Die zehn Fragen: Roman
er sich gleich einem enormen Monstrum gegenüber, das ihn mit Leichtigkeit töten konnte. Panik überkam Ihn. So hatte er sich das nicht vorgestellt.
Der Bulle scharrte schnaubend in seinem Gatter und wartete
nur darauf, in die große Arena zu stürmen.
„Fertig?" fragte Señor Barbiere.
„Ja ... Nein!"
Aber da wurde ihm schon das rote Tuch in die Hand gedrückt. „Keine Sorge. Beim erstenmal hat jeder Angst!" Señor Barbiere nickte jemandem zu, und der öffnete das Gatter. Der Bulle kam hereingestürmt.
„Einfach mit dem Tuch wedeln und dann beiseite treten!"
„Kann ich nicht", sagte der Neffe. -'
Da kam der Stier bereits auf ihn zugerast.
„Hilfe!"
Señor Barbiere war an seiner Seite. Er griff sich das rote Tuch und zog es zur Seite. Der Bulle trampelte vorüber.
„Sehen Sie, wie leicht es ist? Jetzt versuchen Sie es alleine." „Nein!" rief der Neffe.
Aber da kam der Stier bereits wieder angerannt. Der Neffe gab Fersengeld und flüchtete aus der Arena, so schnell er nur konnte.
Señor Barbiere kam ihm nach. „So geht es nicht!" schimpfte er. „Sie sind eine Schande für meine ganze Schule! Wer hat Ihnen nur eingeredet, Sie könnten. Stierkämpfer werden?"
„Niemand", sagte der Neffe. „Eigentlich bin ich nur
gekommen, um mich nach dem Vermögen meines Onkels zu
erkundigen."
„Onkel? Was für ein Onkel?"
„Samuel Stone. Sie verwahren einen Schatz von ihm." „Ich? In meinem ganzen Leben habe ich noch nichts von einem Samuel Stone gehört."
Der Neffe war verblüfft. „Er hat Ihnen nie etwas von seinem Schatz erzählt?"
„Ich sagte doch gerade, ich kenne den Mann überhaupt nicht!" Der Neffe war geknickt. Er war beim falschen Señor Barbiere!
David kam als letzter in Sevilla an. Auch er schaute als erstes ins Telefonbuch und beschloß, mit dem letzten darin aufgeführten Señor Barbiere, dem vierten, zu beginnen. Als er dort ankam, stellte er fest, daß es sich um einen Begleiter-Dienst handelte. Er ging hinein und befand sich vor einem sehr kleinen, fetten Mann.
„Ich möchte zu Señor Barbiere", sagte David.
Der Mann lächelte. „Der bin ich. Zu Ihren Diensten." „Gut", sagte David. „Sie könnten mir eine große Hilfe sein." „Dazu bin ich da", sagte Señor Barbiere. „Und Sie werden zufrieden sein. Was für ein Mädchen hätten Sie gerne als Begleiterin? Groß, klein, blond, dunkelhaarig?" „Wovon reden Sie denn?" sagte David.
„Sie können mir schon glauben. Ich weiß, wovon ich rede. Mein Begleiter-Service ist der beste ganz Spaniens. Unsere Mädchen stellen Sie zufrieden." „Ich brauche kein Mädchen", sagte David.
Señor Barbiere nickte. „Ach so, verstehe. In diesem Falle haben wir auch junge Männer, die Sie sehr zufriedenstelIen werden."
„Moment", sagte David. „Sie verstehen mich völlig falsch. Ich suche weder Mädchen noch junge Männer, sondern hätte nur gerne eine Auskunft."
Señor Barbiere musterte ihn mißtrauisch. „Auskunft? Was für eine Art Auskunft?"
„Über Samuel Stone. Sie besitzen den Schlüssel zu einem Teil
seines Vermögens."
„Wie, sagten Sie, war der Name?"
„Samuel Stone."
Señor Barbiere hob ratlos die Schultern hoch. „Nie von ihm
gehört."
„Sind Sie sicher?"
„Selbstverständlich."
Auch David war also auf der falschen Spur.
Sie trafen einander wieder auf dem Flughafen für den Rückflug nach Hause. Sie waren niedergeschlagen und gaben David die Schuld an allem.
„Du und deine Schlußfolgerungen!" fauchte die Witwe. „Alle sind wir den ganzen Weg nach Spanien umsonst gekommen! Mir fallen fast die Füße ab, so weh tun sie mir von dieser blöden Arbeit als Bedienung."
Der Anwalt sagte: „Und ich kann mich kaum noch rühren vor Muskelkater überall."
„Mich", sagte der Neffe, „hätte fast ein Stier umgebracht." „Es tut mir leid", sagte David. „Wir müssen uns wohl dieses Videoband noch einmal genau anhören."
Sie waren alle wieder in der Bibliothek versammelt und sagten zum Butler: „Wenn Sie uns das letzte Videoband noch einmal vorspielen würden."
„Ich weiß nicht", wandte der Butler ein, „ob ich das tun kann. Mr. Stones Anweisungen an mich vor seinem Tod waren ausdrücklich, daß ich Ihnen nur jeden Montag jeweils ein Band vorspielen dürfe. Von einer wiederholten Abspielung sagte er nichts."
„Schon gut", sagte die Witwe. „Ich übernehme die volle Verantwortung."
„Na gut. Dann will ich die Videokassette mal holen." Sie warteten; daß er wiederkam.
Inzwischen fragte der Neffe: „Wozu eigentlich
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