Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
Vom Netzwerk:
verlassen?“
    „Ich werde noch tiefer in die Hölle gehen, denn ich glaube, dass ich nur dort die Person finden werde, um die es mir geht. Aber wenn ich ihn erst gefunden habe, wird dieser Ort keine Hölle mehr sein – zumindest nicht für mich.“
    Wieder war es eine Weile still. Es war der alte Mann, der zuerst gesprochen hatte, der nun auf Eleanor zutrat und für alle anderen sprach.
    „Bis eben hatte ich keine große Wahl“, sagte er. „Ins Feuer will keiner von uns zurück und ich fürchte, dass die Hölle auch andernorts keinen freundlicheren Ort für uns bereithält. Aber nach dem was du gesagt hast, haben wir jetzt ein Ziel. Ein Ziel, zu dem wir dich bringen wollen. Vielleicht sind wir ja in der Gemeinschaft stark genug, um etwas zu vollbringen was die Hölle noch nie gesehen hat.“
    Und plötzlich zwinkerte er Eleanor zu. Eine kurze Geste nur, doch mit ihr schienen das Leid und der Schmerz endgültig von ihm gegangen zu sein.
    Eleanor blickte an ihm vorbei und sah auch die anderen Neuankömmlinge mit kampflustigen Blicken zu sich schauen.
    „Du beginnst eine Armee um dich zu scharen“, flüsterte Robert ihr ins Ohr. „Mal sehen, wie weit sie dich zu bringen vermag!“
    Eleanor zuckte zusammen. „Eine Armee wird uns hier nichts nützen“, erwiderte sie. „Aber vielleicht eine Gemeinschaft, die stark genug ist, um gegen das Böse an diesem Ort zu bestehen.“
    Noch einmal sah sie sich unter den Menschen vor sich um. Dann nickte sie und wandte sich ab, um den Aufstieg aus dem Krater zu beginnen. Hinter ihr setzte ein lautes Gepolter ein, mehrmals von Flüchen unterbrochen, als die Gruppe sich die steile Felswand hocharbeitete. Eleanor musste grinsen. Sie hoffte nur, dass die Zeiten endgültig vorbei waren, da Flüche eine Sünde darstellten, für die man in die Hölle kommen konnte. Nun, zumindest hätten sie dafür keine weite Reise zurückzulegen.
    Als sie schließlich an der oberen Kante des Felsens ankam, sah sie sich erleichtert um. Auch hier waberten die allesverbergenden Nebelbänke über eine unsichtbare Landschaft. Doch direkt vor sich sah sie einen schmalen Pfad, der sich vom Flammensee entfernte und nur wenige Meter weiter im Nebel verschwand.
    Sie wartete, bis auch der letzte den Krater des Lavasees verlassen hatte. Dann trat sie auf den Weg und ging die ersten Schritte ins Ungewisse. Direkt an ihrer Seite wusste sie William und mit einem Mal war sie froh, nicht vollkommen allein mit der Führung dieser Menschen zu sein. Eleanor war nie eine Anführerin gewesen. In der Welt der Lebenden war stets sie es gewesen, die auf das gehört hatte was andere ihr sagten. Sie war ein Außenseiter gewesen, jemand, den niemand wirklich ernst nahm. Doch hier in der Hölle war alles anders. Hier folgten ihr die Menschen aus Gründen, die sie nicht einmal selbst wirklich verstand. War das überhaupt richtig? War dies nicht der erste Schritt auf dem Weg zu Hochmut und Eitelkeit? Sie würde aufpassen müssen, nicht zu guter Letzt zu recht hier in der Hölle festzusitzen.
    „Das rote Leuchten im Nebel hat nachgelassen“, vernahm sie Williams Stimme nach einer Weile neben sich. „Offenbar entfernen wir uns tatsächlich vom Feuersee.“
    „Es scheint so“, erwiderte Eleanor gerade, als von rechts ein markerschütternder Schrei zu ihnen hinüber klang. Die ganze Gruppe fuhr herum, doch in dem tiefen und undurchdringlichen Nebel war nichts zu erkennen, was den Schrei von sich gegeben haben könnte.
    „Wer war das?“, flüsterte Allys an Eleanors Seite.
    „Ich weiß es nicht“, raunte sie zurück, doch noch immer versuchten ihre Augen die wabernden Nebelschwaden zu durchdringen.
    Langsam setzten sie sich wieder in Bewegung, doch sie waren erst wenige Meter weit gegangen, als ein erneuter Schrei sie diesmal nach links blicken ließ. Die Ängstlichen unter ihnen begannen die Köpfe einzuziehen, sich furchtsam umzusehen und zu wimmern. Nun waren auch vereinzelt Wörter und ganze Satzfetzen zu hören, die durch den Nebel zu ihnen hinüber drangen. Doch kaum etwas davon war verständlich und zudem klangen die Stimmen wie aus weiter Ferne, unmöglich zu bestimmen, wo ihr Ursprung liegen mochte.
    „Was geht hier vor?“, raunte Eleanor William zu.
    „Es sind umherirrende Seelen“, gab dieser ebenso leise zurück. „Sie finden in diesem Nebel den Weg nicht und sind auf ewig verdammt, einsam und ziellos umherzuirren.“
    „Sollten wir nicht laut rufen?“, wandte Robert ein. „Dann können sie sich an

Weitere Kostenlose Bücher