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Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer

Titel: Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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innere Mitte zu finden und den Schmerz daran zu hindern, von ihm Besitz zu ergreifen, aber auch dazu war er nicht mehr in der Lage.
    »Verdammt!«, rief er aus und ballte wütend die nach unten hängenden Fäuste, was Alannah ein Grinsen entlockte - das Zerrbild jenes wunderbaren Lächelns, das ihn einst an ihr so verzaubert hatte. »Was soll das?«, brüllte er. »Ich werde euch nichts verraten, gleich was ihr mir antut!«
    »Ich weiß«, beschied sie ihm knapp.
    »Du weißt es? Warum quälst du mich dann?«
    »Um dich zu bestrafen.«
    »Warum?«
    »Weil der Gebieter es so verlangt«, lautete die ebenso knappe wie erschöpfende Antwort.
    »Dein Gebieter?«, stieß Granock hervor. »Wer soll das sein? Margok? Oder Rothgan?«
    Als Antwort brachte sie ihm eine zweite Brandwunde bei, dicht neben der ersten. Granock hatte das Gefühl, als vergingen ihm alle Sinne vor Schmerz, aber zu seinem eigenen Entsetzen blieb er bei Bewusstsein. Sie schien sehr genau zu wissen, was sie tat. Offenbar hatte sie einige Übung darin.
    »Es steht dir nicht zu, den Namen des Dunkelelfen auszusprechen«, beschied sie ihm ruhig.
    »Ach nein?« Wieder lachte er auf. »Was willst du tun? Mich weiter foltern?«
    Diesmal berührte ihn das Gluteisen am linken Oberarm. Es zischte, und der Gestank von verbranntem Blut kroch in Granocks Nase und verursachte ihm Übelkeit. Sein Pulsschlag beschleunigte sich, und kalter Schweiß trat ihm auf die Stirn, und schließlich verlor er auch die Kontrolle über seine Furcht. Wie ein wucherndes Geschwür breitete sie sich in ihm aus und drohte ihn zu verschlingen, und als sich das Eisen zum vierten Mal in sein Fleisch fraß, riss sie ihn hinfort.
     
    Es war früher Morgen.
    Zaghaft, so als fürchte sie sich, auf den neuen Tag herabzublicken, war die Sonne heraufgezogen und tauchte den östlichen Horizont in blutrote Farbe, was von den Schamanen der westlichen Stämme als gutes und vielversprechendes Omen gewertet wurde.
    Die ganze Nacht über waren sie marschiert. Weder Dunkelheit noch Kälte hatten sie aufhalten können. Unermüdlich waren sie dem Klang der Kriegstrommeln gefolgt, getrieben von ihrer Gier nach Blut und Beute, und als endlich das erste Tageslicht durch die dichten Blätterkronen drang, hatte sich ihre Kampfeslust bereits in einen wilden Rausch gesteigert. Trotz des anstrengenden Marsches, der hinter ihnen lag, beschleunigten sich ihre Schritte.
    Der Rhythmus der Trommeln steigerte sich, von wilden, unmenschlichen Schreien begleitet, und als die Orks endlich den Waldrand erreichten und die weißen Mauern und Türme von Tirgas Lan vor sich aufragen sahen, da entlud sich ihre nur mühsam zurückgehaltene Zerstörungswut in markerschütterndem Gebrüll, das die kalte Morgenluft erbeben ließ. Das Heer des Bösen hatte die Hauptstadt des Elfenreichs erreicht!
    Die Unholde jubelten.
    Zu Hunderten stürmten sie aus dem Wald und auf die Lichtung, die sich um die strahlend weiße Stadt zog. Im Nu hatten sie einen weiten Halbkreis gebildet, der sich von Westen her wie eine riesige Klaue um den Mauerkreis legte und ihn zerquetschen zu wollen schien. Heulend und brüllend rannten sie, die Hauer gefletscht, ihre Äxte und Kampfspieße schwenkend, getrieben vom nunmehr hämmernden Stakkato der Trommeln und begleitet vom Klirren ihrer Kettenhemden und Rüstungen.
    Die wenigsten von ihnen hatten je die Modermark verlassen; die dunklen Höhlen, die trostlosen Sumpfgebiete und die tiefen Wälder von Düsterland waren alles, das ihre eitrigen, blutunterlaufenen Augen je gesehen hatten, und alles, was sich jenseits der schroffen Gipfel des Schwarzgebirges befand, war für sie kaum mehr gewesen als eine ferne, unwirkliche Ahnung. Als sie jedoch in diesem Augenblick die Schönheit Tirgas Lans erblickten, das strahlende Weiß der Mauern, die wunderbare Regelmäßigkeit der Architektur und die Kühnheit, mit der sich unzählige Türme in den Morgenhimmel reckten, da begriffen sie, dass man ihnen all dies vorenthalten hatte, und ihre Lust darauf, es zu vernichten, es in Rauch und Trümmer zu legen und das makellose Weiß mit schreiend rotem Blut zu beflecken, steigerte sich ins Unermessliche.
    Und dies umso mehr, da die Türme und Wehrgänge der Stadt nicht besetzt zu sein schienen!
    Wohin die Verteidiger der Stadt verschwunden sein mochten, darüber dachten die Orks nicht nach. Ohnehin war Denken nicht ihre Stärke, zumal, wenn sie in saobh, den berüchtigten Blutrausch, verfallen waren. Alles, was ihre auf

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