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Die Zahlen Der Toten

Die Zahlen Der Toten

Titel: Die Zahlen Der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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jemand will mir berichten, dass es im Fall einen Durchbruch gegeben hat. Doch schon im nächsten Moment erinnere ich mich, dass ich entlassen bin. Mir fällt wieder ein, dass Jonas Hershberger verhaftet wurde. Und dass ich mit John Tomasetti geschlafen habe.
    Ich setze mich auf. »Ja, am Apparat.«
    »Hier ist Teresa Cardona. Ich arbeite beim BCI in der Abteilung Verbrechensanalyse. John Tomasetti bat mich, Ihnen den letzten VICAP -Bericht zu schicken.«
    Ich spüre Johns Abwesenheit. Das Haus fühlt sich wieder genauso leer an wie sonst. Ich schiebe die Beine über die Bettkante und greife nach dem Morgenmantel. »Ja, den würde ich gern sehen.«
    »Ich habe Ihre E-Mail-Adresse nicht.«
    Ich nenne sie ihr. »Wie schnell können Sie ihn schicken?«
    »Wenn Sie wollen, sofort.«
    »Ja, sehr gern. Danke.« Ich lege auf, bin gleichzeitig freudig erregt und niedergeschlagen. Endlich bekomme ich das Resultat des Abgleichs der Täterhandschrift mit anderen Verbrechen. Doch der Ursache meiner Niedergeschlagenheit gehe ich lieber nicht auf den Grund. Wie gern würde ich glauben, der Schmerz in meiner Brust rühre vom Verlust meines Jobs und dem voraussichtlichen Ende meiner Polizeikarriere her. Doch ich bin ehrlich genug, mir einzugestehen, dass es mehr mit Johns Abreise zu tun hat, die ohne jeden Abschied geschah. Aber darüber will ich jetzt nicht nachdenken. Ich habe heute früh genug um die Ohren, auch ohne die Zweifel am Morgen danach.
    Zehn Minuten später sitze ich mit einem Kaffee bewaffnet am Küchentisch und öffne das E-Mail-Programm. Ich habe tatsächlich Post von T. Cardona, klicke den Anhang an und lade die Pdf-Datei herunter. Einhundertfünfunddreißig Seiten, ein endloser Datenstrom mit
Informationen über die Opfer, zugefügte Wunden, sexuelle Handlungen des Täters, Waffen
sowie Dutzenden anderen Kriterien. Ich werde eine Menge Kaffee brauchen, um das alles zu durchforsten.
    Ich beginne mit
zugefügte Wunden.
Gegen Mittag bin ich vom vielen Kaffee und der Informationsüberflutung total nervös; außerdem fällt mir die Decke auf den Kopf. Ich versuche trotzdem, mich weiter auf die Berichte zu konzentrieren, doch meine Gedanken wandern immer wieder zu John. Letzte Nacht war eine absolute Ausnahmesituation gewesen. Vielleicht ist es ein Überbleibsel meiner amischen Erziehung, aber mit einem Mann zu schlafen ist eine große Sache für mich. Ich kann nicht aufhören, an ihn zu denken. An all das, was wir miteinander geteilt und geredet haben.
    Die meisten Menschen würden ihn für seinen Akt der Selbstjustiz verurteilen. Und obwohl ich selbst einmal diesen schmalen Grat beschritten habe, finde ich es falsch, jemandem das Leben zu nehmen. Doch ich weiß auch, dass es einen seelischen Schmerz gibt, der für das menschliche Herz zu schwer zu ertragen ist. Manche Verbrechen kann der Verstand einfach nicht akzeptieren. Ich hoffe, dass John so etwas wie Frieden finden wird.
    Um zwei Uhr dreißig reißt mich ein Klopfen an der Hintertür aus der Arbeit. Ich bin überglücklich, als ich sie aufmache und Glock sehe. »Es ist immer ein schlechtes Zeichen, wenn Besucher durch die Hintertür kommen«, sage ich zur Begrüßung.
    »Ich hab keine Lust auf irgendein Gerede.« Er klopft sich den Schnee von der Jacke und tritt ein. »Eklig da draußen.«
    »Der Wettermann hat bis morgen zwischen fünfzehn und zwanzig Zentimeter Neuschnee angekündigt.«
    »Scheiß Winter.« Dann fällt sein Blick auf den von Papierbergen umgebenen Laptop auf dem Küchentisch.
    »Sie machen den Eindruck, als könnten Sie eine Pause vertragen.«
    Ich mache die Tür hinter ihm zu. »Gibt’s was Neues in dem Fall?«
    »Wir suchen immer noch auf Hershbergers Farm nach Beweisen.«
    »Und, was glauben Sie?«
    »Hershberger sitzt bis zum Hals in der Scheiße.«
    Ich schenke zwei Tassen Kaffee ein. »Glauben Sie, dass er’s war?«
    »Die Beweise sind erdrückend. Der Schuh, den wir gefunden haben, gehörte Amanda Horner. Ihre Mutter hat ihn heute Morgen identifiziert. Es gibt Unterwäsche mit DNA , wir warten auf das Laborergebnis.«
    »Finden Sie nicht, dass plötzlich alles irgendwie sehr einfach ist?«
    »Aber er könnte nie in den Besitz des Schuhs und der Unterwäsche gekommen sein, ohne Kontakt mit dem Opfer gehabt zu haben.«
    »Habt ihr schon CODIS gecheckt?« CODIS ist das Akronym für Combined DNA Index System, eine vom FBI betriebene DNA -Datenbank mit rechtsverbindlichen DNA -Proben.
    »Das Ergebnis steht noch aus.«
    Ich gebe ihm die

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