Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
lebende Geschosse entgegen; Gesteinsbrocken schlugen in die Reihen der Angreifer und zerschmetterten sie. Doch all diese Maßnahmen, all die Unholde, die grausame Tode starben, waren nur Tropfen auf einem fast glühenden Stein, und Farawyn wünschte sich sehnlich, Aldur, Alannah und Granock an seiner Seite zu haben, deren reghai in diesem Augenblick von unschätzbarem Wert gewesen wären. Aber sie waren nicht hier. Tirgas Lan musste mit dem auskommen, was es hatte - jedenfalls so lange, bis die Königslegion eintraf.
Inzwischen hatten die ersten Orks die Mauer erreicht und versuchten, ihre Leitern anzulegen - ein mörderisches Unterfangen. Die Ersten gingen in einem Hagel von Pfeilen und Steinen nieder, die nächsten wurden von Gedankenstößen erfasst und in hohem Bogen davongeschleudert. Dann jedoch gelang es einigen, und sie machten sich daran, die Mauern Tirgas Lans zu erklimmen.
Am westlichen Mauerabschnitt wurden erneut Kessel mit Pech ausgeschüttet, das sich über die Unholde ergoss. Die Orks schrien entsetzlich, als die glühend heiße Flüssigkeit sie erfasste und in die Tiefe riss. Einige brachen sich beim Aufprall das Genick, andere versuchten noch, auf allen vieren fortzukriechen. Aber die Feuersbrunst, die schon im nächsten Moment über sie hereinbrach und am Fuß der Mauer ein flammendes Inferno entfesselte, holte sie ein und verzehrte sie.
Dunkler Rauch quoll empor und hüllte die Wehrgänge ein, und der beißende Gestank von Teer und verbranntem Fleisch tränkte die kalte Herbstluft. Die grausame Wirklichkeit des Krieges hatte die weißen Mauern von Tirgas Lan erreicht, und während Farawyn einen tarthan übte, um eine Leiter umzustoßen, wurde ihm schmerzlich bewusst, dass sie sich den Feind nicht ewig vom Leib halten konnten. Egal, wie viele Orks sie töteten - irgendwann würde ihre ungeheure Anzahl dafür sorgen, dass sie die Mauern überwanden, und wenn das geschah, war Tirgas Lan dem Untergang geweiht.
Alles, was sie tun konnten, war weiterkämpfen und durchhalten, bis die Königslegion eintraf.
Farawyn hoffte nur, dass dies bald der Fall sein würde ...
1o. UNUTHAI'Y'CYFAILA
Rothgan, der einst Aldur hieß, wähnte sich am Ziel seiner Träume.
Nicht genug damit, dass er der Kontrolle durch den Hohen Rat entflohen war, dass er einem neuen Meister diente und von diesem zum Herrscher über die Fernen Gestade ernannt worden war - nun hatte er auch noch Gelegenheit erhalten, sich an seinem Erzfeind zu rächen.
Granock...
Wie ein giftiger Stachel saß die Erinnerung in seinem Fleisch und quälte ihn, sobald er an ihn dachte. Wie hatte sich der Mensch nur erdreisten können, ihn zu hintergehen? Wie hatte er sich nur jemals anmaßen können, einem Elfen ebenbürtig zu sein? Und was hatte er sich nur eingebildet, hierherzukommen, in seinen Machtbereich, und ihn herauszufordern?
Rothgan grinste matt.
Er hatte viel erreicht in den vergangenen Monaten, aber er hatte stets bedauert, dass er Granock nicht getötet hatte, damals in jener Nacht, die Urzeiten zurückzuliegen schien. Nun jedoch hatte er endlich Gelegenheit erhalten, dieses Versäumnis nachzuholen - und um seine Rache vollkommen zu machen, würde der Mensch nicht durch seine, sondern durch Thynias Hand sterben. Auf diese Weise würden sie beide für den Verrat büßen, den sie damals begangen und den er ihnen nie verziehen hatte, obschon die Zauberin ihm in all der Zeit eine willfährige Gespielin gewesen war.
Darüber, dass es eines Zauberbanns aus den Abgründen des gwahärthana bedurft hatte, um dies zu bewerkstelligen, sah Rothgan großmütig hinweg. Selbst an den Fernen Gestaden konnte nicht alles vollkommen sein. In dieser Hinsicht hatten die Schriften der alten Zeit sich wohl geirrt.
Der Zauberer lachte lautlos in sich hinein, während er die Reihen der unzähligen, in achteckigen Waben gestapelten Kristalle abschritt, die in der Bibliothek von Crysalion lagerten. Es war das Wissen von Jahrtausenden, dank der Magie der Kristalle für alle Ewigkeit aufbewahrt - und es gehörte Rothgan ganz allein. Anders als in Shakara, wo Meisterin Atgyva eifersüchtig über die Schätze der Vergangenheit wachte, standen sie ihm hier uneingeschränkt zur Verfügung, und zusammen mit jenem dunklen Wissen, das Margok ihm angedeihen ließ, ergab sich für ihn die Chance, mehr zu lernen und zu wissen, als jeder andere Magier vor ihm. Mehr als seine alte Meisterin Riwanon. Mehr als Farawyn und der gestrenge Cethegar. Womöglich
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