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Die Zauberlehrlinge

Die Zauberlehrlinge

Titel: Die Zauberlehrlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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für all das, was er in den letzten Wochen durchgemacht hatte. Doch leider fand er keinen Seelenfrieden. Auf der langen U-Bahn-Fahrt zum JFK-Flughafen gab er sich die größte Mühe, diesen Zustand zu erreichen. Aber etwas, das stärker war als Vernunft, hielt ihn zurück. Es hatte mit dem zu tun, wovon Hackensack zu Recht geglaubt hatte, er verberge es vor ihm. Harry hatte durchaus nicht das Interesse an Dobermann verloren, nachdem der nun tot war, ganz im Gegenteil. Die Umstände seines Todes gemahnten auf zu unheimliche Weise an die Launen des Schicksals, die vier von den sieben Teilnehmern am Projekt Sibylle getroffen hatten, um sie zu ignorieren. Harry hatte Maple Place mit der festen Absicht verlassen, die Reise nach New York in Philadelphia zu unterbrechen und Isaac Rosenbaum aufzuspüren.
    Auf der Brücke in der Q Street, von wo er auf das Stück Rock Creek hinunterschaute, in dem Dobermann ertrunken war, stellte er allerdings fest, dass er den Zettel mit Rosenbaums Adresse nicht mehr hatte. Noch vor zwei Tagen war er in seiner Tasche gewesen, im Umschlag seines Kalenders. Jetzt war er weg. Am gestrigen Nachmittag hatte er in Lazenbys Büro alle Taschen ausgeleert. Möglicherweise hatte er den Zettel verloren. Er konnte sich nur schwer vorstellen, wo es sonst passiert sein sollte.
    Harry hätte sich Rosenbaums Adresse immer noch auf anderem Weg beschaffen können, aus dem Telefonbuch oder bei der Columbia University. Der Verlust war kein unüberwindliches Hindernis, wohl aber der Ort, wo er vermutlich erfolgt war. Es gab keinen logischen Grund zur Besorgnis. Ein Stück Papier, auf das eine Adresse in Philadelphia gekritzelt war, würde Lazenby nichts bedeuten. Vermutlich hatte er es nicht einmal bemerkt. Aber »vermutlich« reichte eben nicht. Vielleicht hatte er es aus Harrys Kalender fallen sehen, vielleicht hatte er es behalten. Falls ja, würde er sich daran erinnern, wenn der Skandal ausbrach und Norman Pages brennendes Interesse an seinen Polstermöbeln endlich einen Sinn ergab. Dann wäre der Zettel die einzige Spur, der er folgen konnte, eine Spur, die versanden musste, solange Rosenbaum nichts vom Besuch eines neugierigen Fremden zu berichten hatte. Was immer er von Dobermanns weit zurückliegendem Ausflippen noch wusste oder nicht wusste, musste eine offene Frage bleiben. »Ein guter Pokerspieler weiß, wann er aussteigen muss«, hatte Chipchase Harry mehr als einmal gesagt.
    Jetzt, dachte Harry, ist die Zeit gekommen, mit einer vierzigjährigen Gewohnheit zu brechen und ein einziges Mal dem Rat seines Freundes zu folgen.

48. Kapitel
    Höher als auf einer transatlantischen Flugroute bei zollfreiem Schnaps schwebten Harrys Bedenken in den Äther davon, während die Heimreise im Schnellrücklauf der Zeitzonen verging. Während erfahrene Reisende um ihn herum sich der bizarren Hilfsmittel bedienten, die man braucht, um während des Flugs zu schlafen, schwebte Harry in ein verschwommenes Traumland, in dem er, David und Iris ein harmonisches Familienleben teilten und mit dem Riley 4/44, den er einmal besessen hatte, lange Ausflüge aufs Land und träge Picknicks auf blumenbestandenen Wiesen in Wiltshire machten.
    Doch Träume enden ebenso wie Reisen. Aber sogar der bedrückende Betrieb im Heathrow Airport in der Morgendämmerung konnte Harrys Stimmung nicht trüben. Er fühlte sich seltsam wach und klar, als hätten Jetlag und Kater sich gegenseitig aufgehoben. Er ratterte mit der Piccadilly Line nach London hinein und mit der Bakerloo wieder hinaus, und dabei hatte er genug Zeit, um seinen Tag zu planen. Er hatte gute Neuigkeiten für Iris und noch bessere für seine Meinung von sich selbst.
    Für Mrs. Tandy hatte er zwei Überraschungen. Die eine war ein Liter Baley's Irish Cream, ihr Lieblingsgetränk, die andere seine gepflegte, gutgekleidete Erscheinung. Was ihr besser gefiel, war nicht auszumachen. Wie auch immer, seine Belohnung war ein üppiges Frühstück. »Ich bin extra ausgegangen, um diese Würste zu kaufen, als Sie gestern Abend anriefen«, verkündete sie. »Ich weiß allerdings nicht, warum ich Ihre ungesunden Vorlieben fördere, wo Sie doch nicht mal eine Postkarte geschrieben haben, dass Sie noch unter den Lebenden weilen.«
    »Tut mir leid, Mrs. Tandy, das war die Macht der Umstände.«
    »Müssen profitable Umstände gewesen sein, nach dem Material zu urteilen. Kaschmir, nicht?«
    »Glaube ich nicht. Wahrscheinlich eine Imitation aus Taiwan. Sie wären überrascht, wie billig er

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