Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
Augen erkannte er, dass übernatürliche Kräfte im Spiel waren - den Dolch allerdings, der unscheinbar am Boden lag, übersah er. Als er kurzerhand den flasfyn hob, um die unter fremdem Einfluss stehenden Wächter zurückzuschmettern und an ihrer Wahnsinnstat zu hindern, stieß die Dunkelklinge empor und jagte auf den Zauberer zu.
Daior sah sie kommen, doch sein Reaktionsvermögen reichte nicht aus, um die Waffe abzuwehren, die noch dazu von böser Kraft durchdrungen und gegen Schutzzauber aller Art gefeit war. Er riss den Zauberstab zur Deckung empor, doch der Dolch, von unsichtbarer Hand geführt, tauchte darunter hinweg und stach unbarmherzig zu.
Der Zauberer gab einen erstickten Schrei von sich, als sich der verfluchte Stahl in seinen Bauch bohrte, nur um sofort zurückzufahren und sich in einer zweiten Attacke auf seine Kehle zu stürzen, die er mit einem glatten Schnitt durchtrennte. Blut quoll hervor, und der Zauberer, der kraft seiner Gabe die Erde zum Beben und Gebäude zum Einsturz gebracht hatte, ging sterbend nieder, während von draußen bereits Kampflärm zu hören war.
Orks, die sich im Schutz der Dunkelheit herangepirscht hatten, waren plötzlich aufgesprungen und hatten sich durch den entstandenen Torspalt gezwängt. Die wenigen, noch dazu übermüdeten Posten, die zur Bewachung abgestellt waren, hatten ihnen nichts entgegenzusetzen. Sie wurden ebenso wie jene massakriert, die zwischen den Türmen auf dem Wehrgang Wache hielten. Überrumpelt, wie sie waren, boten sie den Unholden eine leichte Beute, die ihnen mit ihren saparak'hai die Kehlen durchschnitten und sie von den Zinnen warfen, noch ehe sie einen Alarmruf ausstoßen konnten.
Dann war auch aus dem anderen Turm das Rasseln von Ketten und das Knirschen des Mechanismus zu hören, und der rechte Torflügel schwang ebenfalls auf - und plötzlich wurde die Finsternis jenseits der Mauern lebendig. Hunderte von Orks, Gnomen und Menschen mit geschwärzten Gesichtern setzten unter fürchterlichem Gebrüll aus dem Dunkel und stürmten durch das nunmehr weit offen stehende Tor in die Stadt. Mit blanken Klingen und lodernder Mordlust in den Augen fielen sie über die Verteidiger her - während jener, dessen unsichtbare Hand die Klinge geführt und dem Feind den Zugang nach Tirgas Lan geöffnet hatte, in den Schatten der Nacht verschwand.
Verrat hatte bewirkt, was die rohe Kraft der Trolle und die Hinterlist der Orks bislang nicht vermocht hatten.
Das Tor zum Herzen des Elfenreichs stand offen.
5. DINAS LYSGAS
Mit einem Ruck fuhr Granock aus dem Schlaf.
Für einen Augenblick glaubte er, dass die entsetzten Schreie, die er hörte, und der Widerschein der Flammen, die über die Zimmerwand irrlichterten, nur Traumbilder wären - aber dann wurde ihm klar, dass er die Augen bereits offen hatte und dass dies kein Traum war, sondern die bittere Wirklichkeit!
Mit einem Satz sprang er aus dem Bett und eilte nackt, wie er war, zum Fenster. Durch das hauchdünne Kristallglas blickte er hinaus in die Nacht und fand seine ärgsten Befürchtungen bestätigt.
Tirgas Lan stand in Flammen! Und das Gebrüll, das durch die Straßen und Gassen drang und bis in den Palast zu hören war, stammte von Horden mordlüsterner Orks!
»Was ist geschehen?« Alannah war ebenfalls erwacht und ans Fenster geeilt, nur mit ihrer Tunika bekleidet. Entsetzt starrten beide auf das unheimliche Schauspiel, das sich ihnen darbot, auf die unzähligen Feuer der Zerstörung, die die Nacht erhellten, und lauschten dem schaurigen Chor, zu dem Kampfgebrüll, Todesschreie und das Geklirr der Waffen sich vermischten.
»Der Feind ist in die Stadt eingedrungen«, stellte die Elfin beklommen fest. »Tirgas Lan wird fallen!«
»Nicht, so lange ich atmen kann«, widersprach Granock grimmig, wandte sich vom Fenster ab und schlüpfte hastig in seine Kleider. In aller Eile zog er sich die Tunika über. Auf die Robe verzichtete er und legte dafür einen Harnisch an. Dann schlüpfte er in seine Stiefel, griff nach dem Zauberstab - und war für den Kampf gerüstet.
Alannah warf rasch ihre Robe über und eilte in ihr Quartier, um ihren flasfyn zu holen. Als sie wieder mit Granock zusammentraf, kam Caia ihnen auf dem Korridor entgegen. Die ehemalige Zauberschülerin hatte die Schulter noch immer verbunden. Entsetzen stand ihr in die zarten Züge geschrieben.
»Caia! Was ist geschehen?«
»Das wisst Ihr nicht?« Die junge Elfin schüttelte den Kopf, Tränen der Verzweiflung in den
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