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Die Zarentochter

Die Zarentochter

Titel: Die Zarentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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murmelte Mary zynisch.
    Olly hob den Kopf. »Was meinst du damit?«
    Aber Mary sagte nur: »Ich bewundere dich für deine Vernunft. Wenn ich Maximilian nicht heiraten darf, hat mein Leben keinen Sinn mehr. Er ist meine große Liebe, und wenn Papa glaubt, mir die entreißen zu können, bitte schön!« In der Art, wie Mary mit den Schulternzuckte, lag noch ziemlich viel Energie, Blutarmut hin oder her, befand Olly.
    »Du und dein Sturschädel«, sagte sie und versetzte Mary einen liebevollen Stoß.
    Ihre Schwester lächelte schwach. »Ach Olly, wenn du eines Tages auch einmal liebst, mit ganzem Herzen und bedingungslos, dann wirst du mich verstehen.«
    Natürlich waren die Eltern entsetzt gewesen, als sie von Marys Verliebtheit hörten. Noch entsetzter waren sie allerdings, als ihnen klar wurde, wie ernst ihre Tochter es meinte. Zar Nikolaus hatte seine Kur sofort abgebrochen und war nach St. Petersburg zurückgeeilt, um Mary die Leviten zu lesen. Olly hatte damit gerechnet, dass Sascha wegen seiner Tändelei mit der Kalinowski dasselbe blühte – zu ihrem Erstaunen hatte ihr Vater dazu jedoch nichts gesagt, woraus Olly schlussfolgerte, dass den Eltern entweder niemand etwas darüber zugetragen hatte oder dass sie die Sache als harmlos einschätzten.
    »Entweder ich heirate Max von Leuchtenberg, oder ich heirate gar nicht!« Mary war nicht müde geworden, diesen Satz gebetsmühlenartig zu wiederholen. Als der Vater sich nicht hatte erweichen lassen, griff Mary zu einem neuen Mittel: Seit vier Tagen lag sie nun in ihrem Bett und verweigerte jegliches Essen.
    »Entweder ich heirate Max von Leuchtenberg, oder ich sterbe!«, hieß es von da an.
    Olly stellte das Geschirr wieder auf das Tablett. »Wenn ich dir nur helfen könnte …«
    Marys Gesicht glänzte fiebrig, ihre Augen waren milchig getrübt, doch ihre Stimme klang so fest wie eh und je. »Nur Vaters Zustimmung kann mir helfen, Schwesterherz. Wenn du wirklich etwas für mich tun willst, dann rede mit ihm!«
    Wie an jedem Abend dieser Tage herrschte am Tisch gedrückte Stimmung. Statt der üblichen fröhlichen Neckereien war nur das Geräusch der silbernen Messer und Gabeln zu hören. Sehnsuchts volldachte Olly an das kleine Speisezimmer am Ende des Ganges, wo Anna und Wassili Shukowski im Kreis der anderen Betreuer speisten. Bestimmt war die Laune dort wesentlich fröhlicher!
    »Dass du dich für Mary einsetzen willst, ehrt dich sehr«, hatte Anna vor dem Essen zu ihr gesagt. »Aber ich halte es für keine gute Idee. Erstens muss jeder Mensch lernen, seine Kämpfe selbst auszufechten, und Mary kann das eigentlich ganz gut. Und zweitens: Woher willst du wissen, dass du ihr wirklich hilfst, wenn du mit deinem Vater sprichst?«
    Olly hatte Anna verständnislos angeschaut. Natürlich half sie Mary, was denn sonst!
    Als sie nun ihrem Vater gegenübersaß, der lustlos an einem Stück Brot kaute, war sie sich allerdings nicht mehr so sicher, ob sie das Thema erneut anschneiden sollte. Der Zar hatte wieder einmal eine seiner Kopfschmerzattacken und hockte blass und erschöpft am Tisch.
    Alexandra saß ihm mit verweinten Augen gegenüber. Im Gegensatz zu ihrem Mann hatte es ihr den Appetit jedoch noch nicht verschlagen, sie ließ sich sogar eine zweite Portion des Hühnerragouts auftragen.
    »Und? Sind alle Vorkehrungen für deine bevorstehende Reise getroffen?«, fragte Nikolaus seinen Sohn ohne echtes Interesse.
    Sascha nickte. »Spätestens in zwei Wochen reise ich ab. Du kannst unbesorgt sein«, fügte er spitz hinzu.
    Adini seufzte. »Wie aufregend! Ich würde dich so gern begleiten, um all die hübschen Prinzessinnen kennenzulernen und dir bei der Brautschau ein wenig über die Schulter schauen, damit du uns nur ja die Richtige mit nach Hause bringst.« Sie kicherte, brach jedoch ab, als sie merkte, dass niemand außer ihr diese Bemerkung witzig fand.
    Olly räusperte sich. Jetzt oder nie – sie hatte es Mary schließlich versprochen.
    »Vater, Mutter – ich weiß, Sie sind diese ewigen Gespräche leid, aber ich mache mir wirklich große Sorgen um Mary, sie wird von Tag zu Tag schmaler und blasser. Glauben Sie nicht, dass es noch eine Möglichkeitgibt, ihr diese Liebesheirat zu erlauben?« Flehentlich schaute sie die Eltern an.
    Mit einem tiefen Seufzer legte ihr Vater sein Brot aus der Hand.
    »Ist ein Problem vom Tisch, wird einem schon das nächste serviert.« Er hatte den Mund zu einer weiteren Bemerkung geöffnet, als Sascha ihm zuvorkam:
    »Liebesheirat hin

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