Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Zaehmung

Titel: Die Zaehmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
Rogan durch die Zuschauermenge nach vorn gezogen wurde.
    Tatsächlich blickten die Leute Rogan neugierig an, besonders sein Haar, das sich im Nacken unter seiner wollenen Kapuze ringelte. Liana wurde ganz steif vor Angst. Wenn diese Leute, die doch so von Haß auf die Peregrines erfüllt waren, wie das Stück es vorhin bewies, herausfanden, daß ihr Herr allein und ohne Schutz unter ihnen weilte, würden sie ihn zweifellos umbringen.
    »Noch so einer von den Bastarden des alten Lords«, hörte sie einen Mann in ihrer Nähe flüstern. »Den habe ich bisher noch nie gesehen.«
    Sie entkrampfte sich wieder ein wenig und dankte zum erstenmal Gott für die Fruchtbarkeit der Peregrines. Im-

    mer noch Rogans Hand festhaltend, blickte sie dorthin, wohin er seine Augen richtete. Auf einem flachen grasbewachsenen Stück des Feldes inmitten eines großen Kreises waren zwei Männer, beide nackt von der Taille aufwärts, und kämpften mit langen Holzstangen, die sie mit beiden Händen hielten. Der eine Kämpfer, gedrungen, muskulös, mit kurzen Armen, schien ein Förster oder Holzfäller zu sein. Er sah sehr gewöhnlich aus.
    Lianas Blick ging zu dem anderen Kämpfer — wie die Blicke aller anderen Frauen in der Zuschauerschar außerhalb des Kreises.
    Das war der Mann, der vorhin Lord Bussard dargestellt hatte. Er hatte schon auf der Bühne gut ausgesehen; doch nun, halbnackt, mit vor Schweiß glänzender Haut, bot er einen prächtigen Anblick.
    Nicht ganz so prächtig wie Rogan, ermahnte sich Liana, während sie näher an ihren Mann heranrückte.
    Rogan verfolgte gespannt den Kampf, wollte erfahren, wie sein Halbbruder sich gegen seinen Gegner behauptete. Er kämpfte auf primitive Weise, war im Waffenhandwerk ungeübt; aber er war schnell und behende. Der kleine Holzfäller hatte ihm wenig entgegenzusetzen.
    Als seine Frau näher an ihn herantrat, wurde er dadurch vom Kampf abgelenkt. Er blickte auf sie hinunter. Sie beobachtete seinen Halbbruder mit geweiteten Augen. Offenbar interessierte sie sich für ihn. Rogan runzelte die Stirn. Es sah fast so aus, als fände sie diesen Peregrine-Bastard begehrenswert.
    Rogan war noch nie in seinem Leben eifersüchtig gewesen. Er hatte die Wochentage oder auch jede andere von seinen Frauen mit seinen Brüdern geteilt, auch mit seinen Männern. Solang die Frauen ihm keine Scherereien machten, war es ihm egal, was sie trieben. Doch in diesem Moment gefiel ihm die Art nicht, wie seine Frau auf seinen mageren, schwächlichen, tapsigen, total unbegabten, rothaarigen . . .
    »Glaubst du, du könntest ihn besiegen?« sagte ein zahnloser alter Mann, der neben Rogan stand.
    Rogan blickte den alten Mann sehr von oben herab an.
    Der alte Mann lachte keckernd, und sein schlimmer Atem erfüllte die Luft. »Diese Peregrines sind sich doch alle gleich«, sagte er laut. »Der alte Herr hat allen seinen Söhnen die gleiche Arroganz vererbt.«
    Rogans Halbbruder im Ring blickte zu dem alten Mann hin, dann auf Rogan, und er schien so überrascht, daß er vergaß, auf seinen Gegner zu achten. Der Holzfäller schlug mit seiner Stange den jungen Mann seitlich gegen den Kopf. Der taumelte ein paar Schritt nach hinten, griff sich mit der Hand an die Schläfe und betrachtete das Blut auf seinen Fingerspitzen. Mit einem entrüsteten Gesicht drehte er sich nun wieder dem Holzfäller zu und schickte ihn mit drei harten Schlägen zu Boden.
    Und im nächsten Moment befand er sich am Rand des Kampfplatzes und baute sich vor Rogan auf.
    Liana sah, daß die beiden Männer ungefähr im gleichen Alter waren; doch Rogan wirkte etwas schwerer und war ihrer Meinung nach weitaus hübscher. Neben ihr seufzte eine junge Frau vor Verlangen. Liana nahm Rogans Hand ganz fest in die ihre und klebte nun förmlich an seiner Seite.
    »Also habe ich noch einen Bruder«, sagte der junge Mann zu Rogan.
    Seine Augen hatten denselben scharfen Blick, der auch Rogan eigen war, und etwas in diesen Augen gab Liana die Gewißheit, daß dieser Mann sehr genau wußte, vor wem er da stand. »Nicht doch . . .« begann Liana; doch der Mann fiel ihr ins Wort.
    »Sollen wir nun vor diesen Leuten miteinander kämpfen oder nicht?« forderte der Mann Rogan mit lauter Stimme heraus. »Oder wirst du etwa von einer Frau regiert?« Er senkte die Stimme. »Wie Lord Rogan?«
    Liana spürte, wie ihr das Herz wieder in die Kniekehlen rutschte; denn sie wußte genau, daß Rogan so eine Herausforderung unbedingt annehmen mußte. Sie hatten sich beide bisher

Weitere Kostenlose Bücher