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Die Zaehmung

Titel: Die Zaehmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Matratze einen kleinen Hügel bildeten.
    »Läuse«, sagte da Liana nur und ging weiter.
    Sie betrat den Söller, ein großer, luftiger Raum mit vielen Fenstern. An der Südseite befand sich eine hölzerne Treppe, die in das dritte Stockwerk hinaufführte. Ein Rascheln über Lianas Kopf ließ sie hochblicken. Auf den beschnitzten Konsolen, die als Balkenlager dienten, waren Sitzstangen befestigt, auf denen alle Arten von Greifvögeln saßen, die mit Riemen und Hauben versehen waren. Da sah sie Peregrines, Turmfalken, Zwergfalken, Hühnerhabichte und Sperber. Die Wände waren bedeckt mit dem Kot der Vögel, der auf dem Boden kleine harte Hügel gebildet hatte.
    Liana hob ihre Röcke noch mehr an und ging über den schmutzigen Boden zur Ostseite des Söllers. Hier befanden sich drei Gewölbe, und das mittlere davon war breit genug für ein kleines Zimmer, zu dem zwei hölzerne Türen gehörten, von dem die eine noch schief an einer Angel hing, die andere gänzlich fehlte. In die steinerne Wand war eine Piscina eingelassen — das Spülbecken, das der Priester nach der Messe zur Waschung benützte.
    »Das ist ein Sakrileg«, flüsterte Joice; denn dieses Gewölbe war eine Privatkapelle — eine heilige Stätte, wo die Messe für die Familie gelesen wurde.
    »Ja, aber von hier aus haben wir einen herrlichen Ausblick auf den Burggraben«, sagte Liana, die aus dem Fenster blickte und versuchte, das niederschmetternde Ergebnis ihres Rundgangs mit etwas Humor zu würzen. Doch Joice lachte nicht, lächelte nicht einmal.
    »Was sollen wir tun, Mylady?«
    »Meinem Gatten ein behagliches Heim schaffen«, sagte Liana entschlossen. »Zuerst einmal werden wir zwei Schlafzimmer für heute abend vorbereiten, eines für meinen Mann und mich« — sie konnte nicht verhindern, daß sie bei diesen Worten errötete — »und eines für dich und meine Mägde. Morgen werden wir uns dann die übrigen Räume vornehmen. Und hör jetzt auf damit, dazustehen und mich anzustarren. Geh und hole mir diese beiden Frauen, die ich unten im Burghof gesehen habe. Ein bißchen Arbeit wird ihnen sicherlich guttun und ihnen etwas von ihrer Unverschämtheit nehmen.«
    Joice fürchtete sich, allein durch die Burg zu gehen; aber die Unerschrockenheit ihrer Herrin machte ihr Mut. Sie hatte Angst, was da alles in den dunklen Ecken und Winkeln der Burg lauern konnte. Wie lange würde es wohl dauern, bis man ihre Gebeine unter den anderen Knochen fand, wenn sie überfallen wurde?
    Liana betrat nun die anderen beiden Gewölbe, die sich links und rechts an die Kapelle anschlossen. Hier war der Boden nicht gar so schmutzig vom Kot der Vögel, und sie konnte unter der Schmutzschicht auf den Wänden Malereien erkennen. Sobald diese Räume gereinigt waren, würde sie die Fresken auffrischen lassen, und dort drüben an der Westseite konnte einer ihrer Wandteppiche Platz finden. Einen Moment lang vermochte sie sich sogar den Gestank aus dem Burggraben wegdenken, das unheimliche Geraschel der Raubvogelschwingen und die Geräusche der Wesen, die unter den Abfällen auf dem Boden umherhuschten.
    »Sie wollen nicht kommen, Mylady«, verkündete Joice atemlos unter der Tür.
    Liana kehrte in die Gegenwart zurück. »Wer will nicht hierherkommen? Mein Gatte?«
    »Die Mägde!« gab Joice entrüstet zurück. »Lord Rogans Mägde weigern sich, Eurer Aufforderung nachzukommen. Als ich ihnen sagte, daß sie die Zimmer saubermachen sollen, lachten sie mich aus.«
    »Tatsächlich?« gab Liana zurück. »Wir wollen doch mal sehen, was sie zu mir sagen!« Sie war bereit zu einem tüchtigen Streit. Sie war so gehorsam gewesen und hatte so viel Ärger in den letzten paar Tagen hinuntergeschluckt, daß sie ihn wieder auswürgen mußte, ehe sie daran erstickte, und übermütige Mägde, die mit dem Finger auf sie zeigten und sie auslachten, waren ein ideales Mittel dafür.
    Liana stürmte die steile Treppe hinunter, durch die Schlafkammer des Burgherrn, die Außentreppe hinab und in den lärmenden, schmutzigen Burghof hinaus. Die beiden Mägde lungerten an der Nähe des Ziehbrunnens herum, ließen sich von drei jungen Knappen Eimer voller Wasser hochziehen und streiften mit ihren prallen Brüsten dabei deren Arme.
    »Du!« sagte Liana zu der ersten Magd. »Komm mit mir!«
    Liana schwenkte auf den Fersen herum und bewegte sich wieder auf die Burgtreppe zu, merkte jedoch, daß keiner der beiden Mägde ihr folgte. Sie blickte über die Schulter zurück und sah, daß die Mägde nur lächelten,

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