Die Zauberer 01 - Die Zauberer
seinem Bein empor bis zum Knie.
Alannah schleuderte einen Eisspeer, der jedoch wiederum an der Panzerung abprallte; auf die ungepanzerte Kopipartie zu zielen, war Alannah nicht möglich, ohne Cethegar zu gefährden.
Der Zauberer erlitt grässliche Qualen. Sein Gesicht war schmerzverzerrt, und er schrie wie von Sinnen. Im nächsten Augenblick durchtrennten die Zähne des Untiers Fleisch, Sehnen und Knochen, und wo eben noch das rechte Bein des Zauberers gewesen war, gab es plötzlich nur noch einen blutigen Stumpf, aus dem schwallweise Blut pulste, während der Fuß und der Unterschenkel im Inneren der gefräßigen Kreatur verschwunden waren.
»Neeein!«, brüllte Alannah außer sich und wollte zu ihrem Meister eilen, Farawyn jedoch hielt sie zurück.
»Riwanon, hilf mir!«, brüllte er und brachte einen tarthan auf den Weg, der den Tausendfüßler seitlich traf. Obwohl Farawyn nicht gelang, was er beabsichtigt hatte, war klar ersichtlich, worauf er hinauswollte, und Riwanon unterstützte seine Bemühungen: Der nächste Gedankenstoß, der das Monstrum traf, erwischte es mit derartiger Wucht, dass es von seinen unzähligen Beinen gerissen wurde und umkippte. Für einen Moment lag es sich windend und ringelnd am Boden und bot seine ungepanzerte Unterseite dar.
»Aldur! Jetzt!«, befahl Farawyn - und der junge Elf, der darauf nur gewartet hatte, warf zwei Flammenspeere, die in die Bauchseite des Tausendfüßlers fuhren und ihn mit feuriger Glut verzehrten. Rauch drang zwischen den Ringsegmenten hervor, während sich die Kreatur zuckend hin und her warf und schließlich verendete.
Farawyn, Riwanon und die Novizen waren inzwischen längst zu Cethegar geeilt, der sich am Boden wand, sein rechtes Bein ein blutender Stumpf. »Bei allen Mächten des Lichts!«, entfuhr es Alannah, als sie die grauenvolle Verwundung sah und das Blut, das den Boden tränkte. Sie sprach es nicht aus, aber es war klar, was ihr durch den Kopf ging - nämlich genau das, was auch Granock und Aldur in diesem Moment dachten: dass Cethegar verloren war. Zu Hause in Shakara, wo es Heiler gab und die Macht der Kristalle stark war, konnte man eine Wunde wie diese vielleicht versiegeln und so die Blutung stoppen. Doch auch dann wäre Cethegar fürs Leben gezeichnet gewesen, und hier draußen, inmitten des tiefen Dschungels, sah es für sein Überleben sehr düster aus. Riwanon und Farawyn würden alles versuchen, ihn zu retten, gewiss, aber er würde dennoch sterben, und es würde ein langsames, grausames Dahinsiechen werden ...
»Cethegar! Vater, könnt Ihr mich hören?«, fragte Riwanon, die an seiner Seite auf die Knie gesunken war, ungeachtet des Blutes, das den Boden tränkte. Der ältere Zauberer starrte sie aus weit aufgerissenen Augen an, aber er erwiderte nichts. Sein Körper zuckte, seine Zähne waren fest aufeinander gepresst. »Vater, ich bin es, Riwanon! Könnt Ihr mich verstehen?«
Er antwortete noch immer nicht, aber er nickte krampfhaft. »Sorgt Euch nicht, Vater«, fuhr Riwanon fort und senkte ihren Zauberstab, in dessen ovales Ende ein funkelnder Kristall eingesetzt war. Sie wollte die Wunde mit dem Kristall berühren, aber es gelang ihr nicht, weil Cethegar in immer unkontrolliertere Zuckungen verfiel.
»Festhalten!«, rief sie, worauf Farawyn, Granock und schließlich auch Aldur beherzt zupackten und den Zauberer am Boden hielten, sodass Riwanon ihrer Arbeit nachgehen konnte. Der Kristall an der Spitze ihres Stabes leuchtete auf, und als sie den blutigen Stumpf damit berührte, schloss sich die durchtrennte Schlagader, und der Blutschwall verebbte von einem Augenblick zum anderen. Und das war noch nicht alles. Riwanon führte das Ende ihres Stabs über den entsetzlich anzusehenden Stumpf, aus dem zerfetztes Fleisch und zersplitterte Knochen ragten - und Granock traute seinen Augen nicht, als er sah, wie sich die Wunde mit atemberaubender Geschwindigkeit schloss.
In den Menschenstädten hatte Granock Kriegsveteranen gesehen, die im Kampf Gliedmaßen verloren hatten: Ihre vernarbten Stümpfe hatten ebenso ausgesehen wie der Cethegars, mit dem bemerkenswerten Unterschied, dass bei ihnen Jahre, wenn nicht Jahrzehnte seit ihrer Verwundung verstrichen waren und im Fall des Zauberers nur Augenblicke. Granock konnte nicht anders, als Riwanon mit einer Mischung aus Bewunderung und Bestürzung anzustarren.
Aber nicht nur er war höchst beeindruckt, auch Aldur sah seine Meisterin plötzlich mit anderen Augen. »D-das ist unfassbar«,
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