Die Zauberer 01 - Die Zauberer
ließ ihn nicht ausreden. »Bruder Palgyr hat recht. Wenn du ihn oder irgendjemanden sonst in diesem Kreis derart schwer beschuldigst, musst du deine Behauptungen mit Beweisen untermauern können. Bist du dazu in der Lage?«
Man konnte sehen, wie Farawyns Kieferknochen mahlten. In seinen Augen blitzte Widerstand. »Nein«, gestand er dann, »das kann ich nicht. Noch nicht.«
»So erteile ich dir einen verschärften Tadel wegen übler Nachrede - zum zweiten Mal in Folge. Dir ist bekannt, dass bei drei Verfehlungen dein Ausschluss aus dem Hohen Rat beantragt werden kann.«
»Ja.« Farawyn nickte. »Aber das bedeutet nicht, dass ich in Zukunft schweigen werde.«
»Habt ihr gehört?«, fragte ein anderes Mitglied des rechten Flügels laut. »Er stellt die Autorität des Ältesten infrage!«
»Das tut er nicht«, widersprach eine Zauberin, deren Schönheit nahezu blendend war. »Du drehst Farawyn das Wort im Mund herum, Bruder Sgruthgan.«
»Und du hörst offenbar nicht aufmerksam genug zu, Schwester Riwanon«, konterte der Angesprochene. »Oder sollte sich der gute Farawyn in deinen Netzen verfangen haben? Jeder von uns weiß, wie gut du sie zu spinnen vermagst...«
»Schweig, Bruder Sgruthgan!«, rief Semias, noch ehe die Zauberin etwas erwidern konnte. »Auch dir erteile ich hiermit eine Rüge wegen übler Nachrede und werde ...«
»Und wenn er seine Behauptung beweisen kann?«, fragte Palgyr dazwischen. Semias starrte zuerst Palgyr, dann Sgruthgan ungläubig an. »Du kannst beweisen, dass Bruder Farawyn und Schwester Riwanon eine Verbindung eingegangen sind?« Er sog scharf die Luft ein. Dann aber schüttelte er den Kopf. »Nun, ich glaube nicht, dass dies für den Rat von Interesse ...« »Auch dann nicht, wenn es dabei um eine Verschwörung gegen den Hohen Rat und seine Mitglieder geht?«, unterbrach ihn Palgyr, und das zufriedene Lächeln in seinem von Falten zerfurchten Gesicht belegte, dass er jedes seiner Worte genoss.
Ein Raunen ging durch die Reihen der Ratsmitglieder.
»Elender Lügner!«, rief Farawyn und konnte von seinen Vertrauten nur mit Mühe davon abgehalten werden, auf die andere Seite der Halle zu stürmen, um sich auf Palgyr zu stürzen.
»Ein Lügner ist nur derjenige, der die Unwahrheit sagt«, konterte Palgyr. »Ich jedoch kann meine Behauptung beweisen, deshalb wiederhole ich sie laut und für jeden vernehmlich: Ich sage, dass sich Bruder Farawyn und Schwester Riwanon heimlich verbündet haben mit dem erklärten Ziel, die bestehende Ordnung unserer Gemeinschaft außer Kraft zu setzen und den Orden nachhaltig zu schwächen!«
»Warum sollten sie so etwas tun wollen?«, fragte Semias erschüttert. »Sagtest du nicht eben selbst, Bruder Farawyn wolle die Position des Ordens stärken?« In Palgyrs Augen funkelte es, als er antwortete: »Ich bin sicher, er will uns mit seiner List weismachen, dass unsere alten Regeln und Traditionen nicht mehr ausreichen würden und wir neue Gesetze bräuchten. Er will uns dadurch alle in Zugzwang bringen. Das wäre doch durchaus möglich, oder etwa nicht, Schwestern und Brüder?«
Diesmal war nicht nur dumpfes Gemurmel zu hören - Tumult brach aus. Auch wenn Palgyr es nicht beim Namen genannt hatte, der Vorwurf des Hochverrats stand im Raum. Heftige Debatten brachen aus, die sich beileibe nicht nur auf die beiden unterschiedlichen Lager begrenzten; selbst die Angehörigen derselben Partei waren geteilter Meinung. Der Riss ging quer durch den Rat, wie Palgyr zufrieden feststellte.
Es dauerte lange, bis es Semias gelang, wieder einigermaßen für Ruhe zu sorgen. In jüngerer Zeit hatte es kaum eine Ratssitzung gegeben, in deren Verlauf es nicht zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen wäre; an einen Aufruhr wie diesen jedoch konnten sich selbst die ältesten Ratsmitglieder kaum erinnern ...
»Wir alle kennen nun deine Meinung, Bruder Palgyr«, sagte Semias, nachdem sich die Gemüter wieder etwas beruhigt hatten. »Nun verrate uns endlich, welche Beweise du für die angebliche Verschwörung von Bruder Farawyn und Schwester Riwanon vorlegen kannst. Und ich würde dir raten, deine Worte mit Bedacht zu wählen, denn du bewegst dich auf sehr dünnem Eis.« »Dessen bin ich mir bewusst, ehrwürdiger Vorsitzender«, erwiderte Palgyr elegant, »zumal es gegen deinen besten Schüler geht, nicht wahr?« »Ich sagte dir schon, dass das eine nichts mit dem anderen zu tun hat«, verteidigte sich Semias, zu Palgyrs Entzücken und seinem eigenen Ärgernis; Palgyr
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