Die Zauberlehrlinge
Wintergarten führte. Sie fragte, ob sie ihm einen Kaffee bringen könne, und er nahm gerne an, denn Kaffee hatte er dringend nötig. Dann ging er allein zum Wintergarten hinüber.
Der Wintergarten war eindeutig noch im Urzustand seiner Erbauung. Terrakottafliesen unten, trübes Glas und Gusseisen oben. Kakteen und farnblättrige exotische Pflanzen mit fleischigen grünen Stämmen, die in breiten roten Töpfen standen, nahmen den größten Teil der Bodenfläche ein. Es gab weder Statuetten noch Skulpturen, keine grinsenden Gnome und keine ausgelassenen Cherubim. Der Raum wirkte tatsächlich eher wie ein Treibhaus, in dem gearbeitet wurde, und nicht wie ein häuslicher Wintergarten, bis auf die Weidensessel und den Tisch in einer Art Nische am hinteren Ende.
In einem der Sessel saß eine dünne, grauhaarige Frau, die aufblickte, als er näher kam. Sie trug feste Schuhe, Cordhosen und einen Strickpullover mit einer Art Polohemd darunter. Ihr Haar war kurz, ihr Gesicht faltig und ungeschminkt. Sie stand nicht auf, was die am Tisch lehnenden Krücken zu erklären schienen, doch ihre dunklen, durchdringenden Augen sprachen Harry direkter an, als jedes Wort und jede Geste es vermocht hätten.
»Mr. Barnett?«
»Ja. Dr. Tilson?«
»In der Tat. Kommen Sie, setzen Sie sich.« Ihre Stimme hatte eine gewisse Schärfe, die die Einladung eher wie einen Befehl klingen ließ. »Hat Mace Ihnen etwas angeboten?«
»Ah, ja, Kaffee.«
»Kaffee? Wie langweilig.« Sie musterte ihn genau, während er sich setzte. »Na, da ist nichts zu machen. Wir haben kein Bier im Haus. Und Zigarettenrauch würde die Pflanzen angreifen.« Sie sah sein Stirnrunzeln und fügte hinzu: »Ihre Taille verrät Sie, Mr. Barnett. Und meine Nase ist scharf genug, um eine kürzlich gerauchte Zigarette zu riechen. Keine englische Marke, denke ich. Italienisch?«
»Griechisch.«
»Wirklich? Wie enttäuschend. Für mich, meine ich. Für Sie, steile ich mir vor, war sie sicher sehr angenehm.« Sie lächelte mit überraschender Wärme. »Ein leichtes Emphysem sorgt dafür, dass der Tabak in diesem Haus eine verbotene Substanz ist, fürchte ich. Mace setzt dieses Verbot rigoros durch.«
»Nun, die Seeluft ist sicher gut für...«
»Rein? Ja, ist sie.« Sie schaute durch das Fenster hinaus, wo das abfallende Land und die dürftige Gartenhecke ein Stückchen sonnenglitzernder Nordsee freigaben. »Reinheit des Denkens wie der Atemluft.« Sie sah wieder Harry an und blickte dann auf das Buch, in dem sie gelesen hatte, Schatten des Geistes: Wege zu einer neuen Physik des Bewusstseins von Roger Penrose. Es sah nach einem schweren, gewichtigen Werk aus. »Ich nehme nicht an, dass Sie mit Professor Penrose vertraut sind, nein, natürlich nicht. Sie sind kein Mathematiker, nicht wahr, Mr. Barnett?«
»Nein, ich fürchte nicht. Aber ich bin wegen eines Mathematikers hier.«
»David? Ja, der arme Junge. Es tat mir wirklich sehr leid zu hören, was ihm passiert ist. Es wäre natürlich in jedem Fall traurig, aber für den Besitzer eines so erstklassigen Gehirns... Nun, Sie sind ein Freund der Familie, also brauche ich das wohl kaum näher zu erläutern.«
»Eigentlich kenne ich David überhaupt nicht. Um ehrlich zu sein, ich glaube nicht mal, dass man mich als Freund bezeichnen könnte. Oder als Familienmitglied.«
»Nein? Sie faszinieren mich.« Sie lächelte schelmisch, als Mace den Kaffee brachte. »Mr. Barnett ist unter Vorspiegelung falscher Tatsachen hier, Mace. Wie findest du das?«
»Ich denke, das ist gar nicht so ungewöhnlich«, sagte Mace. Sie stellte die Tasse neben Harrys Arm und ging. Der Saum ihres Kleides streifte die Pflanzen wie eine leise Brise.
Dr. Tilson kicherte. »Sie wollten keinen Zucker, nicht wahr, Mr. Barnett?«
»Ah... nein.«
»Umso besser. Mace hat offenbar entschieden, Zucker wäre schlecht für Sie.« Ihr Blick konzentrierte sich nun ganz auf ihn. »Aber lassen Sie sich nicht davon abhalten, sich zu erklären.«
Harry trank zuerst einen Schluck Kaffee, um nicht gleich antworten zu müssen. Der Kaffee schmeckte so schal, dass es sich wohl um die koffeinfreie Version handeln musste. »Ich bin Davids leiblicher Vater.«
Dr. Tilson nickte nachdenklich, während sie die Information aufnahm, und sagte dann: »Warum finde ich das nicht so überraschend, wie ich eigentlich sollte?«
»Vielleicht eine Ähnlichkeit. Davids Exfrau glaubte so etwas in meinem Lächeln zu bemerken.«
»Ja. Ich glaube, sie hat recht. David mit ungefähr
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