Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
hat.«
»Hätten unsere Vorfahren so gedacht, Bruder, dann wäre die Welt, wie wir sie kennen, schon vor vielen tausend Jahren untergegangen, hinfortgerissen in Chaos und Zerstörung. Doch sie hat überdauert, weil es Männer und Frauen gab, die sich ihrer Verantwortung gestellt und dem Bösen die Stirn geboten haben - genau wie wir.« Der Älteste rechnete mit Widerspruch, aber es blieb weiter still. Sei es, weil die Ratsmitglieder vor Furcht sprachlos waren, oder weil sie die Richtigkeit seiner Argumentation einsahen.
»Bruder Gervan«, wandte er sich darauf an seinen Amtskollegen, »Euch bestimme ich zu meinem Nachfolger, sollte mir etwas zustoßen. Bleibt hier in Shakara, zusammen mit den Novizen, die erst vor Kurzem eingetroffen sind und die ich der Obhut von Meister Lonyth unterstelle. Ich könnte mir niemanden vorstellen, der für diese Aufgabe geeigneter ist.«
»Ich danke Euch, Bruder«, entgegnete Lonyth.
»Auch Schwester Atgyva wird in der Ordensburg bleiben, um über die gesammelten Schätze unseres Wissens zu wachen, ebenso wie Bruder Syolan.«
»Nein, Farawyn«, widersprach der Chronist. Er ließ die Feder sinken und blickte von dem Pergament auf, auf dem er den Hergang der Sitzung festgehalten hatte. »Ich will Euch begleiten!«
»Euer Mut und Eure Tapferkeit sprechen für Euch, Bruder«, entgegnete der Älteste sanft. »Aber es ist wichtig, dass Ihr überlebt, denn wer sollte sonst all diese Dinge festhalten und der Nachwelt davon berichten? Schreibt alles auf, mein Freund - auf diese Weise dient Ihr uns am besten.«
Syolans Kiefer mahlten. Es war ihm anzusehen, dass er am liebsten widersprochen hätte, aber er fügte sich der Entscheidung des Ältesten und nickte.
»Ich werde mich Eurem selbstmörderischen Unternehmen ebenfalls nicht anschließen, Farawyn«, stellte Cysguran klar. »Stattdessen werde ich nach den Fernen Gestaden reisen und dort nach dem Rechten sehen. Ich traue Eurem Zögling Rothgan ebenso wenig, wie ich Euch traue. Und jedem von Euch«, fügte er an die anderen Zauberer gewandt hinzu, »würde ich empfehlen, es mir gleich zu tun, denn der Kristallschirm bietet uns allen Schutz vor Margoks Horden.«
»Nun endlich zeigt Ihr immerhin Euer wahres Gesicht, Bruder«, beschied Farawyn ihm gelassen und nicht ohne eine gewisse Genugtuung. »Wie immer sucht Ihr Euren Vorteil, aber Ihr werdet ihn diesmal nicht finden. Ich untersage Euch, nach Crysalion zu reisen und Euch dort feige zu verkriechen. Stattdessen werdet Ihr an der Seite Eurer Schwestern und Brüder gegen Margok und seine Horden ziehen, so wahr ich hier vor Euch stehe.«
Cysgurans Augen weiteten sich, als wollten sie aus den Höhlen treten. »Wofür haltet Ihr Euch, dass Ihr es wagt, auf diese Weise mit mir zu sprechen?«, schnaubte er. »Für einen Fürsten? Einen König? Hat Euch der Größenwahn nun ereilt wie Sigwyn in seinen letzten Tagen? Glaubt Ihr, Ihr hättet mir etwas zu befehlen?«
»Ja, Bruder, das glaube ich allerdings«, gestand Farawyn unverblümt.
»Mit welchem Recht?«
»Mit dem Recht des Ältesten - und des einzigen Wesens in dieser geheiligten Halle, das Willens und bereit ist, die Verantwortung für so viele Leben auf sich zu nehmen!«
»Glaubt Ihr wirklich, dass Ihr der Einzige seid, der diese Verantwortung tragen kann?« Cysguran schlug sich mit der geballten Faust vor die Brust, dorthin, wo sich die Stickerei des stilisierten Kristalls befand. »Ich bin Cysguran, Sohn des Pergat, Vorsteher der Kristallgilde und mit der Gabe des Schattens betraut! Und ich erkläre hiermit vor Euch allen, dass ich nicht weniger als Farawyn in der Lage bin, die Geschicke des Ordens zu leiten. Folgt nicht ihm, sondern mir, geschätzte Schwestern und Brüder - denn Farawyn führt Euch in einen Kampf, den Ihr nicht gewinnen könnt und von dem Ihr nicht zurückkehren werdet. Ich jedoch führe Euch nach den Fernen Gestaden, wo wir alle Zuflucht finden und uns gegen Margoks Horden leicht verteidigen können.«
»Und die anderen?«, fragte Gervan. »Was ist mit dem König und seinen Getreuen? Was mit den Untertanen, die auf unseren Schutz vertrauen?«
»Nur ein Narr versucht aufzuhalten, was nicht aufgehalten werden kann«, konterte Cysguran ohne Zögern. »Schon dass Ihr fragt, zeigt mir, dass Ihr noch nicht begriffen habt, worum es bei dieser Sache geht - nämlich um das nackte Überleben!«
Die Ratsmitglieder zuckten unter seinen Worten wie unter Peitschenhieben zusammen. Die meisten hatten ihre Plätze auf den
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