zum Erliegen. Lady Liana hatte bisher nicht das geringste Interesse für einen Mann gezeigt.
    Helen blickte ihre Stieftochter besorgt an. »Ja, er ist ein schöner Mann; aber kannst du nicht mehr sehen als seine Schönheit?«
    »Ja, ja, ich weiß. Seine Kleider sind voller Läuse. Oder sie waren es wenigstens, bis ich . . . Sag mir, was dir über diesem Mann bekannt ist«, forderte Liana.
    Helen war das Verhalten der jungen Frau unbegreiflich. Sie hatte sie noch nie so lebendig, so schön, so aufgeregt erlebt. Ein banges Gefühl beschlich sie. Die so vernünftige, nüchtern denkende und erwachsene Liana konnte doch unmöglich auf die schöne Erscheinung eines Mannes hereinfallen! In den letzten Monaten waren Hunderte von hübschen Männern in der Burg gewesen, und nicht einer von ihnen . . .
    »Erzähle!«
    Helen seufzte. »Ich weiß nicht viel über die beiden Männer. Ihre Familie ist alt. Angeblich sollen ihre Vorfahren schon an König Arthurs Seite gekämpft haben;
    aber vor einigen Generationen übereignete der älteste Peregrine das Herzogtum, den Familiensitz und das Vermögen der Familie seiner zweiten Frau. Er ließ die Kinder aus erster Ehe für illegitim erklären. Nach seinem Tod heiratete seine Witwe einen Vetter von ihr, und der Sohn des Peregrine wurde zu einem Howard. Nun besitzen die Howards den Titel und die Ländereien, die einstmals den Peregrines gehörten. Das ist alles, was ich weiß. Der König hat alle Peregrines zu Bastarden erklären lassen, und so blieben ihnen nur zwei alte baufällige Burgen, eine unbedeutende Grafschaft und sonst nichts.«
    Helen beugte sich zu Liana vor. »Ich habe gesehen, wo sie hausen. Es ist schrecklich. Das Dach ist an einigen Stellen eingebrochen. Alles ist unbeschreiblich schmutzig, und diese Peregrines stören sich weder an Läusen, Schmutz noch an Fleisch, in dem es vor Maden wimmelt. Sie kennen nur ein Ziel im Leben, und das ist die Rache an den Howards. Dieser Rogan will gar keine Frau haben. Er möchte nur das Geld der Nevilles, damit er seinen Krieg

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