Die Zahl
Musik auch leiser machen.«
»Nein, das ist es nicht. Ich freu mich, dass die Leute Spaß haben. Ich muss nur die ganze Zeit an den Fall denken.«
»Aber der ist doch abgeschlossen.«
»Schon, aber es gibt da immer noch ein paar Ungereimtheiten. Mein Bauch sagt mir, dass da irgendetwas nicht stimmt, und das beunruhigt mich.«
»Was soll denn nicht stimmen? Sascha Genz hat ein Geständnis abgelegt. Was willst du denn noch mehr?«
»Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass es sich so anfühlt, als ob einige Puzzlesteine nicht hundertprozentig zusammenpassen.«
»Das wird sich alles klären, sobald Genz seine Aussage gemacht hat. Du wirst schon sehen. Und jetzt komm mit! Du hast es doch am allermeisten verdient, ein wenig abzuschalten.« Capelli machte ein paar Schritte und nahm den Chefinspektor an der Hand. »Auf geht’s.«
»Wahrscheinlich hast du recht. Ich mach nur noch schnell die Gemüsetaschen hier fertig und komm dann gleich.«
»Okay«, sagte Capelli und ließ seine Hand wieder los. »Aber wenn du nicht in spätestens einer Viertelstunde mit einem Glas Sekt da draußen stehst und dich amüsierst, dann komme ich und hole dich – wenn’s sein muss mit Gewalt!«
Sie verließ die Küche mit dem festen Vorsatz, sich den ganzen Abend prächtig zu amüsieren, ohne dabei auch nur einen einzigen Gedanken an Leander Lorentz zu verschwenden.
...
Lorentz stand mit Iris im Flur und versuchte verzweifelt, nicht an Nina Capelli zu denken. Iris sah wie immer umwerfend aus, aber ihm fiel das heute gar nicht auf.
»Danke nochmals für die Einladung«, sagte Iris. »Ein wenig Ablenkung tut mir sehr gut. Ich habe das Gefühl, ich war schon ewig nicht mehr unter Menschen.«
»Freut mich sehr, dass du gekommen bist. Ich wollte dir übrigens sagen, dass es mir sehr leid tut, wie damals alles gelaufen ist.«
»Ist schon okay. Es war ja nicht alleine deine Schuld.«
»Zu einem großen Teil schon, und darum würde es mich umso
mehr freuen, wenn wir die Vergangenheit hinter uns lassen könnten.«
»Du willst eine zweite Chance?«, fragte Iris und lächelte.
»Nicht als Paar, aber als Freunde. Das würde mir sehr viel bedeuten.«
Lorentz starrte verärgert auf Dr.Levi, der gemeinsam mit Capelli an ihm und Iris vorbeiging.
»Eifersüchtig?«, riss Iris ihn aus seinen Gedanken.
»Was meinst du?« Lorentz tat so, als hätte er keine Ahnung, wovon seine Exfreundin redete.
»Du stehst wohl auf die kleine Gerichtsmedizinerin. Es war nicht zu übersehen, mit welchen Blicken du den armen Markus bedacht hast.«
Lorentz wurde ein wenig verlegen. »Da hast du mich wohl ertappt. Ist es so offensichtlich?«
»Nicht zu übersehen.« Sie musterte Lorentz. »Das hätte ich von dir nicht gedacht. Diese Kleine ist doch eigentlich gar nicht dein Typ. Sie ist ein wenig zu ...«, Iris suchte nach dem richtigen Wort, »... gewöhnlich für dich. Frauen wie sie waren doch eigentlich nie dein Geschmack.«
»Geschmäcker ändern sich«, stellte Lorentz fest. »Menschen ändern sich.«
»Ich habe schon gemerkt, dass du nicht mehr ganz der Alte bist«, nickte Iris und rieb sich die Schläfen.
Lorentz lachte. »Ja, ich glaube, für mich ist die Zeit gekommen, endlich ein wenig vernünftiger und bodenständiger zu werden. Immerhin werde ich bald 34 – da ist ein bisschen Seriosität vielleicht ganz angebracht. Ich sollte mich von ein paar Spinnereien verabschieden und ein wenig mehr Sicherheit in mein Leben bringen.«
Iris nickte. »Sag, bist du mir böse, wenn ich schon nach Hause gehe? Ich fühl mich auf einmal ein wenig schlapp und habe ein bisschen Kopfweh.«
»Ich hoffe, das hat nichts mit mir zu tun.«
»Nein, nein«, winkte Iris ab. »Ich spüre nur den Alkohol ein wenig. Ich konnte Bowle noch nie vertragen. Mach dir keine Sorgen, es hat nichts mit dir zu tun.«
»Da bin ich aber erleichtert. Ich begleite dich noch hinaus.«
Iris holte ihren Mantel, und sie gingen gemeinsam vor die Haustür. »Schlaf gut«, sagte Lorentz. »Ich melde mich auf jeden Fall noch bei dir, bevor ich abreise.«
»Bis dann – und viel Glück mit deiner Kleinen.« Iris drückte Lorentz ein Küsschen auf die Wange und ging dann zu ihrem Wagen. Lorentz wollte gerade die Tür schließen, als ein kleines, rotes Auto vor dem Haus parkte. Es war die Verkäuferin aus der Metzgerei, die ausstieg. Sie lächelte, als sie Lorentz sah, und winkte ihm zu. Er fand, dass sie wirklich eine sehr sympathische Erscheinung war.
»Sie haben es also geschafft«, sagte er
Weitere Kostenlose Bücher