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Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer

Titel: Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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erahnen ließ - doch dann geschah etwas Unerwartetes: Wind kam auf, der das Meer aufpeitschte und Farawyns Robe blähte. Wolken zogen von Westen heran und schoben sich vor die Sonne, und im selben Augenblick, da das Licht des Regenbogens über Crysalion verblasste, begann sich der Palast dramatisch zu verändern.
    Die kristallenen Mauern und Türme wurden plötzlich stumpf, so als hätte etwas ihre innerste Struktur zerstört. Der Vergleich mit einer welkenden Blüte drängte sich Farawyn auf, und während er noch darüber nachsann, was vor sich ging, beobachtete er, wie sich die ersten filigranen Turmgebilde auflösten und vor seinen Augen in Splitter zerfielen.
    »Nein!«, rief der Seher entsetzt und hob den Zauberstab, aber seine Kräfte reichten nicht aus, um den Zerstörungsprozess aufzuhalten, der in Gang gesetzt worden war.
    Immer weitere Teile des Palasts wurden davon erfasst, immer größer die Trümmer, die sich von Mauern und Erkern lösten und über die Klippen in die tosende See stürzten; und schließlich neigten sich ganze Türme gleich riesigen Bäumen, an die die Axt gelegt worden war.
    »Neeein...!«
    Farawyns Schrei verhallte ungehört im Getöse. Tränen schossen ihm in die Augen, während er zusah, wie der Stolz und Ursprung des Elfenvolks zugrunde ging. Immer größer wurde das Ausmaß der Zerstörung, bis schließlich auch der Annun in Trümmer fiel.
    Farawyns Entsetzen war grenzenlos. Der flasfyn entwand sich seinem Griff und fiel zu Boden, er selbst brach in die Knie und schirmte sein Haupt mit den Armen, so als müsse er sich vor den herabprasselnden Kristallsplittern schützen. Unfähig, das Schreckliche noch länger anzusehen, schloss er die Augen.
    »Wie konnte das nur geschehen?«, fragte er sich kopfschüttelnd wieder und wieder. »Wie, bei allen Kräften der Schöpfung, konnte das nur geschehen ...?«
    »Da fragt Ihr noch?«
    Die Stimme kam von unmittelbar neben ihm.
    Farawyn zuckte zusammen und riss die Augen auf, starrte verblüfft auf die Gestalt, die unbemerkt zu ihm getreten war. Sie trug eine lange Robe, deren Kapuze tief ins Gesicht gezogen war, sodass ihre Züge nicht zu erkennen waren. Dennoch hatte der Seher den Eindruck, die Stimme zu kennen.
    »Verrat hat dies bewirkt, Bruder Farawyn«, erklärte der Vermummte schlicht. »Mein Verrat, der Euer aller Untergang bedeuten wird.«
    »W-wer seid Ihr?«, stieß der Älteste hervor, vor Entsetzen kaum in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen.
    Der Vermummte blickte auf ihn herab, sein Gesicht war in der Schwärze der Kapuze jedoch noch immer nicht zu erkennen. »Das wisst Ihr noch nicht?«, fragte er - und mit einem leisen Lachen griff er nach der Haube, um sie zurückzuschlagen ...
    »Meister Farawyn! Meister Farawyn ...!«
    Hart und schneidend drang die Stimme an sein Ohr. Jäh wurde Farawyn klar, dass sie von außerhalb seiner Welt kam, und sie drohte ihn in die Wirklichkeit zurückzureißen.
    »Nein!«, rief er entsetzt. »Wartet!«
    Aber es war zu spät.
    Der Vermummte, der kurz davorgestanden hatte, ihm seine Identität zu enthüllen, löste sich in graue Rauchschwaden auf, ebenso wie das Meer, die Klippen und der einstürzende Palast. Das Erwachen riss sie hinfort, und Farawyn machte die Augen auf - nur um sich in seinem Quartier im Palast von Tirgas Lan wiederzufinden, aufrecht auf seinem Lager sitzend und schweißgebadet.
    Dem spärlichen Licht nach zu urteilen, das durch die schmalen Fenster fiel, war es früher Morgen - und Farawyn war nicht allein. Kein anderer als Cysguran stand am Fußende des Bettes. Er war es gewesen, der seinen Schlaf gestört und ihn geweckt hatte, im denkbar ungünstigsten Augenblick.
    »Was habt Ihr, Bruder?«, erkundigte sich Cysguran mit offenbar ehrlicher Besorgnis. »Ihr seht aus, als hätte Euch etwas zu Tode erschreckt!«
    »Das ... hat es auch«, bestätigte der Älteste, der noch ganz unter dem Eindruck der Traumbilder stand. Die Art und Weise, wie sie sich ihm dargeboten hatten, die Eindringlichkeit, mit der sie ihm noch immer vor Augen standen, sagte ihm, dass sie mehr als nur die Widerspiegelung seiner verborgenen Ängste und Befürchtungen gewesen waren.
    Farawyn hatte eine Vision gehabt.
    Er hatte das Ende Crysalions erlebt, und er war kurz davor gewesen zu erfahren, wer der Verräter in den Reihen des Ordens war. Schon vor vier Jahren hatte dieser zugeschlagen, als Farawyns Vorgänger Semias hinterrücks in seiner Kammer ermordet worden war. Danach war es still um ihn geworden,

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