Die Zauberlehrlinge
Anrufbeantworter. Sie hat auf keine meiner Nachrichten reagiert.«
»Könnte sie mit Hammelgaard zusammensein?«
»Vermutlich.«
»Hast du versucht, ihn zu erreichen?«
» Ja. «
»In Princeton?«
» Ja. «
»Und?«
»Dieselbe Geschichte. Er hat keinen Urlaub, ist aber weg.«
»Vermisst, meinst du?«
»Na ja, vermutlich.«
»Um Gottes willen!« Harry sprang auf und ging zum Fenster, wo er ein paarmal tief einatmete, um sich zu beruhigen, ehe er sich wieder zu Iris umwandte. Seine Wut schmolz beim Anblick ihrer tiefen Niedergeschlagenheit. Sie wirkte plötzlich alt und unsicher, hilfsbedürftig. Aber natürlich würde sie nicht um Hilfe bitten. Was allerdings nicht bedeutete, dass sie sie ablehnen würde. Nicht einmal, wenn sie von ihm kam. »Vor ein paar Augenblicken hast du noch gesagt, es gäbe keinen Grund für die Annahme, dass sie in Gefahr sind.«
»Gibt es auch nicht.«
»Das glaubst du doch selbst nicht.«
»Ken hat mir geraten, diesen Gedanken fallenzulassen. Er sagte, es sei sinnlos, die Sache weiterzuverfolgen. Er sagte, es könnte David nicht helfen, wenn man sich mit seinem früheren Arbeitgeber anlegt.«
»Ach, der gute alte Ken.«
»Aber er hat doch recht, oder?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht. Aber eins weiß ich: Das mindeste, das allermindeste, was wir David schulden, ist, herauszufinden, wie ihm diese Sache passiert ist und warum. Hat Donna, als du sie getroffen hast, irgendwas gesagt, was ein Hinweis sein könnte?«
»Nicht, dass ich wüsste. Wir haben über Davids Zustand gesprochen, sonst nichts.«
»Und den Anruf hat sie nicht erwähnt?«
»Nein.«
»Was bedeutet, dass er sie entweder nicht erreicht hat, oder...«
»Der Anruf hat mehr als zehn Pfund gekostet, Harry. Man sollte meinen, dass er jemanden erreicht haben muss. Und am wahrscheinlichsten war das Miss Trangam.«
»Dann wollte sie wahrscheinlich nicht, dass du erfährst, was er gesagt hat, oder?«
»Ja, sieht so aus.«
Der Gedanke kränkte Iris offensichtlich. Doch in ihrem Seitenblick auf David erkannte Harry eine Angst, die auch er gern verdrängt hätte. War der Anruf womöglich ein Abschied von einer früheren Geliebten gewesen? In diesem Fall wäre ihre Zurückhaltung nicht nur verzeihlich, sondern bewundernswert. »Was ist mit Hammelgaard? Hat er irgendwas gesagt, als du ihn getroffen hast?«
»Nicht viel. Er drückte natürlich sein Mitgefühl aus. Abgesehen davon, ich weiß nicht mehr...« Sie zuckte mit den Schultern. »Er schien sich Sorgen zu machen, was aus Davids Notizbüchern geworden ist, aber...«
»Seinen mathematischen Notizbüchern?«
» Ja. «
»Von denen Hope sagte, dass er sich nie davon trennte?«
»Na ja, ich weiß nichts darüber«
»Waren sie nicht in seinem Hotelzimmer?«
»Nein, sie waren tatsächlich nicht da.«
Einen Augenblick lang war Harry zu bestürzt, um zu sprechen. Langsam ging er zum Bett hinüber und setzte sich auf seinen Stuhl. Iris errötete schuldbewusst, als er sie ansah. »Du meinst, sie sind verschwunden?«
»Ich meine, dass er sie nicht bei sich hatte.«
»Hatte er sie bei sich, als er dich in Wilmslow besuchte?«
»Ich weiß nicht. Ich habe sein Gepäck nicht durchsucht.« Sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Ich nehme an, er hat sie in seinem Haus in Washington gelassen.«
»Hat jemand nachgesehen?«
»Ich nicht. Vielleicht hat Mr. Hammelgaard das inzwischen getan.«
»Nur können wir ihn nicht fragen, weil er ja vermisst wird.«
»Sieht so aus.«
»Hope hat mir ausdrücklich gesagt, dass er sie überallhin mitnahm.«
»Na ja, das wenigstens müsste sie ja wohl wissen.« l
»Also wenn sie nicht in seinem Hotelzimmer waren, dann hat sie entweder jemand weggenommen, oder er hat sie überhaupt nicht mitgebracht. Könnte er sie woanders gelassen haben - zur Sicherheit?«
»Warum hätte er das tun sollen?«
»Weil er dachte, sie könnten sonst in die falschen Hände fallen. Weil er Umstände voraussah, unter denen er sie nicht mehr würde schützen können.«
Iris sah Harry lange und eindringlich an. »Ist dir klar, was du da annimmst?«
»Durchaus. Aber ich verstehe es nicht. Die abstrakten Kritzeleien und abstrusen Berechnungen eines höheren Mathematikers - welchen Wert sollten sie haben?«
»Keinen, den du oder ich begreifen würden.«
»Aber für Hammelgaard wäre das eine andere Sache, nicht?«
»Ja, vermutlich.«
»Was hast du ihm gesagt?«
»Dass ich keine Ahnung habe, ob David die Notizbücher bei sich hatte oder nicht, als er
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