Die Zauberschatten - Goryydon #2 (German Edition)
letzte Mal, als ich hier war, wurde ich zurückgerufen. Ich habe Angst, dass man mir erneut die Erlaubnis verweigert, hierzubleiben.« Als sie begonnen hatte, Shaara ihr Herz auszuschütten, gab es kein Halten mehr. All ihre Ängste purzelten aus ihrem Mund, froh, ausgesprochen zu werden. »Kloob wird mich töten, wenn er die Gelegenheit dazu erhält.«
Shaaras Hand streichelte ihren Handrücken. »Dazu kommt es nicht«, versicherte er ihr.
Sie warf ihm einen Blick zu, ehe sie vor sich auf den Waldboden starrte. Braun gefärbtes Laub lag auf grünem Moos, versah es mit einem Muster, das zufällig war, doch wie gewollt wirkte. »Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn einem von euch etwas zustößt. Oder dem Baby.« Das auszusprechen schien es Wirklichkeit werden zu lassen. Sie bekäme ein Kind. Von Aran. Die Verschmelzung ihrer besten Seiten, oder ihrer Schlimmsten. Aber dennoch ein Teil von ihnen.
»Weshalb glaubst du, dass dieser Kloob ein gesteigertes Interesse an uns haben könnte?«, erkundigte sich Shaara. An seinem Tonfall ließ sich nicht erkennen, ob er aus Unkenntnis oder zur Ablenkung fragte.
»Du kannst das nicht verstehen.« Juliane fröstelte. »Ich war es, die ihn ermordete und damit seine Schreckensherrschaft über Goryydon beendete. Er schwor, an mir und meinen Freunden Rache zu üben. Ranon ist bereits tot, Moira auf ewig in die Elfenwälder verbannt und meine beste Freundin befindet sich in Kloobs Gewalt.« Mit einem Mal ergriff sie Unruhe. Sie entzog Shaara ihre Hände und sprang auf. »Genug geredet, wir sollten aufbrechen. Dann erreichen wir noch heute Abend die Burg.«
Shaara folgte ihr zurück zum Waldrand.
Dort drehte sich Juliane zu ihm um. »Bitte erzähle niemandem von …« Sie blickte vielsagend auf ihren Bauch.
»Ich verspreche es«, schwor Shaara feierlich.
Die Burgtore waren einladend geöffnet, als die Freunde ankamen.
In Arans Gesicht ließ sich keine Regung erkennen, doch Juliane fühlte, dass er am Ende mit seinen Kräften war. Die Gefangenschaft und ihre Folgen zehrten mehr an ihm, als er zugeben wollte. Sie hatte versucht, mit ihm darüber zu reden, doch er wollte ihr nichts erzählen, und seine Gefühle und Gedanken verschloss er sorgsam vor ihr.
Sie drehte sich zu ihm. »Endlich zu Hause!«
Arans Augen lächelten.
Der Stallbursche eilte ihnen entgegen, um ihnen die Pferde abzunehmen. Er verteilte die Zügel in beide Hände und führte die Tiere davon. Im selben Moment näherte sich der diensthabende Wachmann, während Aran eins der Dienstmädchen heranwinkte.
»Bring unseren Gast Shaara auf ein Zimmer«, wies er sie an.
Die junge Frau nickte und wandte sich Shaara zu. Sie strahlte ihn an und Juliane verkniff sich, ihre Augen zu rollen. Stattdessen sah sie nach ihrer Schwester und bemerkte, wie sie im Haupttrakt verschwand, heimlich verfolgt von Ku’guar. Er und Juliane hatten vereinbart, Michaela im Auge zu behalten. Offenbar sorgten sie sich nicht zu unrecht. Was war nur mit ihrer jüngeren Schwester los? Sie benahm sich die letzten Wochen wirklich seltsam.
*
Ranon leitete Michaela zielsicher durch das Gewirr der Gänge zu den königlichen Privatgemächern.
»Man wird mich nicht zu Kalira vorlassen«, flüsterte sie.
Versuch es einfach. Ich … möchte sie sehen.
»Du vermisst sie sehr«, stellte sie mitfühlend fest.
Ich bin tot, ich sollte keine Gefühle haben, aber jeder Tag ohne sie ist eine Qual.
Ranons Kummer breitete sich in Michaela aus. Es betrübte sie, dass er so litt und ein Teil von ihr war fasziniert von der Tatsache, ihn so intensiv wahrzunehmen wie sich selbst. »Darüber kann ich nichts sagen, ich war noch nie tot«, erwiderte sie munter. »Ich will mir gar nicht vorstellen, wie das sein muss, jemanden zu verlieren, den man liebt«, fügte sie hinzu, als Ranon schwieg. »Es muss die Hölle sein.« Sie verstummte betreten. Für einen Moment regte sich in ihr der Wunsch, jemanden zu finden, den sie ebenso sehr lieben konnte wie Ranon seine Kalira. Und der sie ebenfalls auf diese besondere Art liebte. Auf diese verrückte Weise, selbst dem Tod zu widerstehen. Sie schüttelte den Kopf. Wahre Liebe über den Tod hinaus. Blödsinn, so was gab es nicht. Wenigstens nicht für sie. Ihre Gedanken wanderten zu Shaara. Sie mochte den Morgonen sehr gern. Tatsächlich brachte er ihr Herz zum Flattern, wenn er sie ansah. Im Gegensatz zu den anderen behandelte er sie als erwachsene Frau.
Sie erreichte Kaliras Räume und unterbrach ihre
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