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Die Zahlen Der Toten

Die Zahlen Der Toten

Titel: Die Zahlen Der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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gewehrt.«
    Painters Mill ist umgeben von Farmen. Viele Bauern machen Heu, es gibt also Unmengen Draht für Heuballen. Selbst wenn wir die Marke herausfinden, können wir unmöglich seine Herkunft zurückverfolgen.
    Der Arzt hebt das Tuch hoch. »Ihre Fußgelenke waren mit einer Kette zusammengebunden. Große, leicht angerostete Kettenglieder. Den Druckstellen nach zu urteilen hat er sie daran aufgehängt, als sie noch lebte.«
    Vor meinen Augen steigt ein Bild auf, über das ich lieber nicht nachdenken möchte. Ich weiß nur, dass wir es hier nicht mit einem menschlichen Wesen zu tun haben. Nicht einmal mit einem Tier. Nur ein Ungeheuer ist zu solchen Gräueltaten fähig.
    Mit dem distanzierten Habitus des Wissenschaftlers zieht der Doktor das Tuch jetzt ganz weg. Ich muss mich zusammennehmen, als Amanda Horners Leichnam in voller Größe vor mir liegt. Mein Blick fällt auf multiple Verbrennungen und Abschürfungen in grauem Fleisch. Ich bin nicht zimperlich, aber mir ist flau im Magen. Mein Herz schlägt zu schnell und Speichel sammelt sich in meinem Mund. Ich weiß, was der Arzt gleich sagen wird, denn auch ich starre auf die Schnitte in ihrem Unterleib, über dem Nabel.
    Jetzt, wo die Wunde gesäubert wurde, ist das ins Fleisch geritzte XXIII eindeutig erkennbar. Ich merke, dass ich die Luft anhalte, und atme aus.
    »Wollen Sie ein Glas Wasser, Kate?«
    Die Frage ärgert mich, aber ich widerstehe der Versuchung, ihn anzufahren. »Haben Sie Fotos davon?«
    »Ja.«
    Mein Blick wandert zu den leichten Prellungen auf der Innenseite der Oberschenkel. »Wurde sie sexuell missbraucht?«
    »Es gibt kleine vaginale Einrisse. Und auch anale. Zudem habe ich Verbrennungen um den After herum gefunden, vermutlich von einer Art elektrischem Instrument. Ich habe Abstriche gemacht, glaube aber nicht, dass er Samen hinterlassen hat.«
    »Was ist mit Haaren oder Fasern?«
    »Nein, und nein.«
    »Dann hat er ein Kondom benutzt.«
    »Genau genommen ein Kondom mit
Gleitbeschichtung.
Ich habe Spuren von Glycerin und Methylparaben in der Vagina und um den Anus gefunden.«
    Ich denke nach. »Wie kann ein Mann so nah an sie rankommen, um sie zu vergewaltigen, und keine Haare hinterlassen?«
    »Dazu habe ich zwei Hypothesen.«
    »Und die lauten?«
    »Er könnte seine Körperhaare rasiert haben. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Serienvergewaltiger alles tut, um keine DNA zu hinterlassen.«
    »Und die zweite?«
    »Er könnte mit irgendeinem Objekt in sie eingedrungen sein. Vielleicht kann ich mehr sagen, wenn die Ergebnisse der Abstriche aus dem Labor zurückkommen.«
    »Dann weiß der Mörder also etwas über forensische Untersuchungen und Beweismittel.«
    »Wer weiß das heutzutage nicht?« Er zuckt mit den Schultern. »Die Leute sehen sich im Fernsehen
CSI
an. Jeder ist ein Experte.«
    »Machen Sie wegen der Laborergebnisse ein wenig Druck, ja?«
    »Ganz bestimmt.«
    Meine Anspannung lässt ein wenig nach, als der Doktor den Leichnam wieder zudeckt. »Was ist mit dem Todeszeitpunkt?«
    »Ich habe sofort die Körpertemperatur gemessen, als sie hergebracht wurde, also um drei Uhr dreiundfünfzig.« Er wirft einen Blick aufs Klemmbrett. »Lebertemperatur achtundzwanzig Komma sechs Grad Celsius. Ich würde sagen, der Todeszeitpunkt liegt zwischen sechzehn und neunzehn Uhr gestern Nachmittag.«
    Belinda Horner hatte ihre Tochter zuletzt am Samstag gegen neunzehn Uhr dreißig gesehen, sie muss also irgendwann danach entführt worden sein. »Wenn er sie irgendwann Samstagnacht entführt hat, war sie ziemlich lange in seiner Gewalt, bevor er sie umbrachte.« Bei der Vorstellung wird mir übel. Am liebsten würde ich den kranken Mistkerl in die Finger bekommen und vergessen, dass ich Polizistin bin.
    »Ich fürchte ja.« Er zeigt auf die Tote. »Wer immer das getan hat, hat sich Zeit genommen, Kate. Er hatte keine Eile und hat sie eine Weile am Leben gelassen.«
    Ich habe Mühe, meine Stimme zu kontrollieren. »Also hat er sie wahrscheinlich an einen Ort gebracht, wo er sich sicher fühlte. Wo er wusste, dass man nichts hört.« Solche Orte gibt es auf dem Land, wo die Farmen oft meilenweit auseinanderliegen, mehr als genug.
    Ich sehe den Arzt an. »Wurde sie geknebelt?«
    »Sieht nicht so aus. Es gibt keine Reste von Klebeband auf der Haut oder von Fasern im Mund.« Er verzieht das Gesicht. »Sie hat sich auf die Zunge gebissen.«
    Er hat ihr beim Schreien zugehört,
denke ich. »Dann kennt er also einen einsamen Ort, wo er kommen und

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