Die Zauberschatten - Goryydon #2 (German Edition)
Gedankengänge. Vorsichtig schlüpfte sie durch die Tür. Niemand war zu sehen.
Ranon übernahm die Kontrolle und Michaelas Bewusstsein trat einen Schritt zurück. Sie befand sich noch in ihrem Körper, doch sie war nicht mehr als eine unbeteiligte Zuschauerin.
*
Er betrat in Michaelas Körper das Schlafgemach. Dort saß Kaliras Leibzofe in einem Sessel am Fenster und schnarchte laut. Er rümpfte die Nase. Er hatte das Weib noch nie leiden können. Doch Kalira hatte seine Bedenken stets lachend beiseite gewischt. Sein Herz stach. Eine Stimme in seinem Innern erinnerte Ranon, dass er nur begrenzt Zeit zugestanden bekam.
Kalira ruhte wie schlafend in ihrem riesigen Bett. Ihr dunkelrotes Haar ringelte sich um ihr bleiches Gesicht und war der einzige farbige Kontrast zu den weißen Kissen. Ihr Zustand tat ihrer Schönheit keinen Abbruch. Er sehnte sich danach, sie zu berühren. Ihre Haut zu fühlen und sie ein letztes Mal zu küssen. »Kalira«, flüsterte Ranon durch Michaelas Mund. Er trat zu ihr und nahm ihre fahle Hand.
Die Zofe schnaubte und sprang schreiend auf.
»Was machst du hier? Wer bist du?«, brüllte sie hysterisch. »Wie kannst du es wagen?« Sie riss einen Kerzenleuchter an sich und schwang ihn drohend.
Immerhin hatte sich Ranon getäuscht, die Frau besaß tatsächlich Eigenschaften, die aus ihr eine gute Dienerin formten.
Ranon trat zurück.
*
Michaela war wieder Herrin ihres Körpers. Benommen schüttelte sie den Kopf. Vor sich erkannte sie eine einfach gekleidete Frau, die sie wild kreischend mit einem Kerzenleuchter bedrohte und mit vor Wut zitternder Spitznase fixierte. Sie keuchte und floh aus den Räumen.
Am Ende des Ganges hielt sie inne und sank gegen die Mauer. Sie schnappte nach Luft. Die Frau schob den Riegel vor die Tür.
»Spitze, warum bringst du mich in solche Situationen? Ich habe mir fast in die Hosen gemacht«, schimpfte Michaela.
Eine Hand legte sich auf ihre Schulter und sie schrie erschrocken auf. Ihr Herz raste. Sie fuhr herum. Einen verrückten Moment lang glaubte sie, Ranon zu sehen, dann registrierte sie Ku’guar.
»Shit«, fluchte sie. »Wollt ihr mich alle umbringen?«
Ku’guar blickte sich stirnrunzelnd um. »Ist alles in Ordnung mit dir? Mit wem hast du gerade geredet?«
»Mit mir selbst, oder siehst du sonst noch jemanden hier?«, Ihr Verstand arbeitete besorgt. Dass nur niemand auf die Idee kam, sie liefe nicht rund.
»Was hast du hier getan?« Besorgnis zeichnete sich auf seiner Miene ab.
»Ich wollte Kalira besuchen, aber ihre Zofe ist eine komplett durchgedrehte Irre! Sie ist mit einem Kerzenständer auf mich losgegangen und hat mich davongejagt.« Als sie sich daran erinnerte, brandete der Schreck erneut durch ihren Körper. Sie stapfte davon, ohne auf Ku’guar zu achten.
Er folgte ihr den Gang hinunter.
»Hast du Hunger?«, fragte Michaela schließlich, als sie merkte, dass er an ihr kleben wollte wie ein Heftpflaster. »Ich werde hinunter in den Saal gehen und essen. Es müsste jetzt Zeit dafür sein.«
Ku’guar schüttelte den Kopf. »Nein, die Sonne geht bald unter.«
»Oh«, machte Michaela. »Ich werde dir was zu essen bringen.«
Sie trennten sich.
Ku’guar schlug den Weg zu den Privatgemächern ein und Michaela ging in den großen Saal hinunter. Dort fanden sich die meisten Burgbewohner zu den Mahlzeiten ein und sie genoss die Erleichterung, Ku’guar losgeworden zu sein.
Es gibt Situationen,
in denen man ein Geheimnis halb preisgeben muss,
um den Rest zu bewahren.
Lord Chesterfield
Kapitel 14
Befürchtungen
E in leises Klopfen holte Juliane aus ihren Träumen. Automatisch griff sie nach dem Beutel mit den Kräutern, die ihr Shaara gegeben hatte, und steckte sich ein paar Blätter in den Mund, ehe sie aufstand und in ihre Kleider schlüpfte. Aran schlief weiter. Sie streckte sich und band ihre Haare zusammen, während sie durchs Fenster sah. Die helle Morgensonne warf ihre Strahlen in den Schlafraum.
Ein neuerliches Pochen riss sie aus ihrer besinnlichen Stimmung. Sie gähnte und versicherte sich, dass Aran nichts mitbekam, ehe sie die Tür vorsichtig öffnete und Ku’guar in den Gang schob.
»Kann ich mit dir sprechen?«, erkundigte er sich. Er reckte seinen Kopf, um einen Blick in den Raum zu erhaschen. »Habt ihr noch geschlafen?«
Sie glitt aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter sich. »Was gibt es?« Sie zupfte an ihrem Oberteil.
»Michaela«, sagte Ku’guar, als erkläre
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