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Die Zarentochter

Die Zarentochter

Titel: Die Zarentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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doch –« Ihre Stimme versagte. Sie heulte los.
    Lügen!Alles, was der Zarewitsch behauptet hatte, nichts als Lügen. Und sie war so dumm gewesen, ihm zu glauben. Wieder einmal hatten die feinen Herren sie benutzt, und sie wusste noch nicht einmal, wie das Spiel hieß und welche Rolle sie darin innehatte.
    »Gräfin Julia, was haben Sie denn? Ich dachte, Sie freuen sich für mich.«
    Sie spürte seine Hand auf ihrem Kopf, er streichelte sie wie ein Kind, das sich das Knie aufgeschlagen hatte. So wollte sie nicht von ihm angefasst werden. Sie wollte seine Frau sein, das Weib, das er liebte und begehrte.
    »Halten Sie mich, Alexander«, schluchzte sie. »Halten Sie mich nur ein einziges Mal. Mir ist nun auf schmerzliche Weise klargeworden, dass Ihr Herz nicht mir gehört, aber ich möchte es mir wenigstens einen Wimpernschlag lang einbilden …« Ein Gefühl der Sinnlosigkeit überfiel sie, als sie ihre Arme um ihn schlang. Was tust du nur?, schalt sie sich. Warum quälst du dich selbst? Doch sie konnte nicht anders.
    Zu ihrem Erstaunen stieß er sie nicht weg, sondern legte seine Arme schützend um sie. Dann wiegte er sie in so tröstlicher Weise, dass ihr Schluchzen allmählich versiegte.
    »Ich bin nicht der Mann, den Sie suchen. Ich habe die große Liebe längst gefunden. Und Ihnen wird dieses Glück auch noch zuteilwerden, Julia.« Seine geflüsterten Worte verfingen sich in den kunstvollen Locken ihrer Frisur, und er blies eine besonders vorwitzige Haar-locke weg.
    Die Geste hatte etwas so Vertrauliches, so Anrührendes. Die Faust, die Julias Herz in ihrer Umklammerung zu zerquetschen drohte, öffnete sich ein wenig. Ach, es wäre so schön gewesen.
    »Könnten Sie, ich meine, könnten Sie sich vorstellen«, wisperte sie mit tränenerstickter Stimme, »mich ein einziges Mal zu küssen?«
    *
    »Sag mal, hast du Alexander gesehen?«, fragte Olly atemlos, als sie sich zusammen mit Cerise in einem der Nebenräume die Nase puderte. Um sie herum taten es ihnen Dutzende von Damen gleich, mancheine nutzte die Gelegenheit, ein paar Minuten die Beine auf einen der Stühle hochzulegen oder das Mieder ein wenig zu lockern, um besser atmen zu können.
    Olly hatte nichts dergleichen vor, sie wollte schlank und schön sein für ihren Liebsten. Ach, wie sie sich nach ihm sehnte …
    Die erschöpfte Braut zuckte mit den Schultern. »Den ganzen Abend nicht. Hoffentlich ist er nicht böse, dass es mir nicht gelungen ist, ihm einen Platz an der Haupttafel zu sichern.«
    Olly seufzte. »Einen Freudensprung wird er deswegen nicht gemacht haben. Bestimmt ist er auch etwas verärgert, weil ich in den letzten Wochen kaum Zeit für ihn hatte. Aber ich konnte ja nicht wissen, dass Erzherzog Albrecht gerade jetzt um meine Hand anhält.«
    Cerise legte beschwichtigend eine Hand auf Ollys Arm. »Du hast alles richtig gemacht. Die Gespräche mit deinen Eltern, die sicher nicht einfach waren, die daraus resultierende Entscheidung, der Brief an Albrecht, den du so sorgfältig verfasst hast, um seine Gefühle nicht zu verletzen – all das brauchte eben seine Zeit.«
    Olly nickte heftig. »Du hast recht, ich mache mir wahrscheinlich viel zu viele Sorgen. Alexander weiß so gut wie ich, dass alles besser wird, wenn dieser Tag erst einmal vorbei ist.«
    Lachend und Arm in Arm betraten die beiden Schwägerinnen den Tanzsaal, wo Sascha an der Tür wartete, um seine Braut in Empfang zu nehmen.
    »Geliebter Ehemann, weißt du zufällig, wo Alexander ist? Olly sucht ihn.«
    »Alexander?« Sascha runzelte die Stirn. »Wenn ich mich nicht täusche, hat er sich in die Bibliothek zurückgezogen, er schmollt wohl ein wenig, weiß der Himmel, warum.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung, dann fasste er Cerise am Arm. »Darf ich bitten? Ich glaube, ich bin derjenige, der bisher am seltensten mit der Braut tanzen durfte.«
    Ollys Blick begleitete das Hochzeitspaar auf die Tanzfläche. Wie die beiden strahlten! Bald würde auch sie so glücklich sein.
    Aufdem Gang vor der Bibliothek war weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Kerzenlicht fiel in einem goldenen Strahl durch die angelehnte Tür. Alexander saß mit dem Rücken zur Tür am Flügel, das Licht der Flamme verzerrte seinen Rumpf zu einem ungewöhnlich breiten Schatten.
    Olly lächelte. Womöglich wartete er seit Ewigkeiten auf sie? War um hatte er ihr nicht Bescheid gesagt? Sie mussten doch jede Minute zur Zweisamkeit nutzen.
    Alexander, Liebster, hier bin ich! , wollte sie schon rufen, als

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