Die Zaehmung
gegen die Howards weiterführen kann.«
Helen holte tief Luft. »Die Peregrines sind schreckliche Männer. Sie denken nur an Kampf und Tod. Als ich noch klein war, hatten die Peregrines sechs Söhne. Doch vier von ihnen sind inzwischen im Kampf gefallen. Vielleicht leben nur noch die beiden Peregrines, die hier in der Burg sind; oder sie haben inzwischen neue Söhne gezeugt wie Kaninchen.«
Einem Impuls folgend, nahm Helen Lianas Hand. »Ich bitte dich, nicht diesen Mann als Gatten in Betracht zu ziehen. Er würde dich lebendig zum Frühstück verspeisen.«
Liana schwindelte der Kopf. »Ich bin aus stärkerem Stoff gemacht, als du glaubst«, flüsterte sie.
»Nein«, protestierte Helen, Lianas Hand freigebend.
»Du kannst unmöglich daran denken, dich mit diesem Mann zu vermählen.«
Liana blickte von ihrer Stiefmutter fort. Vielleicht hatte Helen noch einen anderen Grund für ihren Wunsch, sie von diesem Rogan fernzuhalten. Vielleicht wollte sie ihn für sich selbst haben. Vielleicht waren die beiden ein Liebespaar gewesen, als sie noch in Rogans Nähe wohnte und ihr erster Mann noch lebte.
Liana wollte diesen Verdacht gerade laut aussprechen, als Joice in den Raum kam.
»Mylady«, sagte sie zu Liana. »Sir Robert Butler ist gerade eingetroffen. Er bittet Euch um Eure Hand.«
»Nimm ihn«, sagte Helen sofort. »Nimm ihn. Ich kenne seinen Vater. Eine ausgezeichnete Familie.«
Liana blickte zwischen Joice und Helen hin und her und wußte, daß die Grenze des Zumutbaren für sie erreicht war.
Sie drängte sich an den beiden Frauen vorbei und eilte die Treppe hinunter. Helen und Joice folgten ihr so rasch sie konnten.
Im Burghof waren elf Männer versammelt, alle prächtig gekleidet, die samtenen Umhänge mit Gold verziert, die Kappen nach der neuesten Mode geschnitten. Die Juwelen an ihren Fingern blitzten in der Sonne.
Liana versuchte an ihnen vorbeizukommen, um die Ställe im Außenhof zu erreichen. Ein tüchtiger Ritt würde dafür sorgen, daß sie wieder einen klaren Kopf bekam. Doch Helen faßte sie am Ellenbogen und hielt sie auf.
»Sir Robert?« sagte Helen.
Widerwillig machte Liana kehrt, um den Mann zu betrachten. Er war jung und hübsch, mit dunkelbraunen Haaren und Augen. Er war wunderschön gekleidet und lächelte sie süß an.
Sie fand ihn sofort unsympathisch.
»Das ist meine Stieftochter, Lady Liana«, sagte Helen. »Wie geht es Eurem Vater?«
Liana stand steif da, hörte den beiden zu, wie sie Artigkeiten austauschten, und hatte nur den verzweifelten Wunsch, allein zu sein, irgendwo hinzugehen und nachzudenken. Denn nun mußte sie die Entscheidung ihres Lebens treffen. Sollte sie einen Mann heiraten, der sie zwang, seine Kleider zu waschen, und sich über sie lustig machte?
»Ich bin sicher, Liana würde euch liebend gern als Gesellschafter haben. Nicht wahr, Liana?« sagte Helen.
»Wie bitte?«
»Sir Robert hat sich bereit erklärt, dich auf deinem Ritt zu begleiten. Er wird dich genauso vor allen Gefahren beschützen, wie das dein Vater tun würde, nicht wahr, Sir Robert?«
Liana haßte die Art, wie sie diesem Mann zulächelte. Schlief sie tatsächlich noch mit anderen Männern außer ihrem Vater? »Und wer wird mich vor ihm beschützen?« sagte Liana mit süßer Stimme, während sie Helen ansah. »Aber da ich ja keinen Schmuck trage, habe ich möglicherweise nichts zu befürchten.«
Helen warf Liana einen vernichtenden Blick zu. »Meine Stieftochter beliebt zu scherzen.« Sie funkelte Liana an. »Aber ich hoffe, sie treibt ihre Scherze nicht zu weit.« Sie schob Liana vor die Männer hin. »Geh mit ihm«, zischelte sie in Lianas Ohr.
Widerstrebend begab sich Liana nun in den äußeren Burghof, wo die Pferde untergebracht waren.
»Ich hatte gehofft, der Ländereien Eures Vaters wegen Eure Hand zu gewinnen«, sagte Sir Robert im gefälligen Ton, »doch nun, wo ich Euch gesehen habe, weiß ich, daß Ihr selbst ein lohnender Preis seid.«
»«So?« Sie blieb stehen und drehte sich zu ihm um.
»Sind meine Augen mit Smaragden oder mit Saphiren vergleichbar?«
Er blickte sie erstaunt an. »Mit Saphiren, würde ich meinen.«
»Ist meine Haut wie Elfenbein oder wie feinste Seide?«
Er lächelte ein wenig. »Ich würde sagen, sie ist mit den Blütenblättern der weißesten Rose vergleichbar.«
Ihre Augen wurden hart. »Und meine Haare?«
Sein Lächeln wurde breiter. »Eure Haare sind versteckt.«
Sie riß sich ihren Haarputz vom Kopf. »Gold?« fragte sie wütend.
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