Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
sage, dass Ihr Euch besser vorsehen solltet?«
»Inwiefern?«
»Ich gehe nicht davon aus, dass Euer menschliches Empfinden in der Lage ist zu spüren, was ich spüre - wenn es so wäre, würdet Ihr merken, dass etwas an diesem Ort nicht stimmt. Der Annun, dessen Schwingungen die Insel zu einem Ort des Friedens und der Harmonie machen, ist verstummt.«
»Und?«
»Wäre ich an Eurer Stelle, würde ich versuchen, den Grund dafür herauszufinden«, entgegnete der Elf rätselhaft. »Habt Ihr je daran gedacht, dass sich das Spiel der Mächte auch auf diesen Ort ausgewirkt haben könnte?«
»Was meint Ihr?«
»Nun - was, wenn der Krieg, der unsere Welt entzweit, auch auf die Fernen Gestade übergegriffen hat?«
Granock schluckte sichtbar. Genau das war es gewesen, was Farawyn befürchtet hatte; aus diesem Grund hatte er Aldur und Alannah überhaupt gehen lassen. Aber wenn es so war, wenn Margok tatsächlich nach den Fernen Gestaden gegriffen hatte, weshalb hatte Shakara dann nie etwas davon erfahren? Und was war aus seinen Freunden geworden?
Als Ardghal die Sorgenfalten sah, die Granocks Stirn verfinsterten, beging er den Fehler, leise zu lachen. Die Hand des jungen Zauberers schoss auf ihn zu, packte ihn am Kragen seines Gewandes und riss ihn zu sich heran.
»Was wisst Ihr?«, fauchte er ihn an.
»W-wovon ... sprecht ... Ihr ...?« Der Elf hatte Mühe, die Worte hervorzubekommen, denn Granocks Griff ließ ihn kaum atmen.
»Ich spreche von den dunklen Andeutungen, in die Ihr Euch hüllt, von Eurem unheilvollen Gerede! Haltet Ihr mich für einen solchen Narren? Ihr arbeitet für den Dunkelelfen, also sagt mir gefälligst, was hier vor sich geht, oder ich werde Euch zur Salzsäule erstarren lassen und von dieser Klippe stürzen!« Um seine Worte zu verdeutlichen, drehte er Ardghal so, dass dessen Oberkörper über dem Abgrund schwebte, der jenseits der Klippen klaffte. Das Rauschen der Brandung und das Kreischen der Möwen drangen aus der Tiefe herauf.
»Nein!«, krächzte der Verräter entsetzt. »Tut das nicht, ich bitte Euch!«
»Dann macht gefälligst das Maul auf, Mann«, drängte Granock. »Was ist hier geschehen?«
»Ich weiß es nicht!«
»Lügner!«
»Ich ... schwöre es! Ihr habt recht ... ich stand auf Seiten Margoks ... aber nur als sein kleiner Diener ... weiß nichts über seine Pläne.«
Granock, dessen blaue Augen in wildem Zorn funkelten, überlegte. Ein Teil von ihm hätte den Elfen am liebsten in die Tiefe gestürzt, aber sein Verstand sagte ihm, dass Ardghal die Wahrheit sprach. Nicht von ungefähr war es Margok wiederholt gelungen, den König und selbst den Hohen Rat zu täuschen. Er war ein Meister darin, seine wahren Absichten zu verschleiern, und weihte niemanden in seine Pläne ein - am wenigsten einen Speichellecker vom Schlage Ardghals, der vom Königshof geflohen war und bei ihm Unterschlupf gesucht hatte. Er war nur einer der vielen willigen Helfer, derer sich der Dunkelelf bediente.
Granock fletschte die Zähne wie ein Raubtier, dann riss er Ardghal herum und stieß ihn von sich. Der Elf geriet ins Straucheln und kam zu Fall, schlug sich das Kinn am schroffen Gestein blutig.
»Kennt Ihr den Weg ins Innere?«, fragte Granock mitleidlos.
Ardghal nickte, während er sich das Blut mit dem Ärmel abwischte. »Natürlich«, erklärte er pikiert. »Jeder von uns kennt ihn. Er ist in den Gesängen Lindragels beschrieben.«
»Dann singt, Fürst Ardghal«, forderte Granock ihn auf. »Ich höre Euch gerne zu.«
Argwohn und Vorsicht waren gleichermaßen in den Zügen des Elfen zu lesen. Zum ersten Mal hatte Granock den Eindruck, dass Ardghal sich vor ihm fürchtete, und er ertappte sich dabei, dass ihm dies grimmige Genugtuung verschaffte, obwohl es den Grundsätzen des Ordens widersprach.
Ardghal raffte sich wieder auf die Beine und übernahm erneut die Führung. Die Kristallfestung ragte nun unmittelbar vor ihnen auf, und angesichts der ungeheuren Größe des Bauwerks, überkam Granock ein Gefühl von Verlorenheit. Während sich rechts von ihnen das Meer erstreckte, über dem milchig und grau der Ewige Nebel lag, grenzte zur linken Seite dichter Baumbewuchs an den Fuß der Felsen, der sich nach Süden hin scheinbar endlos fortsetzte. Granock bemerkte Kiefern und Eichen, aber auch Bäume, die er noch nie zuvor gesehen hatte, noch nicht einmal in den dunklen Dschungeln Aruns. Dazwischen waren steinerne Gebäude zu erkennen, die mit ihren Säulen und Kuppeln alle Merkmale elfischer
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