Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)
allerdings ist alles wertlos: das schönste Haus, die tollsten Kleider und all die Aufmerksamkeit, die damit einhergeht. Ohne Liebe hat man sein Leben vergeudet.
Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen
»Du hattest es schon zu Lebzeiten faustdick hinter den Ohren, Alice«, stellt Grandmom lachend fest, während sie ihre Kartoffeln salzt. »Als ihr noch klein wart, habe ich oft zu Maxine gesagt: ›Wart’s nur ab, eines Tages wird dich dieses Mädchen noch in Schwierigkeiten bringen‹.«
»Glauben Sie bloß nicht, Maxine hätte immer eine blütenweiße Weste gehabt, Mrs. Firestein. Sie hat sich nur immer sehr geschickt aus der Affäre gezogen.«
»Auf meine Maxine lasse ich nichts kommen«, kontert Grandmom. »Sie war ein artiges Mädchen.«
»Sie wusste sich zu helfen.« Alice lacht. »Sie musste nur ihr bewährtes Lächeln aufsetzen, und schon tanzte alles nach ihrer Pfeife.«
»Da ist was Wahres dran«, pflichte ich ihr bei. »Sie setzt sich spielend durch, ohne auch nur ein Wort zu sagen.«
»Wie macht sie das bloß?«, will Alice wissen.
»Keine Ahnung, sie hat es mir nie beigebracht«, gebe ich grinsend zurück.
»Jedenfalls war sie ein liebes Kind«, sagt Grandmom. »Man kann ihr doch keinen Strick daraus drehen, dass sie ein so nettes, hübsches Mädchen war.«
»Natürlich nicht«, stimmt Alice ihr zu. »Aber ein Unschuldsengel war sie auch nicht.«
»Oh, doch«, widerspreche ich.
»Okay, vielleicht hast du Recht«, räumt Alice ein, und wir lachen einmütig.
»Ich erinnere mich nur an einen einzigen Fall, in dem Maxine richtig gemein zu mir war, ein paar Wochen vor meiner Sweet-Sixteen-Party …«, fährt Alice fort.
»Oh, nein, nicht die Petticoat-Story!«, rufe ich.
»Oh, doch, die Petticoat-Story.« Alice lacht. »Das kannst Du Dir doch denken!«
»Du hattest ihr doch erlaubt, sich deine Petticoats zu borgen«, wirft Grandmom ein.
»Schon, aber nicht alle auf einmal! Alex, du musst dir meine Seite der Geschichte anhören.«
»Gut, meinetwegen, aber danach wird sie endgültig ad acta gelegt«, sage ich.
»Also«, beginnt Alice und holt tief Luft. »Deine Mutter kam zu mir, um sich für ein Date mit Sy Silverman ein paar Petticoats zu borgen. Ich weiß nicht, warum sie nicht ihre eigenen trug.«
»Die hatte ich mir geborgt«, erläutert Grandmom.
»Stimmt, die hatten Sie sich geborgt«, pflichtet Alice ihr bei. »Ich war vor dem Haus, um meinem Bruder Butch zu assistieren, der gerade das Auto meines Vaters reparierte. Maxine kam also rüber und wollte wissen, ob ich ein paar Petticoats entbehren könne. Klar, nur zu, sagte ich zu ihr. Ich weiß nicht mehr, was dann passierte; entweder hat das Telefon geklingelt oder ich war sonst wie beschäftigt, denn ich sah sie nicht mit meinen Petticoats nach Hause gehen. Erst als ich mich abends für meine eigene Verabredung anzog, stellte ich fest, dass kein einziger Petticoat mehr da war. Deine Mom hatte sie alle mitgenommen!«
»Sie hat stets behauptet, sie hätte dir wenigstens einen dagelassen«, werfe ich ein. Das hat Mom tatsächlich immer steif und fest behauptet.
»Das stimmt aber nicht«, ruft Alice, noch immer ein wenig aufgebracht. »Ich ging rüber und klopfte an die Tür, und Sie haben mir aufgemacht, Mrs. Firestein.«
»Du warst ein Bild des Jammers.« Meine Großmutter lacht, und selbst mein Großvater schmunzelt hinter seiner Zeitung.
»Ich hätte meine Verabredung am liebsten abgesagt, aber dafür war es zu spät. Also musste ich wohl oder übel auf die Party, und die hinreißende Maxine Firestein sah aus wie eine Nelke in voller Blüte, und ich kam mir neben ihr vor wie eine verwelkte Rose.«
»Die beiden haben mit ihrer Streiterei die ganze Nachbarschaft aus dem Schlaf gerissen, als sie nach Hause kamen«, berichtet Grandmom.
»Ich höre noch förmlich das Echo«, pflichtet Grandpop ihr grinsend bei.
»Maxine hatte einen richtigen Petticoat-Tick. Sie musste unbedingt immer das Mädchen mit dem bauschigsten Rock sein«, sagt Alice.
»Weil sie dachte, das würde ihre Taille schmaler wirken lassen«, erklärt Grandmom.
»An dem Abend hätte man ihre Taille nicht einmal von der Seite ausmachen können«, bemerkt Alice.
Grandmom nickt zustimmend. »Alles mit Maß und Ziel habe ich ihr immer eingeschärft, aber es dauerte eine Weile, bis sie es raushatte.«
»Wer hätte gedacht, dass sich meine Mutter je wegen ihrer Figur den Kopf zerbrochen hat«, sage ich erstaunt. »Ich hatte immer den Eindruck, dass sie
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