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Die Zaehmung

Titel: Die Zaehmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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höflich über die letzte Szene des Stückes ausgeschwiegen, in der die Feuerlady Lord Bussard ein Hundehalsband umgelegt hatte; aber sie wußte sehr genau, daß Rogan dieses Bild vor Augen stand. Er würde sich diese Beleidigung nicht zweimal gefallen lassen.
    Rogan ließ Lianas Hand sofort los und trat aus dem Kreis der Zuschauer heraus. Liana wußte, daß sie Rogan nicht warnen durfte, weil jedes Wort von ihr ihrer beider Leben in Gefahr brachte. So konnte sie nur mit angehaltenem Atem zusehen, wie die beiden Männer den Kampfplatz betraten und sich in der Mitte des Kreises aufstellten. Sie waren sich beide so unglaublich ähnlich — die gleichen Haare, die gleichen Augen, das gleiche kantige, entschlossene Kinn.
    Rogan blickte auf die Stange hinunter, die im Gras lag, nahm dann zu Lianas Entsetzen seine Kapuze ab und streifte sein Hemd über den Kopf. Da gab es einen kurzen Moment der Freude für sie, als er ihr sein Hemd zuwarf und sie es auffing; aber dann stand sie wieder Todesängste aus. Sicherlich würde ihn jemand jetzt erkennen. Sie mochte nicht daran denken, wer ihn erkennen würde: gewiß eine von den Frauen — oder alle zugleich —, mit denen er zu schlafen pflegte. »Das halbe Dorf«, sagte sie sich seufzend.
    Ihr Blick wanderte rasch über die Zuschauer hin, und da entdeckte sie zwei von den Wochentagen auf der anderen Seite des Kampfplatzes. Die beiden schienen zu stutzen, leicht verwirrt zu sein; aber es konnte nicht lange dauern, bis sie erkannt hatten, wer der Mann war, der sich da als Bauer verkleidet hatte.
    Liana ging jetzt rasch auf die beiden Wochentage zu.
    »Wenn ihr auch nur ein falsches Wort sagt, werdet ihr es beide bereuen müssen«, zischelte Liana, als sie die beiden Frauen erreicht hatte. Die eine von ihnen zuckte bei ihren Worten zusammen und nickte ängstlich; doch die andere war beherzter und gerissen genug, die Gefahr zu erkennen, in der Rogan und Liana schwebten.
    »Ich möchte, daß mein Sohn zum Ritter ausgebildet wird«, sagte sie.
    Liana öffnete den Mund, um diese empörende und unglaublich freche Forderung zurückzuweisen. Doch sie besann sich anders und konterte mit den Worten: »Du wirst dafür sorgen, daß es kein anderer erfährt.«
    Die Frau blickte Liana in die Augen. »Ich werde den Leuten erzählen, daß er aus einem Dorf unten im Süden stammt und daß ich ihm dort schon früher begegnet bin. Was wird aus meinem Sohn?«
    Da mußte Liana diese Frau sogar bewundern, weil sie so viel für ihr Kind riskierte. »Eure Söhne werden in der Burg aufgezogen und ausgebildet werden. Schickt sie morgen zu mir.« Damit entfernte sich Liana wieder von den beiden Frauen und kehrte zu der Stelle zurück, wo sie zuerst gestanden hatte.
    Rogan und sein Halbbruder bewegten sich nun, die langen Stangen waagerecht in den Händen haltend, im Kreis herum, während einer den anderen lauernd beobachtete. Sie waren beide imposante Gestalten — beide jung und kräftig, breitschultrig, schmalhüftig und mit prächtig entwickelten Muskeln.
    Doch man brauchte nicht viel Verstand, um alsbald zu erkennen, wer von den beiden der bessere Kämpfer war. Rogan stellte offensichtlich seinen Halbbruder auf die
    Probe, forderte ihn spielerisch zu Ausfällen heraus, um die Grenzen seiner Möglichkeiten zu erkennen, während sein Halbbruder ihn immer wieder wütend attackierte. Aber Rogan wich bei jedem dieser Angriffe behende zur Seite und schlug seinem Halbbruder mit der langen Stange in die Kniekehlen.
    »Bist du nur darin geübt, mit Frauen zu kämpfen?« verspottete Rogan seinen Gegner.
    Da wurde sein Halbbruder fast rasend vor Wut, die ihn zu plumpen Fehlern verleitete.
    »Niemand hat bisher Baudoin im Kampf besiegen können«, sagte der zahnlose alte Mann, der neben Liana stand. »Es wird ihm nicht gefallen, wenn er jetzt seinen Meister findet.«
    »Baudoin«, sagte Liana laut und runzelte die Stirn. Sie hielt es nicht für eine gute Idee, wenn Rogan sich mit seinem Verhalten seinen Bruder zum Feind machte. Rogan hatte den größten Teil seines Lebens mit den Waffenübungen verbracht, während sein Halbbruder zweifellos die meiste Zeit hinter einem Pflug hatte hergehen müssen.
    Nach einer Weile wurde es allen, die diesen Zweikampf verfolgten, klar, daß Rogan dieses Duell, das keine echte Herausforderung für ihn darstellte, leid wurde. Er stellte sich vor seinem Halbbruder auf, nahm seine Stange in eine Hand, stellte sie senkrecht auf den Boden und . . . gähnte.
    Das war eine beleidigende

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