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Die Zahl

Die Zahl

Titel: Die Zahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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betrinken und rumzuvögeln, das schaffen die schon ganz gut alleine.«
    »Ich bin nicht wegen dem ›Hype‹ da«, sagte Morell und betrachtete die Tasse, die der Hausherr vor ihn auf den Tisch gestellt hatte. Es war ein Ungetüm in Weinrot mit einem aufwendig geschwungenen goldenen Henkel. Er nahm einen Schluck und stellte fest, dass die Tasse zwar geschmacklos und hässlich, der Tee aber ausgezeichnet war. »Ich komme wegen Josef Anders«, sagte er. »Ich habe gehört, Sie hatten Streit mit ihm.«
    »Nun ja, als Streit würde ich das nicht unbedingt bezeichnen.« Kaiser nippte an seiner Sektflöte. »Ich würde es eher einen kleinen Disput nennen.«
    »Und worum drehte sich dieser kleine Disput?«
    »Sie kennen doch das Grundstück neben Anders’ Autohaus.«
    Morell nickte. »Sie reden von der Wiese, die dem alten Herrn Sobernicz gehört hat.«
    »Genau die«, sagte Kaiser. »Als der gute Herr Sobernicz im Frühjahr gestorben ist, haben seine Kinder das Stück Land geerbt. Ich hatte schon lange Interesse an dem Grundstück – es ist gut gelegen und groß genug für eine nette, kleine Bar. Aber der Alte wollte ja um keinen Preis verkaufen.«
    »Ein zweites ›Hype‹?«, wollte Morell wissen.
    »So etwas in die Richtung, aber eher gehobene Klasse.« Kaiser wischte sich eine gegelte Haarsträhne aus dem Gesicht. »Nichts für die Kids, eher etwas für die Erwachsenen. Natürlich nichts Verbotenes. Alles schön legal, Sie wissen ja, dass ich ein gesetzestreuer Bürger bin.« Er zwinkerte Morell zu.
    »Und wo lag das Problem?«
    »Ich habe gleich nach dem Tod vom alten Sobernicz mit seinem Sohn verhandelt. Ich habe ihm einen guten Preis gemacht, er war einverstanden und wollte an mich verkaufen. Alles war schon unter Dach und Fach, nur die Unterschrift auf dem Kaufvertrag hat
noch gefehlt. Da kommt diese Sau, Joe Anders, und macht mir einen Strich durch die Rechnung.«
    »Warum? War er dagegen, dass in seiner Nachbarschaft eine Bar eröffnet wird?«
    »Ach was«, Karl Kaiser winkte ab und zündete sich eine Zigarette an. »Eine Bar in der Nachbarschaft wäre dem guten Anders mehr als nur recht gewesen. Sehr wahrscheinlich wäre er sogar mein erster Stammkunde geworden. Nein, darum ging es nicht. Er hatte sich anscheinend in den Kopf gesetzt, sein Autohaus zu erweitern. Er wollte expandieren.«
    »Genauso wie Sie«, stellte Morell fest.
    »Ja, aber ich war zuerst da.« Kaisers Augen blitzten. »Außerdem hat Anders versucht, mich mit unfairen Mitteln aus dem Rennen zu werfen, dieses heimtückische Schwein. Er war zu feige, die ganze Sache von Mann zu Mann mit mir zu regeln. Wissen Sie, was dieser Hurensohn getan hat?« Kaiser nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette und blies eine große Wolke grauen Rauch aus.
    »Nein«, sagte Morell, »aber Sie werden es mir sicher gleich erzählen.«
    »Eine Nachbarschaftsinitiative hat er gegründet – Sie müssten’s eigentlich mitbekommen haben. Gegen den moralischen Verfall von Landau. Wir brauchen hier keinen Puff, hat er gesagt.« Kaisers Stimme bebte. Er schenkte sich Prosecco nach. »Wollen Sie wirklich kein Gläschen trinken?«, fragte er.
    Morell verneinte. Kaiser nahm einen Schluck und redete weiter. »Einen Puff. Herrgott, ich will eine Bar eröffnen. Drinks, Zigarren, gute Musik und ein paar hübsche, junge Ladys. Aber doch kein Bordell.« Er drückte seine Zigarette aus und zündete sich sofort eine neue an. »Gerade der, der die ganze Zeit am Saufen und Rumhuren war, will für den Erhalt moralischer Werte eintreten. Dass ich nicht lache! Er wollte schlicht und ergreifend das Grundstück, und genau das hätte er mit seiner Hinterhältigkeit auch beinahe bekommen. Der junge Sobernicz hatte nämlich plötzlich beschlossen,
doch lieber an Anders anstatt an mich zu verkaufen. Dem haben einige der Nachbarn so lange in seinen feigen Hintern getreten, bis er mir abgesagt hat.« Kaisers Gesicht war hochrot. »Ich hätte Joe Anders am liebsten die Fresse poliert, das kann ich Ihnen sagen.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Und, haben Sie ihm die Fresse poliert und dabei ein wenig übertrieben?«
    »Bei Gott, nein! Ich bin vielleicht manchmal ein wenig impulsiv, aber ein Mörder bin ich keiner. Bevor ich dazu kam, Joe auch nur ein Haar zu krümmen, hat sich irgendjemand anderes schon um ihn gekümmert.«
    »Derjenige hat ihm leider mehr als nur ein Haar gekrümmt«, sagte Morell und nahm noch einen Schluck Tee.
    »Also, mich wundert das nicht. Anders war eine unfreundliche,

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