Die Zauberschatten - Goryydon #2 (German Edition)
fuhr erschrocken auf. »Was?«
Aran erhob sich, achtete aber nicht auf Michaela. »Ich werde das Notwendige veranlassen. Soldaten sollen ihn in die Blauen Berge bringen.«
Michaela wirkte bedrückt. »Er wird mir fehlen.«
Shaara drückte tröstend Michaelas Hand, während Aran den Raum verließ.
Julianes Blick folgte Aran, wanderte zu Shaara und weiter zu Michaela. Ihre traurige Miene und die Tränen, gegen die ihre Schwester sichtlich ankämpfte, schnitten ihr ins Herz. »Alles endet so«, murmelte sie düster. Mit lautem Scharren schob sie den Stuhl nach hinten und ging zum Fenster. Seufzend starrte sie hinaus.
Der Burgschmied schäkerte mit ein paar Mägden. Einige Diener vertrieben sich die Zeit mit einem Würfelspiel. Eine Küchenhilfe hackte toten Hühnern mit gleichmütiger Miene die Köpfe ab, nachdem ein Küchenjunge ihnen die Federn ausgerupft hatte.
Eine friedliche Szenerie, ihr Blick streifte über die Zinnen, auf denen die Wachleute auf und ab patrouillierten. Alles schien seinen üblichen Gang zu gehen und doch fühlte sie die unterschwellige Angst der Burgbewohner. Mit einem Mal stieß ihr Bewusstsein auf etwas anderes. Das Atmen fiel ihr schwer und sie glaubte, in ein schwarzes Loch zu stürzen. Sie ließ zu, dass ihr Geist sich verselbstständigte, angezogen von einer Präsenz, die sie schon einmal gespürt hatte. Sie schloss ihre Augen und versuchte, den Gedanken, das Gefühl zu fassen.
Der alte Turm fesselte ihre Aufmerksamkeit. Niemand hatte den Bergfried nach der Großen Schlacht wieder betreten. Juliane fröstelte. Dort hatte Kloob gehaust und seine finsteren Rituale vollzogen.
Das Empfinden der Bedrohung intensivierte sich und die Ahnung der Präsenz, die sie zuvor gestreift hatte, wurde Gewissheit. Übelkeit, Schwindel und Magenstechen brachen als körperliche Symptome ihrer Angst über sie herein. Sie blinzelte, rang nach Atem und bezwang mit Mühe ihre Emotionen.
Einen Moment war ihr, als sähe sie oben in einem der Fenster eine Bewegung. »Ich weiß, wo wir Kloob und Goard finden können.«
Eiseskälte überkam sie.
Nur der Betrug entehrt, der Irrtum nie.
Georg Christoph Lichtenberg
Kapitel 16
Schattenmond
J uliane lief im Schlafgemach auf und ab.
Ku’guar war am Morgen erneut betäubt und auf einem Karren Richtung Berge transportiert worden. Aran hatte entschieden, dass das besser war. Für Ku’guar und für die Burgbewohner.
Wenigstens Ku’guar wäre in Sicherheit. Sie wünschte sich, alle fortschaffen und vor Kloob beschützen zu können.
Sie wusste, dass seine Rache fürchterlich sein würde. Was er in ihrem Traum angekündigt hatte, war harmlos im Vergleich zu dem, was er ihr und ihren Lieben antun würde, bekäme er auch nur den Hauch einer Gelegenheit. Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper, nur um gleich darauf nach der Phiole in dem kleinen Beutel an ihrem Gürtel zu tasten. Sie musste Kloob um jeden Preis vernichten. Selina war unwissentlich zu ihrer Komplizin geworden. Heute Morgen hatte sie sich von ihr unter einem Vorwand einen starken Schlaftrank geholt. Ihr Plan war gewagt. Mehr als das. Er erwies sich als gefährlich, tollkühn und endgültig. Es gäbe kein Zurück. »Es gibt keine andere Möglichkeit«, bestärkte sie sich zum wiederholten Male.
Zwei Nächte lang hatte sie wach gelegen und gegrübelt. Wenn sie, Aran und Shaara in den Turm zu Kloob vordrangen und versagten, würden sie sterben. Und anschließend die Burgbewohner. Kälte und Übelkeit kämpften um die Vorherrschaft in ihrem Körper, um sie letztendlich gemeinsam zu traktieren.
Doch letzte Nacht hatte sie eine Lösung gefunden. Ein Opfer aus Liebe konnte sie alle retten, hatte Moira bei ihrem Treffen in den Elfenwäldern prophezeit.
Und welches Opfer könnte größer sein, als ihr eigenes Leben?
In ihrem Bauch begann es zu rumoren. Beruhigend legte sie ihre Hand darauf und fühlte ein telepathisches Tasten. Ihr Kind, Arans Sohn besaß schon jetzt die Gabe, sich über Emotionen mitzuteilen. Sie streichelte über die sanfte Wölbung ihres Bauches.
Dies wäre ihre größte Sünde. Sie war bereit ein anderes, unschuldiges Wesen dem Tod auszuliefern. Jetzt konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. »Es tut mir leid«, flüsterte sie und streichelte ihren Bauch. »Wenn ich nur einen anderen Weg wüsste.«
Es gab keinen. Sie musste zu Kloob gehen und sich von ihm töten lassen. Sie wusste, dass weder Aran noch Shaara dies zulassen würden. Nicht einmal
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