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Die Zauberlehrlinge

Die Zauberlehrlinge

Titel: Die Zauberlehrlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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sprechen, und sagte dann: »Aber es geht nicht wirklich darum, David zu retten, Harry, nicht wahr? Es geht darum, jemandem die Schuld an dem zu geben, was mit ihm passiert ist.«
    »Es geht um beides.«
    »Ken war sehr großzügig, weißt du. Alles, was Claude mir hinterlassen hat, waren ein Bungalow und eine Witwenrente. Ohne Ken wäre ich nicht in der Lage, Davids Zimmer zu bezahlen, von der Pflege rund um die Uhr ganz zu schweigen. Aber ich kann Kens Großzügigkeit nicht unbegrenzt in Anspruch nehmen. Nicht, wenn es keine vernünftige Aussicht auf eine Besserung in Davids Zustand gibt. Das wäre einfach nicht fair.«
    »Wäre es David gegenüber fair, wenn wir nicht alles versuchen würden?«
    »Wenn du es so ausdrückst...«
    »Ich möchte nichts weiter, als dass du nichts unternimmst. Nicht, ehe ich eine Gelegenheit hatte, mit Hammelgaard und Donna Trangam zu sprechen.«
    »Zuerst musst du sie finden.«
    »Deswegen fahre ich nach Kopenhagen.«
    »Wann?«
    »So bald wie möglich. Nächste Woche wahrscheinlich. Ich muss meinem Chef ein paar Tage Zeit geben, eine Vertretung für mich zu finden.«
    »Deinem Chef in der Tankstelle?«
    »Genau dem.«
    »Die machte keinen sehr tollen Eindruck.«
    »Es ist auch kein sehr toller Job. Aber ich habe keinen anderen.«
    »Wie ist die Bezahlung?«
    Harry grinste. »Drücken wir es so aus: Wenn wir jemals eine Labourregierung bekommen und die ein nationales Mindesteinkommen hochdrückt, dann steht mir eine beträchtliche Gehaltserhöhung bevor.«
    Iris kicherte. »Du hattest immer Sinn für Humor, Harry. Das weiß ich noch. David hätte...« Sie verstummte und wurde rot. Ausweichend griff sie nach ihrer Teetasse.
    »Hätte mich gemocht?«
    Sie trank etwas Tee und setzte die Tasse klirrend wieder auf die Untertasse.
    »Du hast nie erwähnt, dass wir das gleiche Lächeln haben.«
    »Was hätte das für einen Sinn gehabt? Du wirst ihn niemals lächeln sehen, nicht?« Sie schloss für einen Moment fest die Augen. Dann öffnete sie sie wieder und sagte: »Ich habe nach deinem Gehalt gefragt für den Fall, dass du Geld brauchst. Reisekosten, solche Sachen. Ich meine, in gewissem Sinn fliegst du ja in meinem Interesse nach Kopenhagen, nicht? Also...«
    »Ich brauche keine Bezahlung, um meinem Sohn zu helfen, Iris. Behalte dein Geld. Bezahle damit die Krankenhausrechnung.« Ihre Blicke trafen sich. Vierunddreißig Jahre beiderseitiger Gleichgültigkeit kämpften mit den Verpflichtungen und Notwendigkeiten des Augenblicks. Stillschweigend schlössen sie Waffenruhe. »Tut mir leid. Es hat keinen Zweck, wenn wir uns streiten. Damit ist David nicht geholfen.«
    »Mir tut es auch leid. Ich wollte niemals andeuten...«
    »Es spielt keine Rolle. Wichtig ist nur, ob du mir die Zeit gibst, die ich brauche.«
    »Ich werde nichts unternehmen, bevor ich von dir gehört habe. Nichts, ohne...« Sie verstummte und schwieg eine ganze Weile, ehe sie das Wort aussprach, das ihrem Pakt irgendwie Würde gab. »Ohne dich vorher zu Rate zu ziehen. Reicht das?«
    Harry nickte. »Das reicht.«
    Sie trennten sich an dem Tor, das den Museumshof von der Great Russell Street trennte, wo Harry warten wollte, bis Iris in einem Taxi nach Marylebone saß, ehe er in den Pub auf der anderen Straßenseite schlüpfte. Aber Iris ließ sich Zeit, als habe sie noch etwas zu sagen.
    »Ich habe etwas für dich«, sagte sie und griff in ihre Handtasche. »Ich war mir erst nicht sicher, aber ich denke, du solltest es bekommen. Es ist nicht viel, wie das, was wir tun. Aber es ist besser als nichts.« Sie reichte ihm einen kleinen Umschlag. Er war unverschlossen, und der Inhalt war nicht dick. »Es ist ein Foto von David. Das neueste, das ich habe, aufgenommen in Edale. Wir haben da einen Spaziergang gemacht, als er uns letzten Monat besuchte. Nur wir beide. David hatte die Gipfel so gern, weißt du. Jedenfalls habe ich für dich einen Abzug machen lassen, falls du ihn haben willst.«
    »Danke, Iris. Ich weiß das zu schätzen. Wirklich!«
    »Es ist nur ein Schnappschuss. Und... Na ja, du wirst schon sehen.« Sie drehte sich um und winkte einem Taxi. Sofort hielt eines am Straßenrand. Als sie die Tür öffnete, wandte sie sich um und sagte: »Melde dich bald, Harry.«
    »Das werde ich!«
    Die Tür fiel zu, das Taxi fuhr an, und Harry nahm das Foto aus dem Umschlag. David, mit zerzaustem Haar, Jeans und einem Skianorak, lehnte an einer Steinmauer vor bergigem Hintergrund, in wässriges Sonnenlicht getaucht. Wie Iris gesagt

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