Die Zauberschatten - Goryydon #2 (German Edition)
der Name alles.
Juliane hielt inne. »Oje, hat sie was angestellt?«
Ku’guar zuckte mit den Achseln. »Ich habe sie gestern Abend in die Gemächer der Königin gehen sehen.«
»Und was wollte sie dort?«
»Ich habe sie belauscht. Sie benimmt sich mehr als seltsam. Sie führt Selbstgespräche, so als würde sie sich mit jemandem unterhalten.«. Es war offensichtlich, dass ihn dieses Verhalten beunruhigte.
Juliane nickte. Das hatte sie ebenfalls bemerkt. Michaela hatte nie ein derartiges Gebaren gezeigt. Und ihr plötzliches Wissen über bestimmte Dinge. Sie seufzte. Was ging mit ihrer Schwester vor? Shaara könnte vielleicht mit ihr reden. Wenn sie irgendeine Besessenheit entwickelt hatte oder unter einem Zauber stand, fand er es eher heraus als Selina, die Burgheilerin. Die Angst löste Übelkeit in ihr aus. Ihre kleine Schwester war dem Schwarzmagier nicht gewachsen. Weder seiner bösartigen Magie noch seinen Fähigkeiten mit dem Schwert. Nicht wie Juliane zu jener Zeit, als sie ihm das erste Mal gegenübergetreten war. Juliane hatte Monate der Vorbereitung erhalten. Die Königstreuen und später auch Aran hatten sie gelehrt, zu kämpfen, mit Waffen und bloßen Händen. Sie hatten ihr beigebracht, auf ihre innere Stärke, ihr Herz zu vertrauen.
Sie zwang sich in die Gegenwart zurück und klopfte Ku’guar auf die Schulter. »Danke, ich kümmere mich darum.«
*
Michaela lümmelte vor der Schmiede herum und sah zu, wie ein Schwert bearbeitet wurde. Von der Stirn des Schmieds perlte der Schweiß und einzelne Tropfen verdampften zischend, sobald sie in die Glut des Ofens fielen. Der Mann hob seinen rußverschmierten Arm und wischte über sein Gesicht, wo der Schmutz schwarze Striemen zurückließ. Er zog das glühende Schwert aus dem Feuer, legte es auf den Amboss und hieb in gleichmäßigen Bewegungen den Hammer auf die Waffe.
Fasziniert überlegte Michaela, ob sie in der Lage wäre, die Licht- und Schattenspiele, die Beweglichkeit zu zeichnen. Im nächsten Moment verwarf sie den Gedanken. Sie konnte einem Tauben das Ohr abquasseln, aber zeichnen?
Vielleicht solltest du als Bardin umherziehen? , schlug Ranon vor und störte ihre beschauliche Stimmung. Sie vergaß oft, dass er existierte, vor allem, wenn er sich eine Zeit lang ruhig verhalten hatte.
»Da bist du ja.« Die männliche Stimme kam scheinbar aus dem Nichts. Nachdem Michaela die Schrecksekunde überwunden hatte, drehte sie sich zu Shaara um.
Er lächelte herzlich. Die goryydonische Art, sich zu kleiden, stand ihm hervorragend, wie sie neidvoll anerkannte. Die hohen Lederstiefel und die dunklen, eng geschnittenen Hosen ließen ihn wie die exotische Ausgabe eines hiesigen Adligen wirken.
»Hallo, Shaara, was machst du hier?«
»Ich habe dich gesucht.« Er zwinkerte ihr zu.
»Ist was passiert?«
Er legte seinen Arm kameradschaftlich um sie.
Michaela schmiegte sich an ihn und genoss das Gefühl. Eine Küchenmagd beobachtete sie und Shaara begehrlich und weckte in Michaela Triumph, weil sie es war, die in seinen Armen lag. Mit fünfzehn konnte sie durchaus einschätzen, ob eine Frau eifersüchtig war und dies auch genießen. Und das tat sie. Sie unterdrückte ein Schmunzeln.
»Kann ich mit dir sprechen?«
Sie sah zu ihm auf. Ihre Begegnung bekam eine ernste Komponente. »Klar, was willst du mit mir bereden?«
»Nicht hier, lass uns in deinem Gemach sprechen.«
»Du hast doch keine unehrenhaften Absichten?«, flachste sie.
»Würde ich dich dann nicht eher in meine Gemächer locken?«, sagte er augenzwinkernd. Shaara öffnete die Eingangstür zum Wohnturm und ließ ihr den Vortritt.
Sie schwiegen, bis sie in ihrem Schlafraum angekommen waren. Der Raum war karg möbliert. Es gab nur ein Bett, eine Truhe und ein Tischchen, auf dem ein Waschkrug und eine Schüssel standen.
»Ich kann dir leider nur das Bett als Sitzplatz anbieten. Besucher sieht der Raum nicht vor.« Michaela machte eine einladende Geste und hüpfte auf die Matratze. Im Schneidersitz wartete sie, bis Shaara sich gesetzt hatte. Zu ihrer Überraschung ließ er sich ebenso nieder.
»Deine Freunde machen sich Sorgen um dich.«
Michaelas Herz klopfte beunruhigt. Sie war zu unvorsichtig gewesen. Shaaras Blick durchbohrte sie. Samtschwarze Seen, die bis auf den Grund ihres Innersten sahen. Sie schluckte. Sie hatte das unbestimmte Gefühl, dass Shaara ganz genau erkannte, was mit ihr los war. Sie unterdrückte ein Frösteln. Wenn er sie exorzierte und Ranon vertrieb,
Weitere Kostenlose Bücher