Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)
auszuschütten.
»Was mache ich hier eigentlich?«, jammerte ich in der Umkleidekabine von Vera Wangs Atelier, während draußen im Geschäft Vera Wang höchstpersönlich wartete.
»Kurz vor dem großen Tag bekommt jeder kalte Füße«, entgegnete Kerry Collins. »Das vergeht.«
»So eine Heirat ist ganz schön gruselig«, beruhigte mich Olivia Wilson. »Aber nichts, was nicht schon andere vor dir geschafft hätten.«
»Was ist schon dabei?«, fragte Dana Stanbury. »Wenn ihr euch nicht vertragt, lässt du dich eben wieder scheiden.«
»Du bist sicher, dass du ihn liebst, oder?«, erkundigte sich Pen. Die gute alte Pen; auf sie war eben Verlass.
Die traurige Wahrheit lautete: Ich liebte Charles nicht, und ich wollte nicht den Rest meines Lebens an seiner Seite verbringen. Ich wollte nicht ausschließlich Ehefrau sein, aber genau das schien er von mir zu erwarten. Gut, ich würde im Luxus leben, in einem großen Haus mit Dienstboten, über die ich jederzeit verfügen konnte. Doch zu welchem Preis? In den Augen meines Vaters taugte ich zu nichts anderem, doch ich hatte mir mein Leben anders vorgestellt. Nichtsdestoweniger vereinbarte ich Termine für Kleideranproben, besuchte eine Benefizgala nach der anderen, übernahm den Vorsitz diverser Wohltätigkeitsvereine, organisierte Spendenaufrufe für besagte Vereine. Ich hatte Besprechungen mit Dekorateuren, die unser Haus in Villanova auf einer Telefonkarte abbilden wollten. Wir sollten uns für die Zeitschriften Town and Country und Architectural Digest im trauten Heim fotografieren lassen. Ich musste bloß noch stillsitzen und mir anhören, welche Pläne der Rest der Welt mit mir hatte. Einmal stoppte ich sogar mit: Geschlagene vier Stunden saß ich da, während drei Dekorateure, ein Friseur und vier Mitglieder der Junior League bei mir vorsprachen und mir darlegten, was sie alles für mich zu tun gedachten. Es war ein berauschendes Gefühl, all diese Aufmerksamkeit, die Illusion der Macht, aber es wurde mir im Nu zu viel. Ich wusste, wenn ich der Sache nicht bald ein Ende bereitete, würde ich den Rest meines Lebens auf diesem Stuhl verbringen.
Pen erriet es gleich, als sie meine Miene sah. »Du musst es ihm sagen«, stellte sie fest. »Du musst stark sein, sonst ruinierst du dir dein ganzes Leben.«
Also gab ich mir ein paar Tage später, als Charles nach Hause kam, um sich für unsere abendlichen Aktivitäten umzuziehen, einen Ruck.
»Es tut mir leid«, gestand ich ihm. »Aber ich kann mich nicht so verbiegen. Ich habe mir mein Leben einfach anders vorgestellt.«
»Sei nicht albern, Alexandra«, entgegnete er, als würde er meine Worte gar nicht ernst nehmen. »Ich bin das Beste, was dir je passieren konnte.«
»Ich kann nicht.« Ich nahm den Ring ab und legte ihn vor ihm auf den Tisch.
Er starrte auf den Ring, völlig entgeistert, als säße dort eine Taube oder etwas ähnlich Abwegiges. »Denk doch mal daran, was für einen Riesenfehler du da machst«, sagte er schließlich. »Denk daran, wie viele Menschen du verletzt.«
Und da wusste ich, dass es nicht sein sollte.
»Liebst du mich?«, fragte ich ihn.
»Ja, ich liebe dich«, kam es wie aus der Pistole geschossen zurück.
»Liebst du wirklich mich, oder liebst du nur die Rahmenbedingungen dieses Deals?«
Er schwieg.
»Siehst du. Deshalb muss ich die Sache jetzt beenden, ehe tatsächlich jemand verletzt wird«, erklärte ich ihm.
»Du machst einen riesigen Fehler«, wiederholte er. »Glaubst du wirklich, jeder heiratet aus Liebe?«
»Vielleicht nicht jeder, aber ich schon.«
Ich setzte mich in mein Auto und fuhr einfach drauflos, ohne zu wissen, wohin oder an wen ich mich wenden sollte. Penelope kam nicht in Frage, sie war just diesen Morgen mit ihrem Mann Melvin nach Martinique geflogen. Ich zog in Erwägung, mir von der Auskunft die Nummer eines Psychiaters geben zu lassen, aber das kam mir dann doch etwas übertrieben vor. Ein Hotelzimmer konnte ich mir nicht nehmen, weil ich bekannt war wie ein bunter Hund und um jeden Preis verhindern wollte, dass die Gerüchteküche brodelte, ehe ich meine Eltern informiert hatte. Blieb nur noch eine Möglichkeit.
Als ich vor dem Haus meiner Eltern hielt, erwartete mich mein Vater bereits.
»Du wirst keinen Fuß in dieses Haus setzen, Alex. Du bist hier nicht willkommen. Ich habe die Nase gestrichen voll von dir.«
»Dad, lass es mich wenigstens erklären!«, rief ich von der Einfahrt aus.
»Nein. Es reicht. Mir hängen deine Erklärungen zum Hals
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