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Die Zahlen Der Toten

Die Zahlen Der Toten

Titel: Die Zahlen Der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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den Typ gefunden haben, ein bekiffter Trottel ohne jeden Verstand. Für zwanzig Dollar hat er alles gesagt, was man hören wollte. Eines Nachts hatte ich ein Routinetreffen mit ihm verabredet, konnte aber wegen irgendeinem Kinderkram – Basketball oder so – nicht hin. Niswander ist für mich gegangen.« Er atmete tief aus, um den Druck zu mindern. »Ein paar Mistkerle lauerten ihnen auf, überschütteten sie mit Benzin und verbrannten sie bei lebendigem Leib.«
    John sah sie nicht an, konnte es nicht, denn die Bilder in seinem Kopf waren zu schlimm. »Alle wussten, dass Vespian dahintersteckte, aber wir konnten es nicht beweisen.«
    »Aber warum haben sie einen Polizisten verbrannt?«, fragte sie.
    »Vespian wollte Informationen, und die hat er gekriegt.«
    »Was für Informationen?«
    Sie zuckte kaum merklich zusammen, doch John entging es nicht. Sie wusste, was jetzt kam. »Er hatte es auf deine Familie abgesehen.«
    Er nickte. »Sie sind in mein Haus eingebrochen, als ich nicht da war. Vespian und ein paar seiner Schläger. Sie vergewaltigten meine Frau, vergewaltigten meine kleinen Mädchen und dann brachten sie alle um. Verbrannten auch sie bei lebendigem Leib, wie Vic.«
    Sie schob die Hand über den Tisch und legte sie auf seine. »Ich kann mir nicht einmal vorstellen, wie grauenhaft das gewesen sein muss.«
    »Es stand nicht alles in den Zeitungen. Die Leichen waren so verkohlt, da gab es kaum noch Beweise. Von der Vergewaltigung hab ich erst erfahren, als ich Vespian in die Finger kriegte.«
    Was er gesehen hatte, als er die Absperrung der Feuerwehr durchbrach, darüber konnte er nicht sprechen. Er war nicht stark genug, um sich die grauenvollen Bilder freiwillig ins Gedächtnis zu rufen. »Der Boss hat mich wegen Krankheit beurlaubt, und irgendwie bin ich im Krankenhaus gelandet. Auf der verdammten Psycho-Station.« Er versuchte ein Lächeln, doch vergeblich. »Um ehrlich zu sein, ich erinnere mich kaum noch daran.«
    »Ich verstehe nicht, warum die Cops Vespian nicht gejagt haben.«
    »Natürlich haben sie das. Du weißt doch, wie Cops sind. Sie haben sich zusammengeschlossen und ihn gejagt. Aber der Scheißkerl war
unberührbar.«
    »Kaum vorzustellen, wie das für dich gewesen sein muss«, sagte sie leise.
    »Na ja, während die da draußen alles versuchten, saß ich im Krankenhaus und sabberte mich voll. Eines Morgens nahm ich wieder an so einer Gruppentherapie-Scheiße à la
Einer flog über das Kuckucksnest
teil, als mir ein durchgeknallter Typ sagte, alles, was ich zur Heilung bräuchte, wär eine Mission. Als ich darüber nachdachte, wurde mir klar, dass er doch nicht so verrückt war, wie jeder dachte.« Er sah Kate an. »Und so fand ich meine Mission.«
    »Du hast Vespian gejagt.«
    »Ein Polizist kann ein guter Verbrecher sein, wenn er will.« John starrte sie an. »Willst du den Rest hören?«
    Sie nickte. »Wenn du es mir erzählen willst.«
    »Ich fing an, Vespian zu beschatten. Studierte seinen Tagesablauf. Wo er hinging, mit wem er sich traf. Alles andere in meinem Leben blieb auf der Strecke. Ich hab nichts mehr gegessen und nicht mehr geschlafen, aber ich war nie hungrig oder müde. Der verrückte Typ hatte recht gehabt: Meine Fixierung auf Vespian hat mich geheilt.
    Vespian spielte jeden Mittwochabend Poker. Pünktlich wie ein Uhrwerk fuhr er in seine Villa in Avon Lake und kam immer so gegen drei, vier Uhr raus. Eines Morgens, als er zu seinem Lexus ging, hab ich auf ihn gewartet.«
    Kate starrte ihn an, wusste, was jetzt kam. Es war, als würde sie einem Zug dabei zusehen, wie er auf ein Auto zuraste, das auf den Gleisen stand.
    »Ich hab ihn mit dem Taser außer Gefecht gesetzt, ihm Handschellen angelegt, in den Kofferraum geworfen und in ein Lagerhaus gefahren, das ich gemietet hatte. In einer üblen Gegend am Hafen. Ich hab ihn auf ’nem Stuhl festgebunden und bei Gott, ich hab ein Geständnis gekriegt. Jedes verdammte blutige Detail hab ich auf Band. Folter. Vergewaltigung. Nicht nur meine Frau, auch meine Kinder. Kleine Mädchen.«
    »O John –«
    Er schnitt ihr das Wort ab. »Ich wusste, dass das Band vor Gericht nicht zugelassen würde.« Er atmete tief aus, rieb sich die nassen Handflächen am Hosenbein ab. »Ich hatte nicht geplant, ihn zu töten, Kate. Ich wollte nur das Geständnis. Aber als er mir dann erzählte, was er mit ihnen gemacht hat … es war, als stünde ich neben mir. Als würde ich zusehen, wie ein anderer den Schweinehund mit Benzin übergießt und bei

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