Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
Osten vorgedrungen waren, bedeutete dies, dass sie Tirgas Lan bereits nahezu eingeschlossen haben mussten, und diese Aussicht war beängstigend.
»Also war General Lavans Vermutung richtig«, folgerte Alai, einer aus seiner Schar. »Der Feind hat die Abwesenheit der Ersten Legion genutzt, um Tirgas Lan einzukesseln. Es wird schwer sein, den Gürtel der Belagerer zu durchdringen.«
»Dennoch müssen wir es versuchen - oder die Königsstadt ist verloren«, entgegnete Iomer grimmig. Mit einem Wink seiner behandschuhten Rechten bedeutete er seinen Leuten, ihm zu folgen, und so anmutig und natürlich, als wären sie selbst ein Teil des Waldes, huschten die acht Späher weiter durch das Unterholz, wobei ihre ledernen Stiefel nicht den leisesten Laut verursachten.
Weit brauchten sie nicht zu gehen.
Das Stampfen und Zetern verstärkte sich, und das feindselige Grunzen gesellte sich hinzu, das Elfenohren als die orkische Sprache wahrzunehmen pflegten. Iomer fühlte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte. Ihm war klar, dass auch der kleinste Fehler oder die geringste Unaufmerksamkeit ihre Entdeckung bedeuten konnte. Und wenn das geschah, würden sie nicht nur einen grausamen Tod sterben, sondern der Feind würde auch vom Herannahen der Ersten Legion erfahren ...
Mit einem weiteren Handzeichen bedeutete Iomer seinen Leuten, zurückzubleiben. Nur Alai nickte er zu, und sie nahmen ihre Bogen auf den Rücken und ließen sich nieder. Dann drangen sie vorsichtig weiter vor. Unter großen Farnblättern hindurch glitten sie über das nasskalte Moos und näherten sich dem Feind - und endlich konnten sie ihn sehen.
Es waren Unholde, Massen von ihnen, die sich auf einer künstlich gerodeten Lichtung versammelt hatten. Grün und fett fläzten sie auf achtlos getöteten Bäumen, unterhielten sich mit ihren grunzenden Lauten und lachten dabei laut und derb. Da noch nicht allzu viel Unrat am Boden verstreut lag, nahm Iomer an, dass sie noch nicht allzu lange hier lagerten. Vermutlich sammelten sie sich und hatten noch keinen Angriffsbefehl erhalten, aber mit jedem Augenblick schienen es mehr von ihnen zu werden.
Iomer und sein Begleiter wechselten einen düsteren Blick. Wenn General Lavan angreifen und den Kordon der Belagerer durchbrechen wollte, musste er es rasch tun, so bald wie möglich ...
So lautlos, wie sie sich angeschlichen hatten, zogen sie sich wieder ins Unterholz zurück. Sie hatten genug gesehen. Die hohen Türme von Tirgas Lan, die jenseits des feindlichen Lagers wie eine Verheißung über die Baumwipfel spähten, waren plötzlich in unerreichbare Ferne gerückt.
Die beiden Späher schlossen zu ihren Kameraden auf, und gemeinsam zogen sie sich weiter zurück, um Lavan Bericht zu erstatten, Iomer zweifelte nicht daran, dass sich der General zu einem raschen Vorstoß entscheiden würde, so lange noch Zeit dazu war. Jedenfalls war es das, wozu er dem Befehlshaber der Ersten Legion raten würde.
Je weiter sich die Waldelfen vom Lager der Orks entfernten, desto rascher kamen sie voran. Schließlich beschleunigten sie ihre Schritte und begannen zu laufen, wobei ihre Füße den Boden kaum zu berühren schienen. Sich lautlos fortzubewegen, im Fluss der Natur, wie es unter ihresgleichen hieß, bereitete den in Trownas Hainen Geborenen keine Schwierigkeit, weswegen sie häufig in Spähtrupps dienten. Es war eine wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe und obendrein sehr gefährlich, denn längst nicht alle Kundschafter, die ausgeschickt wurden, kehrten auch wohlbehalten zurück...
Nachdem sie ein gutes Stück zurückgelegt hatten, blieb Alai, der die Vorhut bildete, unvermittelt stehen. »Hört ihr das auch?«, flüsterte er.
Der gesamte Trupp verharrte, Iomer und die anderen lauschten angestrengt. Nichts.
Nicht das leiseste Geräusch ...
»Wir müssten die vorderste Abteilung längst erreicht haben oder sie zumindest hören können«, stellte Nial fest, ein weiterer von Iomers Männern.
Der Anführer des Spähtrupps nahm den Bogen von der Schulter und legte mit einer geübten Bewegung einen Pfeil auf. Er wartete, bis seine Leute es ihm gleichgetan hatten, dann bedeutete er ihnen, ihm zu folgen. Vorbei an knorrigen Eichen und einigen Felsen erreichten sie die Straße, die sich östlich der Waldelfenhaine durch Trowna wand. Im fahlen Tageslicht, das durch das spärliche Blätterdach fiel, lag die erste Biegung vor ihnen.
Spätestens hier, so hoffte Iomer, würden sie auf Wachtposten stoßen ...
»Rhyth«, hauchte er
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