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Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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zögerte. „Vielleicht“, gab er schließlich zu. „Vielleicht auch nicht. Aber selbst wenn es so ist – wir treten trotzdem auf der Stelle. Ich glaube, dass Nargal wirklich nicht wusste, wo Liliths Toter Palast steht. Je länger wir hier sind, desto weniger kann ich glauben, dass wir sie finden werden.“
    Michael verstummte frustriert und eine Weile brachte keiner der beiden ein weiteres Wort heraus. Als sie sich aufgemacht hatten um Eleanor zu retten, war ihnen tatsächlich nicht in den Sinn gekommen, wie riesig die Hölle sein könnte. Sie hatten keinerlei Vorstellung von dem Ort gehabt, an den sie gehen würden. Tatsächlich hatte sich die Hölle als ein Ort erwiesen, der mindestens ebenso groß wie die Welt der Lebenden war. Auf seine Weise vielleicht sogar größer. Hier einen einzelnen Menschen oder gar einen Engel zu finden, grenzte an Wahnsinn und erst jetzt erkannten sie, dass sie denselben Fehler begangen hatten wie Eleanor. Sie würden weder Eleanor noch Raphael hier finden, wenn sie nicht mächtige Hilfe bekamen. Ohne einen Engel an ihrer Seite war ihr Vorhaben hoffnungslos.
    „Was tun wir jetzt?“, fragte Elizabeth schließlich betreten. „Bislang bestand unser Plan lediglich darin, Liliths Toten Palast zu suchen und wir sind davon ausgegangen, dass er in einem der innersten Kreise der Hölle steht. Streng genommen wissen wir bis jetzt aber nicht einmal, in welchem Kreis wir uns gerade befinden. Es ist eben jener Kreis, in dem auch Jonathan Towers lebt. Aber welcher der zehn mag das sein? Außerdem würde uns auch das Wissen darum nicht viel weiterhelfen, denn offenbar ist zumindest dieser Kreis so gigantisch, dass wir schon hundertmal an Liliths Aufenthaltsort vorbeigelaufen sein könnten, ohne es zu bemerken. Denk nur daran, wie unscheinbar das Haus am Berkeley Square war und dennoch beherbergte es so ein Monster wie Nargal.“
    „Du hast recht!“, gab Michael zu. „Ohne Hilfe wird das nichts. Und die Hölle ist sicher der letzte Ort, an dem wir Hilfe erwarten können.“
    Ohne nachzudenken nahmen sich die beiden an den Händen und sahen einander traurig an.
    „Wollen wir gehen?“, fragte Michael schließlich leise und Elizabeth nickte traurig. Noch einmal atmete sie tief durch, dann sah sie zu Michael auf.
    In diesem Moment legte sich eine Hand von hinten auf ihre Schulter und riss sie unsanft herum…

Der vierte Kreis – Die blutige Welt
     
     
    Der Himmel über Eleanor und William brodelte. Gigantische Ströme von Blut wirbelten und tosten über ihren Köpfen, tauchten die umliegende Landschaft in rotes Zwielicht und rasten so tief über die beiden hinweg, dass sie sich unwillkürlich duckten. Diese Welt wirkte, als seien die zwei geschrumpft und in den Körper irgendeiner Kreatur versetzt worden, wo sie nun gleich winzigen Bakterien im Takt eines unsichtbaren Herzens durch den Kreislauf gepumpt wurden.
    Eleanor sah sich verängstigt um. Eine halbe Ewigkeit waren sie im hügeligen Grenzland entlang des schwarzen Flusses marschiert, bis sie sich endlich sicher zu sein glaubten, nicht länger von den Spähern Asraels entdeckt werden zu können. Dann waren sie auf die andere Seite des Flusses hinübergewechselt, doch Eleanor hatte diesen Schritt sofort bereut. Das Spektakel an diesem niedrigen Himmel war so furchteinflößend, dass sie den Anblick kaum ertrug. Selbst William war von einem Augenblick auf den anderen ungewohnt still geworden.
    „William, ich weiß nicht, ob ich das ertrage…“, hauchte Eleanor, während sie vollkommen erstarrt nach oben sah.
    „Ihr müsst, Milady“, gab er ebenso paralysiert zurück. „Es ist unsere einzige Chance, unser Ziel zu erreichen.“
    Wie von selbst fanden die Hände der beiden zueinander und Wills fester Händedruck riss Eleanor unsanft aus ihrer Starre.
    „Wir müssten jetzt im vierten Kreis sein, richtig?“, fragte sie noch immer verängstigt. „Was weißt du über diese Welt?“
    Einen Augenblick lang antwortete William nicht. Ebenso wie sie blickte auch er noch immer furchtsam und wie gelähmt zum Himmel.
    „Grausamkeit!“, stieß er schließlich gepresst hervor und für einen winzigen Augenblick ließ der Druck seiner Hand ein wenig nach. „Wir sollten diesen Kreis der Hölle so schnell wie möglich hinter uns lassen.“
    Beinah hektisch setzte er sich in Bewegung und zog Eleanor unsanft mit sich.
    „Au! Warum hast du es so eilig? Was ist an diesem Ort schlimmer, als an all den anderen, durch die wir gekommen

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