Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Zauberquelle

Titel: Die Zauberquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
Vom Netzwerk:
kriegen dich schon. Die Eichen da verschwinden und die Eiben auch, nur damit sich irgendein Geck Pfauenfedern für seinen Hut kaufen kann. Es war nicht recht von dir, daß du den Priester verschluckt hast, aber das läßt sich nicht mehr rückgängig machen, daher könntest du mir wenigstens etwas wiedergeben. Ich brauche Wohlstand, ich brauche Ernten, ich brauche gute Pferde, die ich gegen Bares verkaufen kann, von dem ich mir wiederum Advokaten nehme. Hörst du mich, du Priesterschlucker? Hilf mir aus der Klemme, und ich verspreche dir, daß meine Erben bis zum Allerletzten deine Bäume erhalten. Ich brauche dich, aber so, wie die Dinge stehen, brauchst du mich auch. Denn außer mir schert sich niemand einen feuchten Kot um dich, das kannst du mir glauben.«
    »Vater, mit einem Ding könnt Ihr keine Geschäfte machen.« Hugo war vom Pferd gestiegen, kam näher und hörte zu, und die Pferde hatte er auch mitgebracht.
    »Du hast mich gehört, Hugo. Wenn das hier klappt, bist du durch Eid verpflichtet, die Bäume zu erhalten.« Hugo überlegte kurz. Bargeld lachte, und Bäume – naja, waren eben Bäume. Die standen nur herum und taten gar nichts. »Versprich es, Hugo. Schwöre bei Gott.« Hugo war beunruhigt. Er hatte eine sehr lange und unerquickliche Pilgerfahrt machen müssen, um von dem letzten Meineid entbunden zu werden, den er geschworen hatte. »HUGO, DU UNDANKBARER LÜMMEL, wenn du nicht auf der Stelle schwörst, ENTERBE ich dich!« Die Stimme des alten Lords dröhnte durch den dunklen Wald. Schlafende Vögel erwachten in ihren Nestern und schlugen mit den Flügeln. Hugo fühlte, wie ihn die Pranke seines Vaters in die Knie zwang. Er schwor. »UND für deine Erben«, sprach ihm sein Vater vor.
    »Und für meine Erben, auf ewig, solange es welche gibt«, fügte Hugo hinzu.
    »Gut«, sagte sein Vater. »Das ist vollkommen gerecht. Das Ding im Wasser und ich haben eine Abmachung. Meine Erfahrung mit den Franzosen besagt, daß man in der Regel Waffenstillstand schließen kann, falls man etwas anzubieten hat.«
    »Aber Vater, Ihr habt mich angeboten.«
    »Du bist schließlich mein Erstgeborener und Erbe. Bei Gott, das sollte dem Weiher etwas wert sein. Und für dich, Hugo, wird es Zeit, daß du lernst, Wort zu halten. Das tut der Seele gut. Lüftet sie durch und hilft dem Gedächtnis auf die Sprünge, was man tun wollte.«

    Eines steht fest, ein Unglück kommt selten allein. Und wenn es dann kommt, ist es bestimmt am Weißeltag. Unordnung zieht weitere Unordnung an wie der Hund Flöhe, und kaum hat man angefangen, gelobt man auch schon, daß man sein Lebtag keine Wände mehr weißt und Chaos hinnimmt, wie es kommt, Hauptsache nicht alles auf einmal.
    Als mein Herr Gemahl sah, daß die Dienerschaft die alten Binsen aus der Diele schaffte, sagte er: »Weißeltag? Doch nicht schon wieder?«
    »Du hast gestern doch selbst die Wandbehänge und die alten Streitäxte und Hirschgeweihe abnehmen lassen.«
    »Aber ich habe nicht geahnt, daß es heute sein würde. Da fällt mir ein, ich muß zum Illuminator, ich muß sehen, wie er mit dem Buch für den Herzog vorankommt.« Er steckte die Daumen in den Gürtel und verzog sich durch die Haustür.
    Alsdann stellte sich Adam le Stukkateur mit zwei stämmigen Gesellen und einem Handkarren voller Tünche am hinteren Tor ein – zur gleichen Zeit wie die Fuhrknechte mit den frischen Binsen, und die gesamte Nachbarschaft bekam ihren Streit mit, wer als erster durchs Tor durfte.
    »Alles weg. Diele iss nackicht«, verkündete Peregrine, der am Schürzenzipfel von Mutter Sarah dazukam, hinter ihm mein alter Hund Lion, der die meiste Zeit unter dem Bett schläft. Der Hund beschnüffelte den nackten Fliesenboden und suchte nach einem Knochen, den er in den Binsen versteckt hatte, dann blickte er mich vorwurfsvoll an. »Mama, Männer streiten. Peregrine will zusehen.«
    »Nein, kommt nicht in Frage«, sagte ich und eilte am Küchenschirm vorbei zur Hintertür. Auf dem Hof standen ein halbes Dutzend Esel, die so schwer mit Binsen beladen waren, daß man kaum noch ihre Hufe sehen konnte, ein abgestellter Handkarren und ein halbes Dutzend Handwerker, die sich anbrüllten und sich Schläge anboten.
    »Du Trottel, du bist einen Tag zu früh gekommen. Wie willst du wohl frische Binsen auslegen, wenn die Wände noch nicht geweißt sind?«
    »Und du bist in der ganzen Stadt als Faultier bekannt, Master Adam. Weil du zu spät dran bist, kann ich jetzt meinen nächsten Kunden nicht

Weitere Kostenlose Bücher