Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
Waldelfen aus den nördlichen Hainen, die jeden Baum und jeden Stein in Trowna kannten - vor der Barbarei des Feindes hatte ihre Ortskenntnis sie jedoch nicht retten können.
Die Unholde hatten ihnen die Köpfe abgeschlagen und sie danach wieder auf ihre Pferde gesetzt. Derbe Stricke, mit denen sie an Steigbügeln und Sattelknäufen festgebunden waren, hinderten die Leichen daran, aus den Sätteln zu kippen. Noch grausiger jedoch war die Staffage, die man ihnen in die Hände gegeben hatte, denn jeder der kopflosen Reiter hielt eine Lanze, auf deren Spitze das dazugehörige Haupt steckte.
Es war ein bizarrer Anblick, der seine Wirkung nicht verfehlte. Überall auf den umliegenden Türmen und Mauern waren Schreie zu vernehmen, manche aus Empörung, die meisten vor Entsetzen. Da das Fallgitter herabgelassen und das Tor verschlossen war, hielten die Pferde in ihrem ohnehin zögerlichen Lauf inne und begannen, auf der Wiese vor der Mauer zu grasen - ein seltsam friedliches Bild, das in krassem Gegensatz zu der grässlichen Last stand, die die Tiere trugen.
»Das Licht des Annun stehe uns bei«, flüsterte Farawyn. Der Älteste hatte viel gesehen, aber der Anblick der Gefallenen, die auf solch schreckliche Weise geschändet worden waren, erschütterte selbst ihn, und er hatte Mühe, die Tränen zurückzuhalten. Auch die anderen beiden Zauberer waren sichtlich erschüttert. General Irgon hatte die Fäuste geballt und flüsterte lautlose Verwünschungen, Caia hatte ihr Gesicht an Elidors Schulter vergraben.
»Bei allen Herrschern der Goldenen Zeit«, flüsterte der König. »Mit was für einem Feind haben wir es hier nur zu tun?«
»Mit einem, der keine Gnade kennt, Majestät«, antwortete Farawyn tonlos. »Sollte jemand daran noch einen Zweifel gehegt haben, wurde er nun eines Besseren belehrt.«
»Wir wollen hinausgehen und die Unglücklichen hereinholen«, schlug Elidor vor, »um ihnen wenigstens im Tode die Ehre zukommen zu lassen, die ihnen im Leben nicht widerfuhr.«
»Nein«, lehnte Farawyn ab. »Das Tor darf nicht geöffnet werden, Hoheit. Womöglich ist es genau das, was der Feind von uns erwartet.«
»Aber ...« Der König rang nicht nur nach Worten, sondern auch mit den Tränen. »Es muss doch irgendetwas geben, das wir ...«
Der Älteste von Shakara schüttelte den Kopf, und Elidor widersprach nicht. Ihre Sorge hatte nicht den Toten zu gelten, sondern den Lebenden.
»Was wird nun geschehen?«, erkundigte sich Caia tonlos.
»Rambok?«, gab Farawyn die Frage an den Ork weiter, der ein Stück abseits im Schatten einer Zinne kauerte und das Eintreffen seiner Artgenossen nicht weniger zu fürchten schien als jeder Elf in Tirgas Lan.
»Iomash achgal«, erklärte er in seiner eigenen Sprache, ehe er ins elfische Idiom wechselte, das er nur brüchig beherrschte. »Wollen Angst zu machen. Krieger ohne Mut nicht kämpfen, das wissen. Verbreiten Schrecken, noch ehe hier.«
»Und wann werden sie eintreffen?«
Der Ork legte den Kopf in den Nacken, hielt den Rüssel in den Wind und schnüffelte. »Bald«, entgegnete er rätselhaft. »Bei Anbruch von Tag. Dann Blut fließen ...«
»Wir werden ihnen einen Empfang bereiten, den sie so rasch nicht vergessen werden«, kündigte General Irgon grimmig an. »Wer auch immer sich auf dieser Lichtung zeigt, wird von einem Elfenpfeil durchbohrt werden.«
Farawyn widersprach nicht, wenngleich er Zweifel hegte. Auch er nahm an, dass die feindliche Streitmacht spätestens im Morgengrauen die Hauptstadt des Elfenreichs erreichen würde. Dann würde die letzte Schlacht um das Schicksal Erdwelts unter denkbar schlechten Voraussetzungen beginnen.
Ein Wunder hatte der Älteste von Shakara herbeigesehnt.
Oder wenigstens die Illusion davon.
7. TWAILUTHAN
Seine »dunkle Königin« hatte Aldur-Rothgan sie genannt, und Granock hatte nicht lange gebraucht, um dahinterzukommen, weshalb dies so war.
Die Dunkelzwerge hatten ihn in ein fensterloses, nur vom Schein einer Esse beleuchtetes Gewölbe geführt, wo sie ihn seiner Kleidung beraubt und ihm Fußschellen angelegt hatten. Sodann hatten sie ihn mittels eines sorgsam konstruierten Flaschenzugs mit den Füßen voran zur Gewölbedecke hinaufgezogen, sodass er dort hing wie ein Tier, das man erlegt und an den Hinterläufen aufgehängt hatte.
Alannah - oder vielmehr die seelenlose Hülle, zu der die Elfin verkommen zu sein schien - hatte dem Treiben ihrer Schergen wortlos beigewohnt. Weder hatte sie den Versuch
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