Die Zauberlehrlinge
eine wichtigere Frage an Sie. Eine richtige Preisfrage.« Lazenby grinste und spannte den Revolver. »Fällt Ihnen ein einziger Grund ein, ein einziger verdammter Grund, warum ich Ihnen nicht den verdammten Kopf wegblasen sollte?«
55. Kapitel
Ungeschickt wie zwei ineinander verhakte Krebse waren sie in Mrs. Tandys Wohnzimmer gepoltert und hatten dabei eines ihrer indischen Messingtabletts von der Wand geschlagen. Es war mit lautem Zimbelhall zu Boden gefallen, und für den Bruchteil einer Sekunde hatte Harry den merkwürdig heiteren Eindruck gehabt, Lazenby hätte geschossen. Der Tod, so schien es, war wie eine Fahrt mit der U-Bahn: lärmend, aber schmerzlos.
Doch der Tod war noch immer nicht mehr als eine Bedrohung, die von dem kalten, harten Druck unter seinem Kinn ausging. Diese Bedrohung war real und erschreckend direkt. Lazenby hatte ihn gegen das Sofa gedrängt, seinen Kragen fester gepackt und die Frage wiederholt, auf die Harry anscheinend keine Antwort hervorbringen konnte.
»Was sagen Sie, Harry? Ich bin versucht, sehr stark versucht, abzudrücken. Wollen Sie mich nicht überreden, das zu lassen?«
»Hören Sie, können wir nicht miteinander reden? Ich meine...«
»Aber wir reden doch. Und Sie sind nicht sehr überzeugend.«
»Schon gut. Schon gut.« Harry schluckte und spürte den Lauf der Waffe wie einen Kloß in der Kehle. »Seien wir vernünftig. Ich hörte, dass man Ihnen gesetzlich nichts anhaben kann. Warum wollen Sie daran etwas ändern? Warum wollen Sie zum gesuchten Mörder werden?«
»Warum?« Lazenby grinste. »Wegen der Befriedigung, Sie Scheißkerl. Wissen Sie nicht, was Sie mir angetan haben? Ich wünschte fast, ich würde tatsächlich angeklagt, statt dass mich die Piranhas sämtlicher Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehmagazine der westlichen Welt bei lebendigem Leib auffressen. Mein Geschäft ist bankrott, mein Ruf ist ruiniert, mein ganzes Leben ist zerstört. Ich bin der öffentliche Buhmann Nummer eins, zwei, drei und so weiter. Ich habe nicht mal die Chance, mich vor Gericht reinzuwaschen, und all das verdanke ich Ihnen, Harry! Also fragen Sie mich nicht, warum. Sagen Sie mir, warum nicht.«
»Weil Sie selbst daran schuld sind. Sie haben vier Leute um gebracht und sind damit davongekommen. Hiermit würden Sie nicht davonkommen.«
»Erzählen Sie mir keinen solchen Unsinn. Alle anderen glauben, dass ich schuldig bin. Natürlich! Aber Sie wissen, dass Ich's nicht bin.«
»Sie versuchen doch wohl nicht...«
»Zum Teufel damit! Ich werde Ihnen sagen, warum Ihr Gehirn nicht schon drüben an der Wand klebt: Weil ich die Wahrheit wissen will, Harry. Ich will die gottverdammte Wahrheit wissen. Warum haben Sie mir das angetan? Sagen Sie's mir. Erzählen Sie mir die ganze Geschichte, und vielleicht - wenn Sie mich genügend rühren - lasse ich Sie am Leben.«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden.« Lazenby hatte die Wahrheit verlangt, und Harry hatte gesagt, was er wusste, aber es war nicht das, was Lazenby hören wollte. Seine kalten blauen Augen bohrten sich in Harrys, und die Botschaft war klar zu erkennen. Er meinte es ernst. Es gab keinen Ausweg, für keinen von ihnen. »Ehrlich, ich weiß es nicht. Ich habe das Band gestohlen, damit Sie nicht noch jemanden umbringen. Um bekannt zu machen, was Sie taten. David Venning war mein Sohn.«
»Das habe ich alles von Ablett gehört. Ich will es nicht noch mal hören. Wir wissen beide, dass Sie dahinter ein anderes Spiel spielen. Aber ich pfeife es ab. Das Spiel ist vorbei.«
»Ablett? Ich verstehe nicht.«
»Wenn Sie erwarten, dass ein Schleimer wie er den Mund hält, dann sind Sie ein Idiot, und zufällig glaube ich nicht, dass Sie das sind. Er hat mir die Lüge erzählt, die Sie denen in Dallas über Hammelgaards letzte Botschaft verkauft haben. Auch, dass Sie Vennings Vater wären. Er hat mir alles erzählt. Ich brauchte ihm nicht mal eine Waffe an den Kopf zu halten, um ihn dazu zu bringen.«
»Das war keine Lüge!«
»Hören Sie mir zu, Harry, hören Sie gut zu. Die Welt glaubt, dass ich vier Morde in Auftrag gegeben habe, und ich kann die Welt nicht davon überzeugen, dass sie sich irrt. Aber ich weiß es, weil ich es nicht getan habe. Ich bin unschuldig - Sie und ich wissen das sehr gut.«
»Nein. Ich nicht. Das ist...«
»Ihre letzte Chance. Das ist es! Ich mache es Ihnen leicht. Ich erzähle Ihnen mal, was ich schon herausbekommen habe. Es hat etwas mit Slade zu tun, richtig? Etwas mit höheren Dimensionen. Hammelgaard
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