Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
hatte.
Der Anblick der geplünderten Gebäude hatte etwas Beklemmendes. Wie die leeren Augenhöhlen ausgebleichter Schädel schienen die dunklen Fensteröffnungen auf sie zu starren. Trümmer der Einrichtung übersäten die Gasse, über die sich wiederum der Schnee gebreitet hatte, und hier und dort waren unter der weißen Decke auch die Leichen jener zu erahnen, die dem Blutdurst der Eroberer zum Opfer gefallen waren.
Una gab einen halb erstickten Schrei von sich, als ihr aus Eis und Firn die erstarrte Miene eines gefallenen Elfenkriegers entgegenblickte. Granock warnte sie mit einem strengen Blick. Sie bewegten sich auf feindlichem Territorium. Wenn sie vorzeitig entdeckt wurden, würde es ihnen nicht besser ergehen als jenen, die unter dem Schnee begraben lagen ...
Als sie das Ende der Gasse fast erreicht hatten, hob Granock den Arm. Der Trupp verharrte reglos.
Zusammen mit Alannah und dem Kommandanten der Menschenkrieger wagte er sich noch ein Stück vor und spähte hinaus. Die Gasse mündete auf den Vorplatz eines kreisrunden Gebäudes, das noch vor wenigen Tagen ein cinurain gewesen war, ein Ort der Musen und der Heiterkeit, an dem sich Dichter und Sänger begegnet waren und gemeinsam in ihren Künsten gewetteifert hatten. Die fröhlichen Lieder freilich waren verstummt - dafür konnte nun auch Granock ganz deutlich den Klang der Hämmer und Spitzhacken hören. Kein Zweifel, sie hatten den Stolleneingang gefunden.
Granock verzog grimmig das Gesicht. Zwischen den Säulen, die den cinurain umgaben und das kuppelförmige Dach trugen, waren zwei Dutzend Orkwachen postiert. Schemenhaft waren ihre bedrohlichem Umrisse im Nebel zu erkennen und die gelben Augen, die wachsam in die Dämmerung starrten.
»Seid ihr bereit?«, flüsterte Granock.
Alannah und der Anführer der Paladine, ein erfahrener Kämpfer namens Cynolf, nickten - und Granock wirkte einen Zeitbann. Dem Augenschein nach blieb alles unverändert - die Hammerschläge dröhnten weiter, während die Wachen nach wie vor unbewegt zwischen den Säulen standen. Jedoch hatten die Zauberer und ihre Gefährten nichts mehr von ihnen zu befürchten.
Vorerst...
»Mir nach«, zischte Granock und rannte los, aus der Deckung, die die Gasse ihnen gegeben hatte, hinaus auf die freie Fläche. Die anderen folgten ihm mit wehenden Umhängen, deren graue Farbe sie mit dem Nebel verschmelzen ließ. Dann hatten sie den Musentempel auch schon erreicht.
Das Portal, das von zwei hünenhaften, im Zeitbann erstarrten Orks versperrt wurde, räumte Alannah kurzerhand, indem sie die beiden mit einem Gedankenstoß beiseite fegte. Rasch drang der Stoßtrupp zum eigentlichen Eingang vor, wo weitere Unholde postiert waren. Auch sie waren noch in Starre gefangen, jedoch deutete das Zucken in ihren Augen an, dass der Bann nicht mehr lange andauern würde. Zwar gab Granock alles, um die Wirkung so lange wie möglich aufrechtzuerhalten, aber der Blutdurst, der die Orks erfüllte, war so roh und unbändig, dass er ihm nicht länger Einhalt zu gebieten vermochte.
Die Wachen kamen zu sich - gerade rechtzeitig, um die Breitschwerter heranfahren zu sehen, die einen Lidschlag später in ihre Kehlen fuhren und sie röchelnd niedersinken ließen. Gleichzeitig jedoch erwachten auch die übrigen Wächter aus ihrer Lethargie und setzten heran, um die Eindringlinge aufzuhalten. Die meisten von ihnen endeten mit gebrochenem Genick, als die Aspiranten von ihren Gedankenkräften Gebrauch machten, ein paar wurden von Eislanzen durchbohrt, wieder anderen wurden die Schädel von messerscharfen Klingen gespalten. Der Kampf war ebenso kurz wie heftig. Dann stand der Zugang zum cinurain offen!
Rasch setzten Granock und die Seinen hindurch, ohne zu wissen, was sie jenseits der Pforte erwarten würde - und erlebten eine böse Überraschung.
Der marmorne Boden im Inneren des cinurain war mit brutaler Gewalt aufgerissen worden, und inmitten des weiten Runds, in dessen Wandnischen Büsten Lindragels, Euriels und anderer alter Sangesmeister aufgestellt waren, klaffte ein dunkles Loch, das in ungeahnte Tiefen zu reichen schien. Staub quoll daraus hervor und das Hämmern der Werkzeuge - umgeben jedoch war es von wenigstens drei Dutzend bis an die Zähne bewaffneter Orks, die sich den Eindringlingen mit gefletschten Zähnen und blanken Klingen zuwandten.
»Shnorsh«, schnaubte Rambok leise.
Meisterin Tarana konnte die Bedrohung fühlen, aber sie vermochte nicht zu sagen, was die Ursache war.
Bezog sich
Weitere Kostenlose Bücher