Die Zauberer 01 - Die Zauberer
verdrängt, den du als Schamane des bolboug innehattest. Ich könnte mir vorstellen, dass man dir im Dorf seither mit Missachtung und Spott begegnet, und das konntest du natürlich nicht auf dir sitzen lassen. Und in der geistigen Beschränktheit, die deinesgleichen nun einmal zu eigen ist, wolltest du mich aus dem Weg räumen, damit alles wieder so wird wie früher. Ist es nicht so?« »A-a-aber nein!«, schnappte Rambok, die gelben Augen entsetzt geweitet. Konnte der Elf etwa seine Gedanken lesen? »So war es nicht, glaubt mir! Eure erste Vermutung war richtig - Borgas hat mich geschickt, um Euch auszuspionieren!«
»Borgas?«
»Korr.«
»Nachdem er mir Gefolgschaft geschworen hat?«
»Korr.« Rambok nickte. »Mit der Treue eines Orks ist es nicht allzu weit her, das solltet Ihr wissen.«
»Das ist wahr«, räumte der Zauberer ein. »Mit der Wahrheitsliebe deinesgleichen allerdings auch nicht. Wie soll ich also wissen, ob du mich belügst oder nicht?«
»Gar nicht.« Ein entschuldigendes Grinsen dehnte Ramboks Züge in die Breite. »Ihr werdet mir also vertrauen müssen.«
»Das muss ich keineswegs«, berichtigte Rurak. »Es gibt Mittel und Wege, durchtriebene Kreaturen wie dich dazu zu bringen, dass sie die Wahrheit sagen. Leutnant?«
»Ja, Meister?« Einer der anderen Vermummten, die offenbar keine Zauberer waren, sondern Soldaten, trat vor.
»Ich will, dass Ihr ihn in den Wald führt«, sagte Rurak auf Orkisch, damit Rambok alles verstand. »Sucht Euch zwei junge Weiden, biegt sie nach unten und nehmt Stricke, um sie am Boden zu halten. Dann bindet jedes seiner Beine an einem Baumwipfel fest. Gebt ihm eine Stunde, das Maul aufzumachen und zu reden. Wenn er danach nicht geplaudert hat, schneidet die Stricke durch.«
»Verstanden, Meister.«
»A-aber dann gibt es mich ja zweimal«, konstatierte Rambok entsetzt. »Ganz recht.« Rurak nickte. »Die Kraft der Bäume wird deinen dürren Körper in zwei Hälften reißen und deine Eingeweide über den halben Wald verstreuen. Die Aasfresser werden ihre Freude daran haben - falls sie dein stinkender Kadaver überhaupt interessiert.«
»Nein, nicht!«, schrie der Schamane entsetzt und quiekte wie ein Ferkel, als ihn die Vermummten abführen wollten. »Das dürft Ihr nicht tun!« »Mein unbedarfter Freund«, sagte Rurak mit unelfischem Grinsen. »Wer sollte mich daran hindern? Dein Häuptling hat dir seine Gunst entzogen, und es wird dich nicht überraschen, wenn auch ich dir nicht mehr besonders freundlich gesonnen bin.«
»Aber«, wandte Rambok mit rollenden Augen ein und suchte verzweifelt nach einem Grund, warum er nicht in zwei Hälften gerissen werden durfte, »ich könnte Euch vielleicht noch nützlich sein!«
»Eine Made wie du? Unwahrscheinlich.«
»Ich gebiete über die Macht der Knochen«, erklärte Rambok, »und ich kann die Geister der Ahnen anrufen. Kurul selbst hat mir die Fähigkeit dazu verliehen!«
»Was du nicht sagst«, bemerkte Rurak gelangweilt.
»Allerdings. Im Grunde«, führte der Schamane in seiner Not weiter aus, »bin ich ein Zauberer wie Ihr.«
»Ein Zauberer wie ich, sagst du?« Erstmals schien Ruraks Aufmerksamkeit geweckt.
»Korr, so ist es«, beteuerte Rambok, während er sich hilflos im Griff seiner Bewacher wand. »Seht nur die Talismane vor meiner Brust! Jeder einzelne davon macht mich mächtig und .,.«
»Ein Zauberer also ...«, murmelte Rurak, und es war unmöglich festzustellen, was auf einmal hinter den blassen Gesichtszügen und den schmalen, verkniffenen Augen vor sich ging.
»Korr«, bestätigte Rambok eifrig nickend, um ein wenig hoffnungsvoll hinzuzufügen: »Ändert das irgendetwas zwischen uns?«
Rurak ließ sich mit der Antwort Zeit. Eine Weile lang musterte er den Ork von Kopf bis Fuß, während er ein Argument gegen das andere abzuwägen schien. »Ich denke schon«, sagte er dann zu Ramboks unendlicher Erleichterung. »Lasst ihn los!«, wies er seine Leute an. »Dann fesselt ihn und richtet ihn her.«
»M-mich herrichten?«, fragte Rambok bestürzt. »Wofür?«
»Das wirst du schon sehen«, beschied ihm Rurak mit einem Grinsen, das dem Ork nicht recht gefallen wollte. »Wir beide werden eine Reise machen, mein Freund ...«
13. CODANA'Y'ARUN
Sie folgten den Spuren der Wildmenschen.
Nach zweitägigem Marsch hatten sie das karge Grenzland weit hinter sich gelassen, und der schier undurchdringliche dampfende Dschungel Aruns hatte sie in sich aufgenommen wie der Magen einer alles verzehrenden Bestie.
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