Die Zaehmung
versuchen. Dann rannten sie von der Bühne.
Die Feuerlady blickte auf Lord Bussard hinunter und zog nun ein gewaltiges Halsband aus ihrer Tasche, wie man es tückischen Hunden umzulegen pflegte. Sie band es Lord Bussard um den Hals, nahm eine daran befestigte Leine und führte ihn daran von der Bühne herunter.
Das Publikum johlte, jubelte, sprang auf die Bänke und tanzte darauf; während auf der Bühne alle toten Personen wieder lebendig wurden. Sechs von Rogans Söhnen kamen heraus und warfen mit Blumen bedeckte Netze über die kahlen Bäume, so daß es aussah, als erwachten die abgestorbenen Bäume ebenfalls wieder zum Leben. Die Leute auf der Bühne begannen zu singen, und alle Darsteller kamen wieder auf die Bretter, wobei die Feuerlady nun Lord Bussard auf allen vieren kriechend an der Leine führte. Er versuchte seinen Umhang zu öffnen, um seine Bestückung zu zeigen; aber die Feuerlady schlug ihm die Leine über den Kopf, und sofort verhielt er sich wieder still.
Endlich wurden die Vorhänge zugezogen, und als das Publikum zu jubeln und zu lachen aufgehört hatte, begann es die Bänke zu räumen.
Rogan und Liana saßen still nebeneinander, rührten sich beide nicht von der Stelle, und ihre verschränkten Hände ruhten in Rogans Schoß.
»Ich glaube, die Bauern sind doch nicht so simpel, wie ich dachte«, gelang es Liana schließlich zu sagen.
Rogan drehte ihr den Kopf zu, um sie anzublicken, und seine Augen verrieten ihr, was für eine gewaltige Untertreibung ihre Worte darstellten.
Kapitel elf
Das Publikum schob sich aus den Bänken heraus, lachend und sich gegenseitig auf die Schultern schlagend, wobei einer den anderen an Szenen des Stückes erinnerte: »Hast du gesehen, wie . . .?« — »Mir gefiel der Teil besonders, wo . . .«
Liana und Rogan blieben sitzen, wo sie waren, die Hände ineinander verschränkt, bis der letzte Zuschauer seinen Platz geräumt hatte.
Als die Wirkung des Schocks allmählich nachließ, spürte Liana, wie die Wut in ihrem Körper hochstieg. In den letzten Wochen hatte sie für diese Leute den Zorn ihres Mannes herausgefordert. Sie hatte bis zur Erschöpfung gearbeitet, damit sie neue Kleider und zu essen bekamen, und diese entlohnten sie dafür mit dieser . . . dieser lächerlichen Farce.
Sie drückte Rogans Hand. »Wir kehren in die Burg zurück und holen deine Männer«, sagte sie mit vor Zorn heißen Schläfen. »Wir wollen doch mal sehen, ob diese Leute noch immer so undankbar sind, wenn deine Männer sich mit ihnen befaßt haben. Sie glauben, sie hätten den Zorn der Peregrines bereits erlebt. Aber sie irren sich gewaltig.«
Rogan sagte nichts; aber als sie ihn ansah, schien er eher nachdenklich als wütend zu sein.
»Also?« sagte sie. »Du wolltest nicht hierherkommen,
und du hattest recht. Wir werden in die Burg zurückkehren und . . .«
»Wer hat denn eigentlich den Lord Bussard gespielt?« fragte er, sie unterbrechend.
»Er scheint mir einer von deines Vaters Bastarden zu sein«, gab Liana barsch zur Antwort. »Soll ich nun allein zurückgehen?« Sie stand auf und wollte sich an ihm vorbeidrängen; aber er hielt immer noch ihre Hand fest, so daß ihr das nicht gelang.
»Ich habe Hunger«, sagte er. »Glaubst du, daß hier auch etwas zu essen verkauft wird?«
Liana sah ihn mit offenem Mund an. Vorhin noch hatte er sich geweigert, ein paar Pfennige für eine Mahlzeit zu opfern.
»Das Stück hat dich nicht zornig gemacht?«
Er zuckte mit den Achseln, als hätte das Stück ihn überhaupt nicht berührt; aber da war etwas in seinen Augen — etwas Tiefsitzendes, das Liana aufzuklären gedachte. »Ich habe niemals einen Menschen töten lassen, weil er meine Ratten verspeiste«, sagte er ein wenig beleidigt. »Sie können so viele Ratten haben, wie sie wollen.«
»Und wie steht es damit, daß sie deine Kuhfladen als Brennmaterial benützten?« fragte sie leise. Sie stand nun zwischen seinen kräftigen Beinen, und er hielt noch immer ihre Hand fest. Irgendwie war dieses Händehalten weitaus intimer als ihre wenigen Paarungen. Er sagte, daß Stück berühre ihn nicht; aber die Art, wie er sie nun festhielt, erzählte eine andere Geschichte.
»Ich habe niemals jemanden deswegen getötet», sagte er und blickte dabei zur Seite. »Aber die Kuhfladen düngen meine Felder.«
»Ich verstehe«, sagte Liana. »Du hast sie dafür auspeitschen lassen?«
Rogan gab ihr keine Antwort; aber seine dunkle Haut schien sich leicht zu röten. Sie empfand in diesem
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