Die Zauberlehrlinge
Tätowiersalon, erhob das Hotel Kong Knud eindeutig keinen Anspruch auf Klasse, doch sein Foyer erschien Harry anständig genug, um saubere Laken zu versprechen, und gleichzeitig unelegant genug, um einen bescheidenen Preis zu garantieren.
Das Niels-Bohr-Institut war eine Ansammlung anonym aussehender grauer Steingebäude etwa eine Meile außerhalb des Stadtzentrums. Harry bat den Taxifahrer, ihn gleich hinter dem Eingang abzusetzen, doch der Mann hatte ihn entweder missverstanden oder tat zumindest so, denn als Harry ausstieg, fand er sich im Vorhof des Instituts wieder, umgeben von einem Strom flachsblonder Studenten auf Fahrrädern, die ihn geschickt umrundeten.
Der Haupteingang hatte eine Art Zeitschloss, doch es kamen und gingen so viele Leute, dass Harry einfach hereinspazieren konnte. Die Tatsache, dass er ungefähr dreimal so alt war wie die meisten anderen um ihn herum, schien nicht besonders aufzufallen. Ob sie ihn für einen Professor oder den Hausmeister hielten, war schwer zu sagen.
Er erreichte ein schlecht erleuchtetes Foyer mit vielen Gängen und einer großen Pinnwand voll handschriftlicher Angebote billiger Zimmer und verbilligter Lehrbücher. Durch eine Glasschiebetür daneben sah er einen Postraum, in dem zwei Gestalten lethargisch Kisten voller Pakete und gepolsterter Umschläge sortierten. Ermutigt durch das flüchtige Lächeln eines der Männer klopfte Harry an die Glastür.
»Kan jeg hjaelpe med noget?«
»Äh, ich suche einen Mitarbeiter. Torben Hammelgaard.«
» Undskyld?«
»Torben Hammelgaard.«
Der Mann zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf. »Jeg forst å r det ikke.«
»Er hat früher hier unterrichtet. Hammelgaard.«
Weiteres Achselzucken. Da mischte sich sein Kollege ein, der vorher gelächelt hatte. »Sie suchen Torben Hammelgaard?«
»Ja.«
»Er ist weg. Seit vier Jahren, vielleicht auch fünf. Nach Amerika, wo alle Schlauen hingehen.«
»Ich habe gehört, er wäre zurückgekommen.«
»Nein.«
»Nicht unbedingt an dieses Institut, um wieder hier zu arbeiten, aber nach Kopenhagen.«
»Das glaube ich nicht.«
»Gibt es irgendjemanden, bei dem er sich vielleicht gemeldet haben könnte? Jemand, mit dem er befreundet ist?«
Zwischen den beiden Männern brach eine Debatte auf Dänisch aus, verdrossenes Gemurmel, begleitet von stirnrunzelnden Blicken auf Harry. Er verstand kein Wort, aber in ihm keimte der Verdacht, dass den Männern solche Fragen schon einmal gestellt worden waren. Endlich war die Diskussion beendet.
»Keiner hat Torben Hammelgaard hier gesehen, Sir. Seine Freunde kennen wir nicht.«
»Und seine Familie?«
Der Mann überlegte einen Augenblick und sagte dann: »Er hatte eine Schwester. Eine... blomsterhandler. Blumen, verstehen Sie? Sie hat mir en rabat gegeben, einen guten Preis.« Er zog eine Grimasse. »Einmal habe ich Blumen geschickt, aber dann nie wieder.«
»Verzeihung, Sie meinen, Sie haben Hammelgaards Schwester Blumen geschickt?«
»Nej, nej.« Er griff nach einem Buch, das dick genug aussah, um die Gelben Seiten für ganz Dänemark zu enthalten, blätterte darin, drehte es um und zeigte Harry eine Annonce. Der abgebildete Blumenkorb neben dem vertrauten Namen überwand endlich die Sprachbarriere. Hammelgaards Schwester war Floristin und hatte ein Geschäft in Kopenhagen.
Es handelte sich um einen besseren Laden am Straget, der Fußgängerzone im Kern des Stadtzentrums. Die Verkäuferinnen waren höflich, aber nicht sehr hilfreich. Margrethe Hammelgaard war nicht im Geschäft. Man riet Harry, es gegen sechzehn Uhr noch einmal zu versuchen.
Er vertrieb sich die Zeit mit einem flüssigen Lunch und einem Spaziergang um den Hafen. Kopenhagen zu Beginn des Winters war eine eisige und vorsichtige Stadt, Himmel, Straßen und Meereshorizont von unnachgiebigem Grau. Auf dem Rückweg durch den Straget, noch immer die Zeit totschlagend, wanderte Harry in eine Buchhandlung und suchte in den Wissenschaftsregalen nach irgendeinem Werk von Torben Hammelgaard, dem abgewanderten Schlaukopf aus dem Niels-Bohr-Institut. Zu seiner Überraschung fand er nicht nur eines, sondern zwei. Höhere Mathematik und dänische Prosa machten sie zwar doppelt unverständlich, aber auf dem Schutzeinband gab es ein Foto des Autors, das ihn für seine Anstrengungen belohnte.
Torben Hammelgaard war ein vorzeitig kahl werdender junger Mann, trug auf dem Foto ein Hemd mit offenem Kragen, blickte ernst und ohne ein Lächeln hinter seiner stahlgerahmten Brille und
Weitere Kostenlose Bücher