Die Zauberschatten - Goryydon #2 (German Edition)
sie den Hof mit den Pferden an den Zügeln überquerten. Beides klang verlockend. Die Bekanntschaft der anderen Burgbewohner zu machen, erwies sich sicher als angenehm. Doch als Juliane Arans Profil musterte und ihr Herz wild pochte, entschied sie sich für Letzteres.
Aran trug einem vorbeilaufenden Diener auf, das Abendessen in seinen Räumen zu servieren.
Sie brachten ihre Pferde zum Stall. Ein Bursche nahm ihnen die Tiere ab und führte sie an eine Tränke.
Aran wusch sich Hände und Gesicht, während Juliane auf den Stuhl sank.
»Meine Güte«, stöhnte sie. »Ich fürchte, ich kriege einen Muskelkater.«
Sie schlüpfte aus ihren Stiefeln und seufzte befriedigt, als ihre Zehen Freiheit spürten. Als Nächstes zog sie ihre Weste aus und hielt inne, als ihr Arans glühender Blick bewusst wurde. Sie schluckte und versuchte, die aufkeimende, nervöse Erregung fortzuräuspern.
Ein Klopfen an der Tür rettete sie. Eine Dienerin mit langem grauem Zopf trug ein Tablett mit Speisen und Wein herein.
»Danke Dajii, stell es ab«, wies Aran sie an.
Die Frau nickte. »Benötigt Ihr noch meine Dienste, Herr?«
Aran verneinte, hielt sie jedoch zurück. »Juliane, darf ich dir Dajii vorstellen? Sie ist die erste Kammerdienerin für die Privatgemächer in diesem Trakt und für unser persönliches Wohl zuständig.« Er blickte zu Dajii, die sich vor Juliane verbeugte. »Dajii, dies ist Juliane, die Drachentochter. Sie erhält dieselben Befugnisse, die auch ich besitze.«
»Sehr wohl, Herr.« Dajii verneigte sich ein weiteres Mal. »Kann ich Euch zu Diensten sein?«
»Nein, du kannst gehen.«
Sie warteten, bis sich die Tür hinter der ersten Kammerfrau schloss. Juliane und Aran starrten sich an. Die silberne Schnur schwang zwischen ihnen. Ihr Körper schien wie elektrisiert und sie fühlte eine ähnliche Spannung in Aran.
Sie hüstelte.
Er fixierte sie aus Augen, in denen schwarze Kristallsplitter brannten.
»Hast du auch so großen Hunger wie ich?«, krächzte sie nervös.
Hitze durchströmte sie und die Scheu, die sie erfasste, überspielte sie, indem sie nach einem Teller griff, auf dem knusprig gebratenes Hühnchen, gekochtes Gemüse und eine Scheibe körnigen Brotes dick mit goldgelber Butter bestrichen, lagen.
Ein Schmunzeln lag in Arans Blick. Er ließ sich auf dem zweiten Stuhl nieder.
Juliane stellte den Teller vor ihn. Er nahm die Kelche und den Weinkrug vom Tablett und füllte die Pokale mit goryydonischem Gewürzwein.
Sie ergriff einen Becher, schnupperte und trank. Der vertraut markante Geschmack des Getränks breitete sich auf ihrem Gaumen aus. Sie lehnte sich zufrieden zurück.
»Was hast du in den vergangenen Sommern erlebt?«, wollte Aran wissen.
Sie setzte den Kelch ab und biss genüsslich in den Hähnchenschenkel. »Ich habe die Schule weiterbesucht und ein Studium begonnen.«
Eines, das sie nie fortsetzen würde, weil sie in Goryydon bleiben durfte, wie sie hoffte.
»Das hoffe ich auch«, sagte Aran leise.
»Ich kann vor dir wohl nichts mehr geheim halten?«
Sie griff nach ihrem Kelch und drehte ihn zwischen ihren Händen, ehe sie daran nippte. Sie musterte Aran unsicher über den Rand des Gefäßes hinweg. Juliane glaubte nicht, dass sie diese Aussicht auf Dauer gut fände.
»Wenn du mich ausschließen willst, kannst du das, wie mit allen anderen auch«, beruhigte er sie. Wieder lag ein Lächeln in seinen Augen. »Du kannst meine Gedanken im Moment doch auch nicht lesen.«
Sie blinzelte überrascht und dehnte ihren Geist aus. Arans Innerstes blieb ihr verschlossen, einzig das Gefühl der Vollkommenheit, das Glück spendende Summen der Silberschnur hing über ihnen und verband sie.
»Oh!« Sie trank erneut. Ihr Magen flatterte nervös. »Was geschah, nachdem ich fortgegangen war?«, wollte sie wissen, um sich abzulenken, aber auch aus Interesse.
Aran ließ den Schlegel sinken. »Dengar, ich vermute, du erinnerst dich?«
Juliane öffnete ihren Geist und sandte ihm das Bild eines redseligen, dunkelhaarigen Mannes, mit gestenreicher Körpersprache.
Aran nickte. »Dengar ist Stadtfürst über Jorum.«
Nach und nach erfuhr sie, dass all ihre Freunde und Weggefährten ihr Glück gemacht hatten.
»Was ist mit Kaliras Mutter Elyna und Ranons Vater Rael? Ist Elyna gestorben?« Der Gedanke behagte ihr nicht. Sie hatte die sanfte Mutter Kaliras sehr gern gemocht.
»Rael, Ranons Vater, wurde wieder Herzog über seine ererbten Güter. Dann hat er Elyna geheiratet.«
Juliane fiel vor
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