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Die Zarentochter

Die Zarentochter

Titel: Die Zarentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Dannerhob sie sich, um Max Beaus Aufforderung zum Tanz zu folgen.
    Während Maria den Tänzern sehnsüchtig zuschaute, fielen von Ollys Herzen tausend Steine, als sich der bayerische Max entschuldigte und steif davonging. Alles, bloß nicht mit ihm tanzen müssen.
    Wie sich diese Olga Kalinowski an Sascha schmiegte und ihn mit ihren katzenhaften Augen anfunkelte! Obwohl die Polin nur vier Jahre älter als Olly war, hatten sie kaum miteinander zu tun: Meist war Olga Kalinowski mit Julia von Haucke zusammen, jener weiteren Lieblingshofdame ihrer Mutter. Olly konnte mit den beiden jedoch nicht viel anfangen. Julia von Haucke traute sie seit dem Vorfall mit dem vermeintlich nicht existierenden Zettel nicht mehr über den Weg, und die Kalinowski fand sie einfach nur langweilig. Sascha schien dies allerdings ganz anders zu sehen.
    Olly versetzte Maria neben sich einen kleinen Stoß. »Schau mal, wie Sascha und die Kalinowski zusammen turteln – wenn Mutter das sehen würde!«
    »Liebste Olly, du naives Schaf.« Maria Bariatinski hauchte Olly einen Kuss auf die Wange und flüsterte ihr zu: »In ganz St. Petersburg pfeifen es die Spatzen doch schon von den Dächern, dass unser Zarewitsch ein Auge auf das polnische Waisenkind geworfen hat. Inzwischen werden schon Wetten darauf abgeschlossen, wie weit die Sache gedeihen wird, bevor dein Vater ihr einen Riegel vorschiebt. Sag bloß, du hast davon noch nichts mitbekommen?«

13. KAPITEL
    U nd? Hat sie heute etwas gegessen?« Ollys Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, als sie Julie Baranow, die gerade aus Marys Zimmer trat, abfing. Ein Schwall abgestandene, säuerliche Luft wehte Olly um die Nase. Unwillkürlich wich sie einen Schritt zurück.
    Die Hofdame schüttelte den Kopf. »Blinis, Kaviar, Wachteleier – alles unberührt. Das Kind stirbt am Hunger und am gebrochenen Herzen.«
    Brüsk nahm Olly der Hofdame das Tablett mit Marys Lieblingsspeisen aus der Hand. »Lassen Sie mich mal versuchen!«
    »Mary, schau mal, ein Vögelchen.« Zum wiederholten Male ließ Olly ihre Hand mit einem gefüllten Wachtelei durch die Luft kreisen. Dann wollte sie es in Marys Mund fliegen lassen, wie man es bei kleinen Kindern machte, die schlechte Esser waren. Doch jedes Mal drehte Mary ihren Kopf weg.
    »Lass mich, ich will nichts. Ich will sterben.«
    Olly ließ das Ei sinken. »Wenn du so weitermachst, gelingt dir das auch, Mamas Leibarzt sagte gestern, du hättest schon hochgradige Blutarmut. Aber vielleicht erstickst du auch zuerst.« Sie sprang auf und öffnete eines der Fenster. Sofort kroch nassfeuchte Novemberluft in den Raum und wischte den säuerlichen Geruch weg.
    Olly schlang ihr Tuch enger um die Schultern und wartete darauf, dass Mary sie anfauchte – die Schwester hasste offene Fenster und hatte ständig Angst,sich zu erkälten. Doch inzwischen war Olly fast jedes Mittel recht, um Mary aus ihrer Lethargie zu reißen. Dazu gehörte auch die Nachricht, die sie den ganzen Tag über wie einen Schatz in ihrer Brust gehütet hatte.
    »Stell dir vor, Prinz Bariatinski hat mir geschrieben. Er hat seinen Posten inzwischen erreicht und sich auch schon eingelebt. Aber der Kaukasus sei eine völlig andere Welt als die, die er bisher erlebt hat. Weiter dürfe er dieses Thema nicht ausführen, schreibt er, da man nie wisse, ob eine Nachricht nicht in die Hände Aufständischer falle. Aber das ist ja völlig klar«, fügte sie ein wenig besserwisserisch hinzu – was den Kaukasus anging, wusste sie Bescheid. Schließlich hatte sie in den letzten Wochen jeden Schnipsel an Information aufgesaugt wie ein Schwamm.
    »Iwan Bariatinski … Wie ruhig du über ihn reden kannst. So groß kann deine Liebe nicht gewesen sein.«
    »Was weißt du schon von meiner Liebe! Nur weil ich nicht mit rotgeweinten Augen herumlaufe, heißt das noch lange nicht, dass ich keine Gefühle habe. Es gibt Dinge, die mache ich eben mit mir allein aus«, entgegnete Olly barsch. Dass sie sich noch immer vor lauter Sehnsucht nach Iwan fast jede Nacht in den Schlaf weinte, ging niemanden etwas an.
    Für einen langen Moment schwiegen die Schwestern, eine jede vertieft in ihre Gedanken.
    »Tut mir leid, ich wollte nicht gemein sein«, sagte Mary schließlich und nahm Ollys Hand. »Ich bewundere dich wirklich.«
    Olly lachte traurig. »Ich und bewundernswert? Ich versuche doch nur, so gut es geht damit zu leben, dass das Schicksal Iwan und mich so jäh auseinandergerissen hat.«
    »Das Schicksal! So kann man es auch nennen«,

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