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Die Zauberer 01 - Die Zauberer

Die Zauberer 01 - Die Zauberer

Titel: Die Zauberer 01 - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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anderen Novizen packte er den wenigen Proviant zusammen, den sie dabeihatten, und sie stiegen wieder in die Sättel. Kein Wort wurde gesprochen, als sich der Trupp erneut in Bewegung setzte und der Zitadelle entgegenritt. Ein Trauerzug, dachte Granock unwillkürlich.
    Immer höher ragten die Burgmauern vor ihnen auf, die sich dunkel und drohend gegen den inzwischen blutroten Himmel abzeichneten. Das Kreischen der Harpyen hallte von den Türmen wider und ließ Granock erneut erschaudern. Er fragte sich, ob die anderen Novizen ebenso empfanden wie er, und bedachte Alannah und Aldur mit verstohlenen Blicken, vermochte den Ausdruck in ihren Gesichtern jedoch nicht zu deuten. Elfen verstanden es ungleich besser als Menschen, ihre Gefühle zu verbergen, und Granock wiederum hatte nicht genügend Übung darin, die Fassaden ihrer Mienen zu durchschauen. So fühlte er sich irgendwie allein, während der Trupp das von zwei hohen Türmen gesäumte Haupttor ansteuerte.
    Der Stein des jahrtausendealten Mauerwerks reflektierte das rote Abendlicht, als würde die Zitadelle leuchten. Die Fahnen über den Zinnen, die einst die Farben und das Wappen Tirgas Lans geziert hatten, flatterten trostlos im Wind. Und über allem hing der grauenvolle Odem der Verwesung ... Granock nahm seinen Umhang und schlang ihn sich so um die Brust, dass er gleichzeitig auch seine untere Gesichtspartie bedeckte, aber der Gestank war dennoch so durchdringend, dass der Magen des Novizen grummelte. Ob es seinen elfischen Kameraden ebenso erging, war unmöglich festzustellen, denn noch immer waren ihre Gesichter unbewegte Masken. Der Blick ihrer Augen jedoch, das fiel Granock jetzt auf, war nicht mehr kühl und gelassen wie zuvor, sondern von Entsetzen gezeichnet!
    Und das aus gutem Grund ...
    Das diesseitige Tor der Festung, deren Mauern an den Flanken direkt in jene des Cethad Mavur übergingen, stand offen, und die Zugbrücke, die über den schmalen, aber tiefen Graben führte, war heruntergelassen. Doch das war es nicht, was die Aufmerksamkeit der Ankömmlinge in Beschlag nahm, sondern die Pfähle, die vor der Brücke zu beiden Seiten in den trockenen Boden gerammt worden waren - und auf denen die sterblichen Überreste von Soldaten aufgespießt waren.
    Dass es Elfen gewesen waren, war nur noch an den Kettenhemden und den Stofffetzen in den Farben der königlichen Armee zu erkennen. Das Fleisch befand sich wegen der Hitze, die am Tage herrschte, im Zustand fortgeschrittener Verwesung, und dazwischen lugten teils abgenagte bleiche Knochen hervor. Am grässlichsten jedoch waren die Schädel anzusehen, denen Krähen die Augäpfel ausgepickt hatten und die den Besuchern in stiller Anklage entgegen starrten, während langes, blutverklebtes Haar im Wind flatterte.
    Alannah ließ ein leises Stöhnen vernehmen und schlug die Hand vors Gesicht. »Ruhig, ganz ruhig«, sagte Cethegar beruhigend und dirigierte sein Pferd über die Zugbrücke.
    Die schweren Holzbohlen dröhnten dumpf unter den Huftritten, und Granock befürchtete schon, die aufgespießten Leichen würden die Häupter heben und sich über die Störung ihrer Ruhe beklagen. Aber nichts dergleichen geschah, und so lenkte auch der Rest des Trupps die Tiere durch das grausige Spalier, über die Brücke und durch das offen stehende Tor.
    Im Burghof fanden sie noch mehr Leichen. Sie übersäten den Boden, viele von ihnen grausig entstellt und die wenigsten am Stück. Granock sah sie in grotesker Verrenkung im Sand liegen, die Münder oft zu lautlosen Schreien aufgerissen.
    Was immer der Besatzung der Zitadelle widerfahren war, es musste mit derartiger Gewalt über sie hereingebrochen sein, dass ihnen kaum die Möglichkeit zur Gegenwehr geblieben war. Denn wohin er auch blickte, sah er nur tote Elfen, jedoch keinen einzigen der geheimnisvollen Angreifer am Boden liegen.
    Waren bei dem Angriff tatsächlich übernatürliche Kräfte zum Einsatz gekommen?
    Obwohl der Anblick grauenvoll und der Gestank betäubend war, kannte Cethegar keine Nachsicht. Unbarmherzig befahl er seinen Begleitern, aus den Sätteln zu steigen und sich in der Burg umzusehen, ob es irgendwo einen Hinweis gab, der Rückschlüsse auf die Identität des Feindes zuließ. Mit höchst gemischten Gefühlen glitt Granock vom Rücken seines Gauls und schloss sich Aldur an. Beide sollten sie den großen Turm erkunden, der sich inmitten der Mauern erhob und wohl die Kommandantur beherbergt hatte. Alannah blieb bei ihrem Meister, Farawyn und Riwanon

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