Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zahl

Die Zahl

Titel: Die Zahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
Vom Netzwerk:
die Tatsache, dass ihn seine Frau verlassen hatte, Genz den letzten Rest an Energie und Selbstwertgefühl genommen. Sie hatten es hier mit einem gebrochenen Mann zu tun.
    »Setzt euch«, sagte Genz.
    »Wir bleiben lieber stehen«, nahm Bender seinem Chef das Wort aus dem Mund.
    »Wir haben schon den ganzen Morgen im Büro gesessen, da tut ein wenig Stehen ganz gut«, fügte Morell hinzu und versuchte verkrampft zu lächeln.
    Genz ließ sich auf einen Berg Schmutzwäsche, der auf der Couch lag, fallen. »Was verschafft mir die Ehre?«, lallte er. Erst jetzt realisierte Morell, dass der Mann, der vor ihm in diesem Dreckhaufen saß, betrunken war.
    Als hätte Genz seine Gedanken erraten, zog er eine Flasche billigen
Whiskey hinter einem Polster hervor und hielt sie den beiden Polizisten hin. »Na, auch ein Schlückchen gefällig?«
    »Nein, danke«, sagte Bender.
    »Wir sind im Dienst«, fügte Morell hinzu.
    »Ja, ja, die Polizei, dein Freund und Helfer«, nuschelte Genz. »Immer fleißig, immer im Dienst.« Er lehnte sich zurück und nahm einen Schluck aus der Flasche. »Gibt’s was Neues von der Versicherung?« Er sah Morell an. »Hast du dir den Unfallbericht nochmal angeschaut?«
    Morell nickte. »Das habe ich getan. Leider sind mir einige Dinge aufgefallen, wegen denen wir dringend mit dir sprechen müssen.«
    »Immer nur heraus mit der Sprache!«
    »Maria Zieher war eine Zeugin, die gegen dich ausgesagt hat?«
    »Ja, diese Schlampe hat behauptet, ich wäre zu schnell gefahren. Woher wollte sie das wissen? Hatte sie ein Radargerät dabei? Die fette Kuh ist mit ihrem eigenen Leben so unzufrieden, dass es nichts gibt, das ihr mehr Freude bereitet, als andere Menschen ins Unglück zu stürzen. Du hättest ihr dummes Grinsen sehen sollen, als sie mich bei der Anhörung reingeritten hat. Was ist mit ihr?« Genz nahm einen großen Schluck und sah die Polizisten fragend an.
    »Sie wurde ermordet«, sagte Morell kurz und bündig.
    Genz schaute erstaunt, dann fing er an zu lachen. Erst kicherte er nur wie ein kleines, schüchternes Kind, doch dann steigerte sich das Lachen immer mehr, wurde lauter und intensiver und gipfelte darin, dass er mit weit aufgerissenem Mund und tränenüberströmtem Gesicht auf dem Sofa saß und sich den Bauch hielt.
    Den beiden Polizisten war das mehr als nur unheimlich. Sie sahen sich ratlos an und wussten nicht, was sie tun sollten. Bender verkroch sich unauffällig hinter seinem Vorgesetzten und beschloss, nichts mehr zu sagen und auch sonst in keinster Weise auf sich aufmerksam zu machen.
    »Das ist ja toll«, gluckste Glenz. »Die Zieher hat also den Löffel
abgeben müssen. Was für eine Ironie. Erst ruiniert sie mein Leben, dann wird das ihre zerstört. Das nenn ich endlich mal Gerechtigkeit. Hatte wohl ein schlechtes Karma, die Alte.« Er begann wieder zu lachen.
    »Ich finde das ehrlich gesagt nicht so lustig«, sagte Morell.
    »Was weißt denn du schon, Otto.«
    »Ich weiß, dass alle Menschen umgebracht worden sind, die mit deinem Unfall etwas zu tun hatten. Du bist der Meinung, dass Joe Anders dir einen mangelhaften Wagen angedreht hat und dass er darum mit schuld an dem Unfall war – und schwuppdiwupp wird er ermordet. Die Versicherung, die du bei Andreas Adam abgeschlossen hast, weigert sich, die Kosten für die Behandlung deiner Tochter zu bezahlen, und was geschieht? Praktischerweise bringt ihn jemand um, genauso wie Maria Zieher, die eine Aussage gegen dich gemacht hat. Das ist es, was ich weiß.«
    Genz hörte auf zu lachen und starrte Morell an. »Das ist also der Grund, warum du gekommen bist. Du bist nicht hier, um mir zu helfen. Nein, du bist hier, weil du einen Schuldigen brauchst, einen Sündenbock. Ja, warum nicht? Nehmen wir doch den Sascha, der hat ja nichts mehr zu verlieren, dessen Leben ist eh schon völlig kaputt. Darum hast du auch deinen kleinen Handlanger mitgebracht.« Er fixierte Bender, der sich von Sekunde zu Sekunde unwohler fühlte.
    »So war das nicht gemeint, Sascha. Wir sind in erster Linie hier, um herauszufinden, was wirklich geschehen ist. Gibt es irgendetwas, das du mir sagen willst? Oder fällt dir vielleicht jemand ein, der dir ein Alibi für die Nacht von Dienstag auf Mittwoch geben kann?«
    »Nein, verdammt«, schrie Genz. »Es gibt niemanden, der mir ein Alibi geben könnte. Das weißt du. Dienstagabend habe ich mich hier im Wohnzimmer betrunken und bin dann auf der Couch eingeschlafen.«
    »Waren Ilse oder Bea nicht hier?«
    »Nein, die

Weitere Kostenlose Bücher