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Die Zarentochter

Die Zarentochter

Titel: Die Zarentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Heirat wird sie Russlands Einfluss in Ungarn erheblich steigern. Und in Böhmen ebenfalls, man sagt, Stephan stehe kurz davor, dort die General-Statthalterschaft zu übernehmen.«
    Die Männer schauten ihn skeptisch an. »Die Großfürstin in Prag – das bleibt abzuwarten«, erwiderte einer von ihnen.
    »Es gibt ja auch noch Großfürstin Alexandra«, sagte sein Gegenüber konziliant. »Ist die jüngste Zarentochter nicht auch schon achtzehn Lenze alt? Wahrscheinlich wird sie noch vor ihrer großen Schwester heiraten.«
    Ollybiss sich auf die Unterlippe. So düster, wie Sascha dreinschaute, brauchte sie ihm mit ihren Vorschlägen für einen Blindenwohntrakt im Armenhaus nicht kommen. »Tut mir leid, Sascha, ich wollte eure Unterredung nicht unterbrechen. Bobrinski hat mir am Morgen noch von diesem Treffen erzählt, aber vor lauter Ärger über die Vorfälle im Armenhaus ist es mir entfallen.«
    »Olly, ich schätze dein Engagement wirklich sehr. Aber es kann nicht angehen, dass du mich täglich in irgendwelchen wichtigen Besprechungen störst«, sagte Sascha genervt. »Vater hat sich auch schon über dich beschwert. Hier nötigst du ihm Gelder für eine Mädchenschule ab, da drängst du auf eine weitere Armenspeisung – lange macht er das nicht mehr mit.«
    »Was soll denn das heißen? Ich bitte ihn doch nur um Geld, mein eigenes reicht vorn und hinten nicht«, fuhr sie auf. »Irgendjemand muss sich schließlich um die Armen und Kranken kümmern.« Du tust es ja nicht , fügte sie im Stillen hinzu.
    »Aber doch nicht du allein! Schau dir nur deinen Auftritt von gerade eben an: Nur weil irgendjemand nicht den linken Fuß ordentlich vor den rechten setzen konnte, machst du so ein Theater.« Sascha lächelte, um seine harten Worte etwas abzuschwächen. »Du siehst blass aus, fast kränkelnd. Aber ist es denn ein Wunder? War um nimmst du diese ständigen Armenhausbesuche überhaupt auf dich, wo sie so auf dein Gemüt drücken? Besuche doch stattdessen wieder einmal Mary. Sie und die Kinder würden sich bestimmt freuen. Am besten nimmst du Cerise und deine Anna mit, dann könnt ihr euch alle zusammen einen schönen Tag machen.«
    »Und manchmal, da fühle ich solch ein Stechen im Bauch. Nein, eher ist es ein Ziehen, ein … Drücken.« Cerise schaute Mary mit großen Augen an. »Beim ersten Kind verspürte ich nichts davon.« Sie schaute hinüber zu der Wiege, in der ihre einjährige Tochter Alexandra seit Stunden schlief. »Ob das wohl Anzeichen dafür sind, dass es diesmal ein Junge wird?«
    Mary tätschelte ihren eigenen dicken Bauch und lachte. »Dann bekomme ich wahrscheinlich gleich zwei davon, so sehr rumort es dadrinnen. Was bin ich froh, wenn ich es in ein paar Wochen hinter mir habe!«
    »Noch fünf Monate … Hoffentlich wird’s dieses Mal ein Junge. Ich habe keine Lust, mir nochmals so viel Häme wegen eines Mädchens anhören zu müssen.« Cerise seufzte.
    »Was glaubst du, was Max und ich uns deswegen schon alles anhören mussten«, sagte Mary mit bitterem Unterton. Sie warf ihren beiden zwei- und dreijährigen Töchtern, die in einer Ecke des Raumes mit Bauklötzen spielten, einen liebevollen Blick zu. »Willst du eine heiße Schokolade?«, fragte sie die ältere Adini. »Dann geh in die Küche und hole dir welche.«
    Das Kind nickte selig, vergessen waren die roten und blauen Holz-türme. Es sprang auf, und die jüngere Schwester tapste hinterher.
    Olly schluckte. Bei Mary herrschte stets eine heimelige Stimmung. Sie kümmerte sich liebevoll um ihre Kinder, mindestens ein, zwei Stunden am Tag durften die Kleinen zu ihr. Nicht anders hatte es ihre Mutter einst gehalten. Und genauso hätte Olly es auch gemacht.
    Ihr Blick glitt an ihrer schlanken Taille hinab. Wie es sich wohl anfühlte, erwachendes Leben in sich zu haben? Hastig wandte sie sich ab, blinzelte, kramte in ihrem Perlenbeutel nach einem Taschentuch. Bloß nicht weinen.
    »Fühlst du dich nicht gut? Bist du krank?«, sagte Anna und war sogleich bei Olly, um sie in den Arm zu nehmen.
    »Lass nur.« Olly verbarg ihr Gesicht hinter den Händen. »Ich muss gerade an Maria Bariatinski denken. Sie hatte sich auch so sehr auf ihr erstes Kind gefreut«, brachte sie stockend hervor. »Ich vermisse sie so.«
    Die Frauen schauten sich betreten an. Adini sagte sanft: »Deine Maria ist jetzt bestimmt der schönste Engel im ganzen Himmel, schau, vielleicht winkt sie uns gerade zu?« Sie wies auf das Fenster, wo sich am violetten Himmel kleine weiße

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