Die Zarentochter
oder her. Olly, verstehst du denn nicht, es geht einfach nicht an, dass die Schwester des zukünftigen Zaren einen derart niedriggestellten Mann heiratet.«
»Aber dieser Maximilian ist wirklich sehr, sehr nett«, sagte Adini, zog jedoch den Kopf ein, als sie den strafenden Blick ihres Vaters bemerkte.
»Nett, wenn ich das schon höre! Ein Beauharnais kann nicht nett sein. Ich könnte vor Wut platzen, wenn ich daran denke, dass Mary in ihrer Borniertheit Maximilian von Bayern keines zweiten Blickes gewürdigt hat. Das wäre ein Schwiegersohn nach unserem Geschmack!«
Nur mit Mühe verkniff sich Olly eine garstige Bemerkung über den famosen Max. »Aber wenn Mary nun einmal partout nicht aus Russland fortwill? Sie selbst haben uns doch von klein auf gelehrt, unser Russland zu lieben und zu ehren. Mit Beauharnais als Ehemann könnte sie hierbleiben …«
Nikolaus schnaubte. »Wir alle lieben Russland. Gerade deshalb ist es Marys erste Pflicht, Russlands Einfluss außerhalb des Landes zu vermehren. Stattdessen gibt sie sich der fixen Idee hin, sich hier in St. Petersburg niederlassen zu wollen. Was glaubt ihr, welche Unruhe das im Volk erzeugen würde?«
»Unruhe und Unmut«, bestätigte Sascha. »Wenn sie hier in der Stadt bliebe, würde das meiner späteren Regentschaft nur schaden. Wann immer ich eine Entscheidung träfe, die nicht das Wohlwollen aller findet, würde es heißen, ich hätte mir von meiner Schwester reinreden lassen.«
»Wieso das denn?«, fragte Olly entgeistert. »Es wäre doch schön, Mary weiterhin in unserer Mitte zu haben. Würdest du sie gar nicht vermissen, wenn sie wegzieht?« So wie es aussah, konnte Sascha esja kaum erwarten, sie alle loszuwerden und auf den Thron zu kommen.
Sascha schaute Olly an, als wäre sie ein besonders dummes Kind. »Wann verstehst du endlich, dass nicht persönliche Gefühle und Neigungen unser Leben bestimmen dürfen. Einzig die Pflichterfüllung sollte uns leiten. Und Gottes Wort!«
Immer der gleiche Sermon, dachte Olly verärgert bei sich. Das Gespräch verlief bisher ganz und gar nicht in ihrem Sinn.
Der Zar nickte wohlwollend. »Als Marys Gatte würde Max von Leuchtenberg hier in Russland nicht nur zum russischen Glauben übertreten müssen, auch würden all seine zukünftigen Kinder im orthodoxen Glauben getauft und erzogen werden. Ich weiß über den Mann zwar nicht viel Gutes zu sagen, aber er ist gewiss keine Marionette, die alles mit sich machen lässt.«
»Und wenn er sie so sehr liebt, dass er selbst dieses Opfer bringt?«, fragte Olly sanft. »Mutter, warum sagen Sie nichts? Sie haben Vater einst doch auch aus Liebe geheiratet. Sie sind ebenfalls aus Liebe zum orthodoxen Glauben übergetreten. Sie müssten Mary und Max doch verstehen …«
»Euer Vater war und ist meine große Liebe.« Alexandra warf ihrem Gatten einen innigen Blick zu, der jedoch sehr schnell wieder neutral wurde, als sie sagte: »Aber ich hätte ihn auch geheiratet, wenn es nicht so gewesen wäre. Weil es der Wunsch meines Vaters war.« Fahrig strich sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Oje, ich spüre schon wieder dieses Pochen hinter den Schläfen. Meine Nerven! All dieser Hader ist meiner Gesundheit nicht zuträglich. Nikolaus, Liebster, glaubst du nicht auch, ein wenig Distanz täte mir gut? Ein Winter in Berlin bei meinen Schwestern, die Oper, das Ballett, Theateraufführungen – vielleicht würde ich dort ein wenig Ablenkung bekommen.«
»Aber Sie haben doch versprochen, mich mitzunehmen, wenn Sie im Dezember die neue Blindenanstalt im Norden der Stadt einweihen. Da können Sie doch nicht einfach verreisen und –«, rief Olly verzweifelt.
»Sei still«, unterbrach Nikolaus Olly scharf, während er Alexan draeigenhändig einen Schluck Wein zur Beruhigung einschenkte. »Willst du die Nerven deiner Mutter noch vollends ruinieren?«
»Ob ich Mary mitnehmen sollte? Ein bisschen Abwechslung würde ihr vielleicht auch guttun.« Fragend schaute die Zarin ihren Gatten an.
»Aber Mutter, Mary steht doch der Sinn jetzt nicht nach einer Reise, vielmehr –« Olly brach ab, als sie Saschas Tritt an ihrem Schienbein verspürte.
»Dein Verhalten ist unmöglich«, murmelte er, während der Zar die Hand seiner Frau nahm und küsste.
»Das sagt ja gerade der Richtige«, zischte Olly zurück. »Wer ist denn hier heimlich in eine polnische Hofdame verliebt?«
Sie hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, als Sascha seine Serviette auf den Tisch warf und aus dem Raum
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